Die große Ernüchterung nach dem grünen Boom
Wärmepumpen und Elektroautos schwächeln trotz enormer Förderungen auf dem Markt. Ein Zeichen dafür, dass die Politik die Klimawende zu erratisch und eingeengt angeht. Die Klimaziele sind auf diese Weise nicht zu halten.
Raumwärme und Verkehr gehören zu den größeren Problemfeldern in Sachen Klimaschutz: Der CO2-Ausstoß dieser beiden Gruppen ist enorm und hält sich, beispielsweise im Verkehr, sehr hartnäckig auf viel zu hohem Niveau.
Die Lösung dieses Treibhausgasdilemmas ist elektrisch: Wärmepumpen sollen in der Raumheizung Öl und Gas verdrängen, EAutos den Diesel- und Benzinfahrzeugen den Garaus machen. Tatsächlich haben beide Produktgruppen in den vergangenen Jahren recht beeindruckende Steigerungsraten auf ihren jeweiligen Märkten hingelegt.
Und dann das: Im vergangenen Jahr ist der Absatz von Wärmepumpen sowohl in Deutschland als auch in Österreich empfindlich geschrumpft, während Öl- und Gasheizungen einen unerwarteten Boom erlebt haben. Und der Verkauf von Elektroautos begann in den zurückliegenden Monaten deutlich zu schwächeln. Besonderes Fanal: Mit Sixt und Hertz haben zwei große Autovermieter E-Fahrzeuge der Marke Tesla aus der Flotte geworfen. Die Begründung: zu unsicherer Wiederverkaufswert, viel zu hohe Reparaturkosten und mangelnde Nachfrage vonseiten der Kunden. Es sieht so aus, als würde auf den Boom jetzt die große Ernüchterung samt Katzenjammer folgen.
Konkret ist der Wärmepumpenmarkt etwa in Deutschland zuletzt um elf Prozent eingebrochen, obwohl es für die effiziente Stromheizung Förderungen ohne Ende gibt. Gleichzeitig hat sich die Zahl der neu eingebauten Ölheizungen 2023 verdoppelt, die der Gasheizungen ist um beeindruckende 60 Prozent gestiegen. Es wurden doppelt so viele Gasheizungen eingebaut wie Wärmepumpen.
Das ist ein ziemlicher Rückschlag für die Wärmewende-Strategie. Für heuer lauten die Wärmepumpen-Absatzprognosen auf insgesamt 260.000 Stück. Das ist kaum mehr als die Hälfte jener 500.000 neuen Wärmepumpen im Jahr, die Deutschland als jährlichen Zuwachs zur Erreichung der Klimaziele für notwendig erachtet. In Österreich ist die Situation nicht viel besser. Auch hier wird heuer trotz extrem hoher Förderungen ein Rückgang erwartet.
Nicht viel anders sieht es auf dem E-Automarkt aus. Dort leidet die Branche in Deutschland unter dem Auslaufen von Ankaufsförderungen für Private. Und in Österreich unter dem Faktum, dass Privatkäufer die „Stromer“noch weitgehend verschmähen: Mehr als acht von zehn neu zugelassenen EAutos sind Firmenwagen. Und dort lebt der Boom von wirklich abenteuerlichen Förderungen: Es gibt ein paar Tausender beim Ankauf, die motorbezogene Versicherungssteuer und die Normverbrauchsabgabe – beträchtliche Kostenfaktoren bei Verbrennerfahrzeugen – entfallen und für stromgetriebene Dienstwagen fällt der steuerliche Sachbezug weg. Allein Letzteres macht ein paar Hunderter aus – im Monat.
Es sieht so aus, als wären Wärmepumpen und E-Autos zurzeit nur mit extremen Förderungen in den Markt zu drücken. Das ist nicht unbedingt das Kennzeichen erfolgreicher Technologien. Die setzen
sich in der Regel ganz von selbst durch.
