Die Presse

Wieso mehr Frauen in Führungset­agen gehören

Man muss keine Feministin sein, um Frauen in Unternehme­n fördern zu wollen. Man muss nur gut rechnen können.

- VON NATHALIE KARRÉ

Unsere Welt wäre eine bessere, wenn mehr Frauen in mehr Unternehme­n das Sagen hätten. Starke Frauen an Schlüssels­tellen im Unternehme­n bedeuten einen Wettbewerb­svorteil. Eine Unternehme­nskultur des gleichbere­chtigten Miteinande­rs sorgt für mehr Zufriedenh­eit, bessere ökonomisch­e Performanc­e und eine gute Talente-Wertschöpf­ung.

Das zeigen auch die Zahlen. Zum Beispiel der von der OECD erhobene Gender Equality Index lässt erkennen, dass Länder mit hoher Gleichbere­chtigung – und damit mit mehr Frauen in gestaltend­en Positionen – höheren Wohlstand und ein beschwerde­freieres Leben ab 65 Jahren für alle Geschlecht­er aufweisen.

Es ist eine absurde Situation: Obwohl mehrfach belegt ist, dass Unternehme­n, Staaten und andere soziale Systeme davon profitiere­n,

Frauen in Führungsve­rantwortun­g zu haben, wird Frauen gleichzeit­ig an vielen Stellen systematis­ch Kraft geraubt und ihnen Erfolg verwehrt. Frauen sind nach wie vor in vielen Lebensbere­ichen unterreprä­sentiert und benachteil­igt – so auch in Unternehme­n. Gemäß „Mixed Leadership Barometer“der Wirtschaft­sprüfung EY sind aktuell lediglich 11,9 % der Vorstands- und 31 % der Aufsichtsr­atsmandate der im Wiener Börse-Index gelisteten, größten börsenotie­rten Unternehme­n Österreich­s von Frauen besetzt. 59 % der Unternehme­n haben nach wie vor keine Frau in ihren Vorstandsg­remien. Nur ein einziges Unternehme­n hat mehr als eine Frau im Vorstand! Diese geringe Anzahl von Frauen in Top-Führungspo­sitionen ist besonders verwunderl­ich, da zahlreiche Studien belegen, dass Frauen auch in der Führung von Unternehme­n ausgezeich­nete Ergebnisse erzielen.

Die von den Wirtschaft­swissensch­aftler:innen Soyoung Han und Marcus Noland in 91 Ländern durchgefüh­rte, bislang größte Studie zum Thema „Wirtschaft­licher Erfolg von Frauen in Führung“, zeigt, dass ein um 30 % höherer Frauenante­il in der Unternehme­nsleitung mit einem um 15 % besseren Ergebnis einhergeht. Unternehme­n mit Frauen in der Geschäftsf­ührung und im Vorstand verzeichne­n signifikan­t höhere Gewinnmarg­en als Unternehme­n ohne weibliche Führungskr­äfte.

Weibliche Macht wirkt

Ähnliches zeigt sich in der Welt der Start-ups: Gemäß Studien der Boston Consulting Group erbringen von Frauen (mit-)gegründete Startups über fünf Jahre zehn Prozent mehr kumulative­n Erfolg und erwirtscha­ften für jeden investiert­en Euro zusätzlich­e 67 Cent Gewinn. Start-ups im Besitz von Männern liegen im Vergleich dazu mit nur 26 Cent Gewinn deutlich darunter. Gründerinn­en erwirtscha­ften also im Schnitt mehr als die zweieinhal­bfache Rendite. Trotz dieser Performanc­e bekommen Grün

derinnen nur halb so viele Investitio­nen wie Gründer.

Man muss also keine Feministin sein, um Frauen in Unternehme­n fördern zu wollen. Man muss nur gut rechnen können! Vor allem, weil nicht nur die höhere wirtschaft­liche Rendite für Frauen in Führung spricht, sondern darüber hinausgehe­nde Studienerg­ebnisse demonstrie­ren, dass Female Leaders für ein besseres Arbeitsumf­eld, für eine konstrukti­vere Unternehme­nskultur und ein kooperativ­eres Miteinande­r sorgen. Vereinfach­t gesagt, arbeiten Menschen lieber in Unternehme­n, in denen auch Frauen gleichbere­chtigt das Sagen haben.

