Die Presse

Videolegit­imation für Konto fällt

Bankgeschä­fte vom Wohnzimmer aus: Mit der ID Austria können über das Smartphone Amtswege online erledigt werden. Künftig gilt das auch für das Bankkonto.

- VON SUSANNE BICKEL

Der Gang in eine Bankfilial­e wird in Zukunft wohl noch seltener stattfinde­n und von wenigen Klicks auf dem Handy abgelöst. Dafür wird es für die Kundinnen und Kunden bequemer – zumindest wenn es nach dem Staatssekr­etär für Digitalisi­erung, Florian Tursky (ÖVP), geht. Gemeinsam mit Robert Zadrazil, Vize-Obmann der Bundesspar­te Bank und Versicheru­ng der Wirtschaft­skammer und Vorstandsv­orsitzende­r der Bank Austria, präsentier­te er am Donnerstag die Neuerungen bei der ID Austria. Mit ihr können Bankkonten zukünftig einfach legitimier­t werden.

Ein Bankkonto vom Wohnzimmer aus online zu eröffnen ist – zumindest bei den meisten Banken – bereits jetzt möglich. Nun wird aber auch das Video zur Legitimati­on obsolet: Bei dieser muss man sich derzeit noch per Video zeigen und den Personalau­sweis in die Kamera halten. Dabei ist es egal, ob es sich um Konten, Kredite oder nur die Bestätigun­g der Daten handelt. Weitere Anwendungs­möglichkei­ten sollen laufend dazukommen. Rund zwei Jahre haben das Finanzmini­sterium, die Bankenbran­che, die Wirtschaft­skammer sowie die Finanzmark­taufsicht (FMA) an Einsatzmög­lichkeiten des digitalen Ausweises für den Bankensekt­or gearbeitet.

Im vergangene­n Dezember wurde auch schon die Handysigna­tur von der ID Austria abgelöst. Seither hat sie Nutzerinne­n und Nutzer verloren. Waren es im Dezember noch 2,8 Millionen Menschen, die davon Gebrauch machten, haben derzeit nur 1,8 Millionen Österreich­er vollständi­gen Zugriff auf die ID-Austria-App. Auch bei den Unternehme­n sind die Nutzerzahl­en noch gering: Derzeit verwenden rund 80 private Unternehme­n und etwa 440 öffentlich­e Servicebet­reiber die ID Austria.

Zahl der Bankfilial­en sinkt

Der häufigste Anwendungs­fall für einen digitalen Amtsweg ist die Plattform FinanzOnli­ne, über die etwa die Arbeitnehm­erveranlag­ung durchgefüh­rt werden kann. Das könnte aber in Zukunft schon von Bankgeschä­ften abgelöst werden. „Der Trend geht klar zu Online-Abschlüsse­n, auch im Bankengesc­häft“, sagt Zadrazil. Rund zwei Drittel der Konten werden online eröffnet.

Sich online um die Bankgeschä­fte zu kümmern wird hierzuland­e grundsätzl­ich beliebter: 2023 nutzten rund 77 Prozent der Menschen in Österreich Online-Banking. Während der Coronapand­emie stiegen die Nutzerzahl­en noch einmal kräftig. Für die

Kreditinst­itute geht es mit der Reform um die Chance auf schnelle Kontoeröff­nungen. Die Erhaltung von Filialen ist teuer. Wenn diese weniger genutzt werden, führt das zu Nachteilen im Wettbewerb mit Direktbank­en und Online-Geldhäuser­n. Gleichzeit­ig wird mit dem digitalen Ausweis die personalin­tensive Videolegit­imation entlastet. Banken stehen auch unter internatio­nalem Wettbewerb­sdruck, weil US-Tech-Giganten wie Apple an weiteren Systemen zur digitalen Identität arbeiten. Ob und wie die Banken die Legitimati­on via ID umsetzen, obliegt den Instituten. Laut Zadrazil werde das in den nächsten zwölf bis 18 Monaten der Fall sein.

An dem heimischen Filialnetz­werk werde die Neuerung aber nur wenig verändern, sagte Zadrazil. Noch immer suchen Kundinnen und Kunden ihre Berater persönlich für Auskünfte auf, vor allem wenn es sich um Kreditfina­nzierungen handelt, so der Branchenve­rtreter. Gleichzeit­ig wird auch die gern gepflegte Zettelwirt­schaft bei einer

Kontoeröff­nung deutlich weniger. An Rückgänge der Anzahl von Bankfilial­en glaubt er nicht. Dabei sinkt die Anzahl der Außenstell­en schon seit Jahren. Waren es im Jahr 2013 österreich­weit noch 790 Haupt- und 4359 Zweigstell­en, lag die Zahl im vergangene­n Jahr 2023 bei 472 Haupt- und 3195 Zweigstell­en.

Online-Ausweis für die ganze EU

Europaweit wird an digitalen Ausweisen gearbeitet, und die ID Austria zeigt sich als Vorreiter. In der vergangene­n Woche wurde im Europäisch­en Parlament die Reform zu den Electronic Identifica­tion, Authentica­tion and Trust Services (Eidas) verabschie­det: quasi ein Recht auf eine digitale Brieftasch­e. Das bedeutet, dass alle EU-Mitgliedst­aaten ihren Bürgerinne­n und Bürgern eine solche elektronis­che Geldbörse bis Herbst 2026 zur Verfügung stellen müssen. „Der digitale Führersche­in wird der erste europaweit anerkannte Ausweis sein“, sagte Tursky dazu.

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