Bach beendet Kuschelkurs mit Putin
Der Ton zwischen Russland und dem IOC wird rauer. Die Skepsis, ob „neutrale Athleten“bei Olympia in Paris Putins Starterlaubnis erhalten, wächst.
Manchmal kommt es im Weltsport doch ganz anders, als man denkt. Dachte man bis zuletzt, dass IOC-Präsident Thomas Bach in der Russland-Frage „zu weich“sei, belehrte der Deutsche seine Kritiker am Mittwoch in einem „Round Table“-Talk – neben „Guardian“, „Washington Post“oder der „Gazetta“war „Die Presse“als einziges österreichisches Medium dabei – eines Besseren. Mit ungewohnt scharfen Worten setzte sich Bach zu Wehr und kritisierte Russlands Regierung, vor allem Wladimir Putin direkt.
„Wegen eklatanter Verletzung der Olympischen Charta“seien die Nation von den nahen Spielen in Paris (ab 26. Juli) ausgeschlossen und das Nationale Olympia-Komitee suspendiert. Die wachsenden Spannungen mit Moskau verdeutlicht auch Bachs verbale Attacke ob der „skandalösen Manipulation“des Anti-Doping-Systems bei den Winterspielen 2014 in Sotschi. Und er bestand darauf, dass, wenn überhaupt, jetzt nur neutrale Athleten – also ohne Flagge, Hymne oder Abzeichen – in Paris starten dürften. Wie man jedoch kontrollieren wolle, ob sich ein Athlet vom „Krieg“distanziere, involviert gewesen sei oder gar Stellung dagegen beziehe – immerhin ist in Russland der Staat im Sport tragend mit Geheimdienst FSB (Dynamo) und Militär (ZSKA) –, kommentierte er nicht.
Allerdings, und das mutet womöglich wie Balsam an für Kritiker wie Ukrainer, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Russland die Spiele vollständig boykottieren wird. Das Gemauschel dahingehend wird lauter. Warum? Man interpretiert in Moskau neutrale Athleten als Diskriminierung. Andere hielten es gar für die gleiche Sanktion wie beim Dopingskandal.
Bachs Konter gegen Lawrow
Der rauer werdende, ja sogar aggressivere Ton der Russen dem IOC gegenüber missfalle Bach. Er klang in diesem Gespräch geradezu wie verwandelt. „Bemerkenswert ist, dass diese Aggressivität von derselben Regierung ausgeht, die hinter der skandalösen Manipulation des Anti-Doping-Systems vor, während und nach Sotschi 2014 stand.“
Eine Botschaft, die Putin hören muss, auch in Zusammenhang mit diesem Satz: „Bedeutsam ist auch, dass die russische Regierung die
Tatsache ignoriert, dass sie uns durch ihre Invasion und die Annexion von Teilen der Ukraine zum Handeln gezwungen hat. Es ist ein eklatanter Verstoß!“
Das russische Okay führt die annektierten Gebiete der Ukraine längst unter seiner Gerichtsbarkeit, (selbst) dem IOC bleibt da kein anderer Ausweg, als klare Gegenmaßnahmen zu setzen. Bachs Kommentare kamen einen Tag, nachdem Außenminister Sergej Lawrow ihm „Verrat an den Idealen der olympischen Bewegung“vorgeworfen hatte. Der Fecht-Olympiasieger von 1976 musste also kontern, das machte er auch gezielt als langjähriger Sportfunktionär.
Während Bach in Paris ein „gemeinsames Fest der Emotionen“erwartet, gibt es bei Winterspielen weiterhin wachsende Probleme. 2026 steigen die Spiele in Mailand und Cortina, ungelöst und zusehends absurder wird die Suche nach einer Bobbahn. Igls stünde als Alternative bereit. Bach reagierte auf „Presse“-Anfrage eher pointiert: „Das ist nicht unsere Angelegenheit, das muss man in Italien entscheiden. Aber es ist immer besser, wenn man einen Plan B in der Tasche hat.“