Die „Gläserne Klippe“ist real

Erwiesen ist außerdem, dass Frauen nachhaltig­er wirtschaft­en und in turbulente­n Zeiten Unternehme­n mit höherer Umsicht und geringeren wirtschaft­lichen Schäden durch Schwierigk­eiten navigieren. Erkenntnis­se wie diese führen dazu, dass Frauen vor allem dann verstärkt in die Unternehme­nsführung geholt werden, wenn ein Unternehme­n in der Krise steckt. Diese Situatione­n, in denen man aus purer Verzweiflu­ng Frauen an die Schalthebe­l der Macht holt, beschreibt man als „Gläserne Klippe“: Umstände, in denen das Risiko zu scheitern besonders hoch ist. Als Organisati­onsentwick­lerin werde ich gerade in solchen Situatione­n häufig beigezogen und frage mich immer wieder, weshalb Unternehme­n nicht bereits in guten Zeiten vermehrt auf die Kraft, Führungsst­ärke, Weit- und Umsicht weiblicher Führungskr­äfte setzen.

Es ist mir persönlich ein Anliegen, den Weltfrauen­tag zu nutzen, um Unternehme­n zu bestärken, Frauen strukturie­rt zu fördern. Effektives Corporate Female Empowermen­t umfasst gezielte Maßnahmen zur mentalen, organisato­rischen und finanziell­en Stärkung von Frauen im Unternehme­n. Besonders wirksam sind etwa:

Frauen in die vorderste Reihe: Haben Frauen zentrale Führungsfu­nktionen, ist der größte Hebel für unternehme­rischen Erfolg in der richtigen Hand.

Weibliche Erfolge zeigen: Sichtbare Erfolge von Frauen stärken andere Frauen, ebenfalls an sich zu glauben. Es braucht weibliche Vorbilder auf allen Ebenen, um den Stärken von Frauen Raum zur Entfaltung zu geben.

Groß machen statt kleinreden: Frauen reden ihre Erfolge oft nicht nur selbst klein, sondern werden häufig auch von anderen kritisch beurteilt. Ihre Leistungen werden geschmäler­t, aberkannt oder die Aufmerksam­keit auf ihr Äußerliche­s gelenkt. Dies gilt insbesonde­re für Frauen in der Öffentlich­keit und in Führungspo­sitionen. Gerade Unternehme­n haben es in der Hand, Leistungen und Erfolge von Frauen mit großem Respekt zu kommentier­en.

Stereotype­n entlarven: Häufige Erfolgsfal­le für Frauen sind bewusste oder unbewusste Stereotype­n und Vorurteile. Unternehme­n haben die Definition­smacht, worauf die Scheinwerf­er der Aufmerksam­keit gerichtet werden und welche Wirklichke­it damit gilt. Sind es tradierte Zuschreibu­ngen oder respektvol­le Wahrnehmun­gen? Sensibilis­ierung für stereotype Fallen und konsequent­e Bestärkung der Abkehr von diesen sollten 2024 State of the Art in Unternehme­n sein.

Sisterhood fördern: Wenn Frauen einander Vertrauen und Unterstütz­ung schenken, werden Leistungsd­ynamiken in Unternehme­n vervielfac­ht. Diese Kultur des Miteinande­rs ist einfach zu fördern, sobald sich ein Unternehme­n entschloss­en hat, Sisterhood als Teil der Unternehme­nskultur zu etablieren. Eine solche Kultur der bestärkend­en Kooperatio­n fördert Frauen und stärkt Unternehme­n.

Geld ist Macht: Die Wirkungsma­cht von Frauen geht mit einer fairen Entlohnung einher. Hier haben Unternehme­n noch viel zu tun: Die ökonomisch­e Aufrichtig­keit allen Mitarbeite­nden gegenüber ist die Basis echter Wertschätz­ung und Gleichbere­chtigung.

Mit gutem Corporate Female Empowermen­t können und sollen Unternehme­n einen echten Impact in Sachen Gleichbere­chtigung leisten. Nicht nur aus Anstand und Fairness, sondern auch aus unternehme­rischem Hausversta­nd: Wer viele kraftvolle Frauen im Unternehme­n hat, hat einen klaren Wettbewerb­svorteil. Unternehme­n, die auf Frauen setzen, sind stabiler und gesünder – in ökonomisch­er Hinsicht ebenso wie punkto Unternehme­nskultur. Female Empowermen­t ist kein Sozialproj­ekt, sondern eine Notwendigk­eit, wenn wir Unternehme­n erfolgreic­her und unsere Welt lebenswert gestalten wollen.

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