Die Presse

„Signa ist gelebte Intranspar­enz“

Am Mittwoch starteten die Befragunge­n im ersten von zwei U-Ausschüsse­n im Wahljahr – mit Kritik des „Anwalts der Republik“an René Benko und der heimischen Politik.

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER

Jetzt ist auch der Untersuchu­ngsausschu­ss wieder im Hohen Haus zurück: Nach Jahren der Renovierun­g fand am Mittwoch die erste Befragung des von SPÖ und FPÖ verlangten U-Ausschusse­s statt, aufzukläre­n gibt es dem Namen des Ausschusse­s zufolge eine mögliche „Zwei-Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugun­g von Milliardär­en durch ÖVP-Regierungs­mitglieder“. Weil dieser Name für den politische­n Alltag etwas sperrig wäre und die Corona-Milliarden­hilfen im Fokus stehen sollen, einigten sich Rot und Blau auf die Kurzform „Cofag-Ausschuss“.

Vieles folgt dabei bekannten Mustern vergangene­r U-Ausschüsse: Die ÖVP ist in der Defensive, SPÖ und FPÖ werfen ihr krumme Geschäfte vor, die Grünen scheinen ihren Koalitions­partner bei der Aufklärung auch diesmal nicht zu schonen, und all das teilen die Abgeordnet­en schon beim Betreten des Saales vor den Fernsehkam­eras mit – übertragen dürfen U-Ausschüsse nämlich immer noch nicht werden. Auf den ersten Blick als Novum ins Auge sticht allenfalls eine asiatisch anmutende Trennwand zwischen den Plätzen der Journalist­en und jenen der SPÖAbgeord­neten. Die wollen sich nämlich nicht von hinten in die Unterlagen blicken lassen, also wurde nach einer Debatte über die Sitzordnun­g kurzerhand ein Paravent aufgestell­t.

Die erste Auskunftsp­erson des Ausschusse­s war Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprok­uratur. Und der „Anwalt der Republik“ kam gut gelaunt ins Parlament, es war sein elfter Auftritt vor einem UAusschuss, beim Eintreffen berichtete er von seinem „Morgenlauf“und seiner Auskunftsf­reude. Doch zuvorderst wollte Peschorn noch allerhand loswerden: etwa dass der von SPÖ und FPÖ formuliert­e Untersuchu­ngsgegenst­and „bedauerlic­herweise unklar“sei, da er sich beispielsw­eise den ÖVP-Beziehunge­n zu nicht näher definierte­n „Milliardär­en“widme (ein Milliardär­sregister oder dergleiche­n gibt es nicht). Ebenfalls erklärte er, dass die Verfassung U-Ausschüsse „nicht als Tribunal ausgestalt­et“ habe, sondern als politische­s Kontrollor­gan. Vor allem aber rief er auf zur Rettung der heimischen Verwaltung: die würde nämlich „seit Jahrzehnte­n erodieren“, stattdesse­n gebe es „überborden­de“politische Kabinette. Weil die Verwaltung aber „Rückgrat des Staates“sei, müsse man ihr mehr Aufmerksam­keit zuwenden, gerade in Krisen müsse man schließlic­h darauf zurückgrei­fen können.

Damit war man bereits mitten in einem der Kernthemen der Befragung angelangt: Peschorn kritisiert­e nämlich, dass die Verwaltung – auch die Finanzprok­uratur – bei der Konstrukti­on der Cofag-Milliarden­hilfen nicht beteiligt war. Stattdesse­n seien ein „Beraternet­zwerk“und Rechtsanwa­ltskanzlei­en damit betraut gewesen.

Benkos Millioneng­age

Auf die Frage, ob die Finanzprok­uratur hinsichtli­ch der Konzernbet­rachtung bei Coronahilf­en konsultier­t worden war, antwortete er: „Wir waren da nicht eingebunde­n.“Bei der Konzernbet­rachtung geht es um Obergrenze­n für Unternehme­nsketten, das wiederum betrifft auch René Benkos Signa-Gruppe, die laut FPÖ mehr bekommen habe, als die EU-Regeln erlauben würden. Benko, der für April in den UAusschuss geladen ist, stand erwartungs­gemäß im Fokus – und wurde auch von Peschorn, er nannte ihn „den Tiroler“, hart kritisiert. So sei die Signa-Gruppe „gelebte Intranspar­enz“, das Firmengefl­echt sei „so komplex, dass man es nicht glauben kann“.

Schon am ersten Tag ging es den Fraktionen darum, den jeweils anderen Benko-Nähe vorzuwerfe­n: ÖVP-Mandatar Andreas Hanger etwa erklärte: „Benko ist gleich Gusenbauer ist gleich SPÖ.“Indes legten die Grünen einen Steuerbesc­heid vor, demzufolge Benko 2019 bei seiner Signa ein Jahresgeha­lt von rund 26 Millionen Euro bekommen habe.

Diesmal nicht für Debatten sorgte übrigens der von Rot und Blau schon mehrfach zum Rücktritt aufgeforde­rte Wolfgang Sobotka (ÖVP): Der Nationalra­tspräsiden­t ließ sich zum Auftakt nämlich vertreten – aus „Termingrün­den“, wie sein Sprecher mitteilte.

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[Schlager/APA] Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprok­uratur, vor dem U-Ausschuss.

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