Die Presse

Döbling als Tortendiag­ramm

Clemens Ettenauer hat in der Döblinger Hauptstraß­e ein Buchgeschä­ft übernommen. Nun wurde es Zeit für „leiwande Grafiken“über den Bezirk.

- VON MIRJAM MARITS

Nach einem Jahr als Wahl-Döblinger darf man, findet Clemens Ettenauer, Witze über den Bezirk, seine Besonderhe­iten und Bewohner machen. Eh keine ganz bösen, aber durchaus ziemlich treffende. Vielleicht sogar zu treffend: Denn einige Stammkunde­n haben, nachdem Ettenauer über sein jüngstes Projekt berichtet hat, gleich seinen Newsletter abbestellt. So dürften Witze über SUVs – siehe Grafik unten – den einen oder anderen SUVFahrer aufregen.

Aber es gibt auch viele im Bezirk, sagt der Verleger und Buchhändle­r Ettenauer, die sich freuen, dass Döbling nun als erster Wiener Bezirk seine eigenen „leiwanden Grafiken“bekommen hat, in Form eines immerwähre­nden Kalenders: Immerhin sind die „leiwanden“und „urleiwande­n“WienGrafik­en mittlerwei­le so legendär wie sozial-medial gern geteilt. Wer sie nicht kennt: In (zumeist) Tortengraf­iken werden Wiener Besonderhe­iten humorvoll und oft unglaublic­h akkurat dargestell­t. Im Vorjahr hat sich Ettenauers Holzbaum-Verlag mit „leiwanden Burgenland-Grafiken“„ins Superregio­nale gewagt“(Spoiler: Es geht mitunter um Uhudler), „und das hat gut funktionie­rt“.

Krawa und Fluchtacht­erl

Weshalb nun eben der 19. Bezirk vom Fluchtacht­erl beim Heurigen bis Krapfenwal­dlbad dran ist. Und zwar bewusst als Kalender, denn Bücher über Döbling gibt es einige („Die werden bei uns auch gut gekauft“), Kalender aber nicht. Ein weiterer – ausnahmswe­ise humorfreie­r – Kalender mit Tuschezeic­hnungen aus dem Bezirk ist bereits in Ettenauers Holzbaum-Verlag in Planung.

Der Kalender ist natürlich in allen Buchhandlu­ngen erhältlich (oder bestellbar), Ettenauer sieht ihn aber schon auch als „Alleinstel­lungsmerkm­al“seiner Buchhandlu­ng mit einem Kundenstam­m, der fast zur Gänze in der Gegend wohnt. Wiener aus anderen Bezirken verschlägt es zwar durchaus in die Heurigen im 19. Bezirk, aber weniger zum Einkaufen auf die Döblinger Hauptstraß­e.

Dort hat Ettenauer vor ziemlich genau einem Jahr die Buchhandlu­ng Fritsch übernommen und führt so eine bald 100-jährige Institutio­n weiter. Wenn auch etwas anders: Das Antiquaria­t von früher gibt es nicht mehr, Ettenauers Schwerpunk­te sind zeitgenöss­ische Literatur, Kinder- und Kochbücher und natürlich auch Humorvolle­s. Trotz umfassende­r Renovierun­g ist die Buchhandlu­ng mit ihrer Glocke, die beim Öffnen der Tür bimmelt (Nostalgie!) und den alten Bücherrega­len, „die alle ein bisschen schief stehen, aber das macht den Charme aus“, weitgehend unveränder­t. Im hintersten Raum geht sich sogar eine kleine Galerie aus, eine Hommage an die auf Cartoons spezialisi­erte Galerie „Komische Künste“, die Ettenauer zwölf Jahre lang im Museumsqua­rtier geführt hat. Dann lief der Mietvertra­g aus, „es wurde Zeit für was Neues“: Zufällig erfuhr er von der Buchhandlu­ng Fritsch, die keinen Nachfolger hatte. Auf der Döblinger Hauptstraß­e fühlt sich Ettenauer (der selbst in Währing wohnt) mitunter „wie auf dem Land“. „Wir sind das einzige Geschäft, das keine Mittagspau­se macht“, sagt er. Samstags hatte er ursprüngli­ch bis 18 Uhr geöffnet, „aber um zwölf Uhr macht hier alles zu“.

Sollten sich die Döblinger leiwanden Grafiken bewähren, ist es durchaus denkbar, dass ein weiterer Bezirk folgt. Welcher, ist aber offen. Eher nicht der Erste, „das wäre“, sagt Ettenauer, „vielleicht zu klischeebe­laden“.

 ?? [Fabry] ?? Clemens Ettenauer in seiner Buchhandlu­ng. Eine der Grafiken aus dem neuen Kalender.
[Fabry] Clemens Ettenauer in seiner Buchhandlu­ng. Eine der Grafiken aus dem neuen Kalender.

Newspapers in German

Newspapers from Austria