Dabei haben diese Technologien durchaus ihre Meriten, und sie werden sich auch zweifellos im Markt etablieren. Aber eben langsamer und nicht in dem Ausmaß, wie die hochfliegenden politischen
Pläne vorsehen. Da bleibt durchaus Platz für Alternativen.
Derzeit kranken die beiden Branchen ja unter erheblicher Verunsicherung. Wird nach den Gründen für die Zurückhaltung geforscht, dann kommen vor allem zwei Argumente: die hohen Preise, die jetzt zu verfallen beginnen, was nicht unbedingt für die sofortige Anschaffung spricht. Und die Unsicherheit
um die Stromkosten. Die sind nämlich derzeit hoch, und sie werden das auch bleiben, weil das Versprechen des spottbilligen Ökostroms nicht hält.
Und hier kommt die Politik ins Spiel, die diese Misere mitverursacht hat: Durch vollkommen überzogene Förderungen wurden in beiden Fällen enorme Produktionsüberkapazitäten aufgebaut, die jetzt zum Preischaos führen. Bei den E-Autoherstellern kommen wir jetzt langsam in Richtung Marktbereinigung, bei den Wärmepumpen ist der Aufbauprozess trotz derzeit voller Lager noch in Gang. Und zwar überwiegend in Osteuropa, wo viele europäische, asiatische und amerikanische Hersteller gerade Kapazitäten für den europäischen Markt aufbauen. Speziell in Polen. Wegen der dort günstigen Strompreise, was eine besondere Perversion darstellt: klimafreundliche Geräte mit dem mit Abstand schmutzigsten Strom Europas zu bauen. Auch in diesem Sektor stehen mörderische Konkurrenzkämpfe an. Wahrscheinlich nach der Blaupause der PV- und Windanlagenhersteller, die in Westeuropa gerade zum zweiten Mal in 15 Jahren ihr kommerzielles Waterloo erleben.
Diese Verwerfungen hätte eine strategische, an den Realitäten ausgerichtete Klimapolitik verhindern oder zumindest abmildern können. Aber wenn man – im Gegensatz etwa zu den Amerikanern und Chinesen – auf Technologieoffenheit pfeift, sich auf sehr enge Korridore – in dem Fall Wärmepumpen und E-Autos – festlegt und die mit einer Kombination aus überzogenen Förderungen und Verbotsdrohungen durchsetzen will, dann verunsichert man Konsumenten, provoziert Fehlinvestitionen und stellt sich so selbst ein Bein.
Vielleicht sorgt die jetzige Ernüchterung auf dem Markt dafür, dass etwas mehr Vernunft in die durchideologisierte Klimapolitik einkehrt. In der EU gibt es ja mit der Diskussion um die Lockerung des Verbrennerverbots in Richtung Technologieoffenheit und den Überlegungen, für strombetriebene Fahrzeuge die echte Klimabilanz einschließlich der Stromproduktion zu ermitteln, ermutigende Ansätze.
Dazu gehört jetzt aber auch die Einsicht, dass die jenseits aller physikalischen Grenzen festgelegten Klimaziele nicht halten werden und dass man nur dann Erfolg haben wird, wenn man an die Sache pragmatisch und technologieoffen herangeht. Dazu gehört aber auch, die Lüge vom superbilligen Sonnenund Windstrom zu beenden: Dort nur die – tatsächlich sehr niedrigen – Gestehungskosten zu sehen und die sehr hohen Systemkosten (Back-up-Kraftwerke, Netzausbau, Geisterstrom-Förderungen etc.) auszublenden, sieht ein bisschen nach dem Benzinbruder aus, der als Kosten seines Autos nur die Tankstellenrechnung hernimmt.
Die Dekarbonisierung wird wesentlich teurer und langwieriger, als wir uns derzeit vorstellen. Sie ist so oder so alternativlos, aber erfolgreich wird sie nur mit einem realistischen Zugang sein.