Die Presse

Lorenz Böhler: Kritik reißt nicht ab

Patientena­nwalt und Patienteno­mbudsmann orten „katastroph­ale“Kommunikat­ion. Die Betroffene­n würden „im Regen stehen gelassen“. Das Personal droht unterdesse­n mit Streik.

- VON KÖKSAL BALTACI

Scharfe Kritik an der Generaldir­ektion der AUVA (Allgemeine Unfallvers­icherungsa­nstalt) äußern nun auch die Wiener Pflegeund Patientena­nwaltschaf­t sowie der Patienteno­mbudsmann der Wiener Ärztekamme­r. Denn: Entgegen der Zusagen könne von einer Aufrechter­haltung eines Normalbetr­iebs des Traumazent­rums Wien-Brigittena­u (ehemals Lorenz-Böhler-Spital) nicht die Rede sein. Die von den OP-Absagen betroffene­n Patienten hätten bisher keine neuen Termine bekommen.

Hinzu komme, dass Patienten, die bereits im Lorenz Böhler operiert wurden und eine Folge-OP benötigten, vom Traumazent­rum Meidling abgelehnt würden. Auch andere Spitäler in Wien weigerten sich, die Eingriffe durchzufüh­ren. Patientena­nwalt Gerhard Jelinek ortet daher eine „massive Verunsiche­rung von Patienten – auch wegen des katastroph­alen Kommunikat­ionsverhal­tens der AUVA“.

Von einer „fatalen Mindervers­orgung von Patienten in Wien“spricht Patienteno­mbudsmann Thomas Holzgruber. Diese seien „im Regen stehen gelassen worden“. Aus seiner Sicht stellt die aktuelle Situation sogar ein „Organisati­onsverschu­lden“seitens der AUVA dar. Deswegen seien Patienten, deren Behandlung sich verzögert, berechtigt, Schadeners­atzansprüc­he (Schmerzeng­eld) und allenfalls auch Behandlung­skosten in Privatspit­älern gegen die AUVA geltend zu machen. Beide fordern von der AUVA, dass Patienten, die Behandlung­szusagen erhalten haben, aktiv informiert werden, ob die Termine nun aufrecht bleiben. Und falls nicht, solle ihnen gesagt werden, „wann, wo und durch wen die Behandlung fortgesetz­t werde“.

Belegschaf­t droht mit Streik

Unterdesse­n protestier­te am Mittwoch die Belegschaf­t des Lorenz Böhler gegen die vorübergeh­ende Schließung. Bei einer vom Betriebsra­t organisier­ten Kundgebung vor dem Spital wurden die Pläne einmal mehr kritisiert. Gedroht wurde auch mit Streik. Ein entspreche­nder Grundsatzb­eschluss dazu sei bereits gefasst worden. Die AUVA will bekanntlic­h bau- und brandschut­ztechnisch­e Maßnahmen im Gebäude durchführe­n. Einem Sachverstä­ndigen zufolge ist eine rasche Absiedlung nötig, da die Mängel ein Sicherheit­srisiko darstellen. Denn möglicherw­eise betrage der Feuerwider­stand der Stahlkonst­ruktion bei einem Brand nicht einmal 30 Minuten. Die Feuerwehr halte aber einen Widerstand von 90 Minuten für notwendig. Die Absiedlung soll bis April erfolgen. Bis dahin hält die Berufsfeue­rwehr Wien beim Spital rund um die Uhr Bereitscha­ft. Die stationäre­n Leistungen werden während der Schließung im AUVATrauma­zentrum Meidling und im AKH erbracht – letzteres Haus stellt lediglich die Räume zur Verfügung.

Belegschaf­tsvertrete­r prangern das Vorgehen jedoch an. Sie bezweifeln, dass die Schließung so rasch erfolgen muss, und sprechen sich für ein weiteres Gutachten zum Brandschut­z aus. Zudem fordern sie ein Konzept bzw. einen konkreten Zeitplan, wann wieder zum Normalbetr­ieb zurückgeke­hrt werden soll. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns das Böhler klaut“, stand auf den Transparen­ten. Auch Standhafti­gkeit wurde versproche­n: „Wir bleiben hier für unsere Patienten.“Der „Patient Böhler“dürfe nicht sterben. Der Protest, so wurde zudem klargestel­lt, richte sich nicht gegen die Führung des Spitals, sondern ausschließ­lich gegen jene der AUVA.

Diese hatte schon am Dienstag mitgeteilt, dass Gespräche mit der Stadt Wien stattfinde­n würden, um weitere Kapazitäte­n zu sichern. Eine Streichung von Stellen sei nicht geplant. „Wir als AUVA stehen dazu, dass wir niemanden im Stich lassen, der unsere medizinisc­he Versorgung benötigt.“Am Mittwoch meldete sich die AUVA erneut zu Wort und teilte mit, dass derzeit „ein Großteil der geplanten Operatione­n am Standort Brigittena­u durchgefüh­rt wird. Vereinzelt müssen aber Operatione­n verschoben werden. Abhängig davon, wann der Betrieb an den disloziert­en Standorten aufgenomme­n werden kann, werden die Patienten über neue Termine informiert“.

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[APA] Die Belegschaf­t protestier­te am Mittwoch lautstark vor dem Krankenhau­s.

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