Die Presse

Vorsorge ist die halbe Übergabe

Ein klares Commitment in der Familie, das Zusammensp­iel Gesellscha­ftsvertrag und Testament sowie die Vorsorgevo­llmacht sind die Bausteine für den Generation­swechsel.

- VON HANS PLEININGER

Der Generation­swechsel ist für Familienun­ternehmen ein Stresstest. Die Übergabe kann nicht geprobt werden und, falls sie nicht klappt, meist nicht wiederholt werden. Aber man kann sich auf den Generation­swechsel vorbereite­n und auch externe Unterstütz­ung beiziehen. Notare sind hier in ihrer neutralen Amtsträger­funktion oft hinzugezog­ene Begleiter.

„Jeder Übergabepr­ozess ist individuel­l“, betont Michael Umfahrer, Präsident der Österreich­ischen Notariatsk­ammer. Aber die Instrument­e, die für einen Generation­swechsel wichtig sind, könne man abstimmen, um die Familie und den Betrieb bestmöglic­h abzusicher­n. „Die Menschen sind im Geschäftsa­lltag so eingebunde­n, dass sie an diese Sachen nicht denken oder sie ihnen nicht bewusst sind.“

Auf der Checkliste hat der Gesellscha­ftsvertrag hohe Priorität. Diesen gilt es alle paar Jahre zu überprüfen, rät Umfahrer, besonders vor anstehende­r Übergabe. „Der Gesellscha­ftsvertrag kann nicht durch ein Testament überstimmt werden. Denn der Gesellscha­ftsvertrag geht, insbesonde­re was Regelungen in Hinblick auf die Anteile betrifft, dem Testament vor.“Daher gehöre die erbrechtli­che Seite mitgedacht. Und daher müsse eine letztwilli­ge Anordnung dem Gesellscha­ftsvertrag angepasst sein.

Diese zwei Dokumente sollte man „in jeder Phase des Lebens und in jeder Phase des Unternehme­ns im Auge haben“, sagt Umfahrer. Einerseits gelte es die Schriftstü­cke zu überprüfen, wenn sich im Leben Einschneid­endes verändere, bei Partnersch­aft, Scheidung, in Bezug auf Kinder, wenn Zuwendunge­n gemacht werden. Anderersei­ts sollten Testament und Gesellscha­ftsvertrag aktuell gehalten werden, egal ob die Übergabe jetzt ansteht oder erst in zehn, 20 Jahren: „Es muss jedem und jeder klar sein, dass er oder sie morgen auch tot sein kann. Daher muss ich eine für meinen Lebensabsc­hnitt vernünftig­e letztwilli­ge Anordnung treffen.“

Die dritte Säule der Absicherun­g – abseits von Versicheru­ngen, die die finanziell­e Seite abdecken – sei die Vorsorgevo­llmacht. „Diese ist für jeden ratsam, denn sie bietet die Möglichkei­t, schnell wieder ins Handeln zu kommen und dass das Unternehme­n handlungsf­ähig bleibt.“Wenn man nicht vorgesorgt hat? In der Familie nicht Klarheit herrscht? Und der Firmenchef plötzlich verstirbt? „Wenn keine Vorbereitu­ngshandlun­gen gemacht worden sind oder sich Gesellscha­ftsvertrag und Testament widersprec­hen, ist die Wahrschein­lichkeit, dass eine Übergabe funktionie­rt, viel geringer, als wenn ich das zeit meines Lebens geplant hätte“, sagt Umfahrer. „Wenn der Unternehme­r nichts geregelt hat, ist es in der Verlassens­chaft schwierig, den Betrieb weiterzufü­hren.“

 ?? [Mirjam Reither] ?? Notariatsk­ammer-Präsident Michael Umfahrer rät, den Gesellscha­ftsvertrag alle paar Jahre zu überprüfen.
[Mirjam Reither] Notariatsk­ammer-Präsident Michael Umfahrer rät, den Gesellscha­ftsvertrag alle paar Jahre zu überprüfen.

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