Was für kleine US-Firmen spricht
Die erste Zinssenkung in den USA dürfte allmählich näher rücken. Davon könnten Small Caps besonders profitieren, wie aber auch von der Deglobalisierung, meinen Experten.
Die jüngsten Inflationsdaten aus den USA waren mit großer Spannung erwartet worden: Ende Februar wurde der Preisindex für die persönlichen Konsumausgaben (Core „Personal Consumption Expenditures“) veröffentlicht. Der Anstieg lag bei 2,8 Prozent im Jahresvergleich, somit im Rahmen der Erwartungen. Die Erleichterung darüber, dass der Anstieg nicht stärker ausfiel, war an den Börsen sichtlich groß. Obendrein dürften Spekulationen um eine weitere mögliche Verschiebung der ersten Zinssenkung vom Tisch sein, konstatiert Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Onlinebroker CMC Markets. Der erste Schritt dürfte im Juni erfolgen.
Von solchen Entwicklungen könnte Stanzl zufolge vor allem ein Segment profitieren – jenes der Small Caps in den USA. Gemeint sind damit kleinere Unternehmen. „Solche Firmen sind oftmals stärker auf Fremdkapital angewiesen. Wenn nun die Finanzierungskosten in den kommenden Monaten sinken, werden entsprechende Aktien attraktiver.“Obendrein sind Stanzl zufolge solche Aktien derzeit relativ günstig bewertet. So liegt das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis für die kommenden zwölf Monate beim MSCI USA Small Cap Index bei 18,15. Beim MSCI USA Large Cap Index sind es 20,70.
Verlagerung der Lieferketten
Nick Sheridan, Portfoliomanager bei Janus Henderson Investors, verweist auf einen weiteren Aspekt, der US-Small-Caps zugutekommt: das sogenannte Reshoring. Dabei verlagern große Firmen aus den Industrieländern ihre Lieferketten näher an die Heimmärkte, um die Abhängigkeit von längeren Transportwegen zu senken. Die jüngsten Angriffe der Houthi-Rebellen auf Transportschiffe im Suezkanal haben verdeutlicht, wie fragil globale Handelsrouten sein können. „USSmall-Caps dürften daher stärker von der Deglobalisierung profitieren als ihre größeren Pendants“, konstatiert Sheridan. Denn viele kleinere Firmen haben sich auf Nischen
spezialisiert, zum Beispiel als Autozulieferer. Damit können sie aufgrund des Reshoring punkten.
Doch wo setzen die Branchenprofis an? Bei Columbia Threadneedle gewichtet Fondsmanager Nicolas Janvier Aktien aus den Bereichen Industrie und zyklischer Konsum besonders hoch. Dazu zählt Kontoor Brands. Die Firma vertreibt unter anderem Jeans bekannter Marken wie Wrangler und Lee. WillScot Mobile Mini Holdings
wiederum, ebenfalls Teil des Portfolios, vermietet mobile Lagerräume an Gewerbekunden.
Vorsicht bei Finanztiteln
Etwas zurückhaltender ist Janvier in Bezug auf Finanztitel. Die Vorsicht ist verständlich, so geraten die Kreditportfolios einiger regionaler US-Banken aufgrund des schwächelnden gewerblichen Immobilienmarktes unter Druck. Janvier wird jedoch anderswo in der Branche
fündig, so etwa mit Voya Financial. Das Unternehmen bietet Versicherungen, Pensions- und Investmentsparpläne an.
Im New-Capital-Fonds sind Gesundheitsund IT-Werte besonders hoch gewichtet. Dazu zählt Krystal Biotech, das sich auf Gentherapien spezialisiert. Auch SPS Commerce ist Teil des Fonds. Das Unternehmen verkauft Cloud-Programme, mit deren Hilfe Firmen ihre Lieferketten verwalten können. Matt Mahon, Portfoliomanager des T. Rowe Price Fund, gewichtet vor allem Aktien aus den Bereichen Industrie, IT und Telekommunikation besonders hoch, so etwa mit Teledyne Technologies. Die Firma stellt unter anderem Messinstrumente und Sensoren her. Auch der Maschinenbauer Alamo Group zählt zu den größten Positionen.
Anleger müssen jedoch beachten, dass Kursschwankungen gerade bei kleineren Titeln heftiger als bei Großkonzernen ausfallen können – und auch bei all diesen Produkten Verluste möglich sind.