Österreich will stärker mit Nato kooperieren
Im Entwurf zur Sicherheitsstrategie bekennt sich Österreich zur Neutralität, will aber dem Militärbündnis näherrücken.
Bis Jahresende 2023 wollten ÖVP und Grüne eine neue österreichische Sicherheitsstrategie vorlegen. Doch steckt das Projekt seit Wochen fest. Über den Umgang mit russischem Gas und die Diversifikation der Energieversorgung konnten sich die Regierungspartner bisher nicht einigen. Allerdings haben die einzelnen Ministerien bereits ihre Entwürfe an das Kanzleramt geschickt. Ein Teil dieser Entwürfe liegt der „Presse“vor. Sie zeigen, wohin sich Österreichs Außenund Sicherheitspolitik entwickeln könnte.
Eckpfeiler der Sicherheitsstrategie bleibt die militärische Neutralität Österreichs. Doch die Bundesregierung will die sicherheitspolitische und militärische Kooperation nicht nur innerhalb der EU, sondern auch mit der Nato ausbauen. Die enge Zusammenarbeit zwischen EU und Nato sei ein „entscheidender Träger der europäischen und damit der österreichischen Sicherheit“, heißt es in einem Papier. Daher werde sich Österreich verstärkt an „zivilen und militärischen Kooperationsformaten, Übungen und Plattformen der Nato-Partnerschaft für den Frieden, insbesondere zur Gewährleistung der Interoperabilität der österreichischen Streitkräfte“, beteiligen.
Kein Betritt zur Nato
Österreich ist seit 1995 Teil dieser Partnerschaft. Sie dient vor allem dazu, die Standards der Armeen aufeinander abzustimmen, damit sie etwa den gleichen Treibstoff und die gleiche Munition verwenden. Neben der Militärkooperation soll der politische Dialog mit der Nato vertieft werden. Ein Nato-Beitritt wird aber klar ausgeschlossen.
Die EU bilde für Österreich den „primären sicherheitspolitischen Handlungsrahmen“. Sie müsse fähig sein, „mehr Verantwortung für ihre Sicherheit und Verteidigung zu übernehmen“. Im Einklang mit seiner Verfassung werde sich Österreich aktiv an der Sicherheitsund Verteidigungspolitik der EU beteiligen und deren Weiterentwicklung unterstützen, ist in dem Strategiepapier zu lesen.
Von den Beiträgen Österreichs umfasst seien „etwaige Hilfe- und Unterstützungsleistungen“gemäß der Beistandsklausel im EU-Vertrag. Solche Solidaritätsbeiträge könne Österreich auch von seinen EU-Partnern erwarten: „Europäische Solidarität ist keine Einbahnstraße, sie beruht auf Vertrauen und Gegenseitigkeit.“
Die Beistandsklausel kann von einem angegriffenen Mitgliedstaat aktiviert werden. Sie schreibt fest, dass die anderen Mitgliedstaaten ihm „alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung“geben. Diese Pflicht trifft Österreich aufgrund seiner Neutralität nicht. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat zuletzt in den Raum gestellt, dass Österreich im Rahmen der Beistandsklausel nur „humanitäre Hilfe“leisten könnte. Völkerrechtler widersprechen dem und erklären, dass Österreich sehr wohl auch militärische Hilfe gewähren könnte.
China als „Partner und Rivale“
Österreichs derzeitige Sicherheitsstrategie von 2013 bezeichnet Russland als „wesentlichen Partner“, China wird nicht erwähnt. Zu Russland werde es eine „realistischere Beurteilung“geben, heißt es aus informierten Kreisen. China werde wie in der Einordnung auf EU-Ebene zugleich als „Partner, Konkurrent und systemischer Rivale“gesehen. Regionale Schwerpunkte Österreichs sind Südost-, Osteuropa, der Mittelmeerraum, der Nahen Osten und punktuell Afrika. Die Ukraine, Moldau, Georgien sollen auf ihrem europäischen Weg weiter unterstützt werden.
Die Entwürfe bekennen sich zur ausreichenden Finanzierung des Bundesheers: „Die militärische Landesverteidigung soll in der Lage sein, zur militärstrategischen Stabilität in Europa beizutragen, potenzielle Gegner von Angriffen abzuhalten und im Ernstfall abzuwehren.“In der Miliz soll mehr geübt werden, die Wiedereinführung verpflichtender Übungen ist nicht vorgesehen.
Nachrichtendienste stärken
Die umfassende Landesverteidigung soll gestärkt werden, ebenso wie die politische und militärische „Antizipations- und Führungsfähigkeit“. Dazu ist vorgesehen, „zur Unterstützung der gesamtstaatlichen Lagebeurteilung die nachrichtendienstliche Aufklärung und Abwehr“personell, materiell und legistisch „an die veränderten Rahmenbedingungen“anzupassen.
Volkswirtschaftlich und sicherheitspolitisch soll der Ansatz des „De-risking“in der Sicherheitsstrategie verankert werden. Bei kritischen Sektoren wie Rohstoffen, Arzneimitteln, Hochtechnologie sollen Abhängigkeiten von anderen Ländern reduziert und dadurch Risiken minimiert werden.
Federführend erstellt wird die neue Sicherheitsstrategie vom Kanzleramt. Wann sie vorliegt, steht nicht fest. Derzeit laufen die Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen noch.