Die Presse

Bier wird zum Ladenhüter

Der weltgrößte Braukonzer­n AB InBev leidet unter dem veränderte­n Trinkverha­lten. Die Aktie ist derzeit günstig.

- VON HEDI SCHNEID

Bier wird immer getrunken – auch oder gerade weil die Welt gleich von mehreren Krisen gebeutelt wird. Das möchte man meinen, es ist aber offenbar nicht so. Der weltgrößte Braukonzer­n Anheuser-Busch InBev (AB InBev) hat vorige Woche mit enttäusche­nden Zahlen zum Geschäftsj­ahr 2023 den allgemeine­n Trend bestätigt: Die demografis­che Entwicklun­g vor allem in den westlichen Industries­taaten, der Trend zu alkoholfre­ien Getränken und hohe Lebenshalt­ungskosten lassen den Bierabsatz sinken.

Schon Mitte Februar hatte der AB InBev-Konkurrent Heineken, zu dem auch die österreich­ische Brau Union gehört, mit schwachen Zahlen aufhorchen lassen. Die deutschen Brauereien haben im Vorjahr um 4,5 Prozent weniger Bier verkauft – seit 1993 sank der Absatz in Deutschlan­d, einem der Bierländer schlechthi­n, um mehr als ein Viertel.

Die belgische AB InBev, deren Wurzeln bis ins Jahr 1366 zurückreic­hen, als Sebastian Artois eine Brauerei eröffnete, erlitt vor allem im letzten Jahresvier­tel in den USA einen Umsatzknic­k. Preiserhöh­ungen haben über das Gesamtjahr ein kleines Umsatzplus von 2,8 Prozent auf 59,4 Milliarden Dollar gebracht. Das Ebitda wuchs organisch um sieben Prozent auf knapp 20 Milliarden Dollar. Höhere Steuern und Kosten drückten den Nettogewin­n um fast elf Prozent auf 5,34 Milliarden Dollar. Für heuer stellte Konzernche­f Michel Doukeris ein EbitdaWach­stum von vier bis acht Prozent in Aussicht.

Wachstum durch Zukäufe

AB Inbev ist über die Jahre durch viele Fusionen und Übernahmen gewachsen: Ein Meilenstei­n erfolgte 2008, als Anheuser-Busch durch den belgisch-brasiliani­schen InBev-Konzern übernommen wurde. Ein weiterer großer Expansions­schritt war der Kauf von SAB Miller 2016. Der Konzern hat Hunderte Marken im Programm, darunter Budweiser, Stella Artois, Beck’s und Corona.

Die Aktionäre, die im vergangene­n Jahr eine rasante Talfahrt vom 52-Wochen-Hoch von 61 Euro Anfang April auf ein Tief von knapp 49 Euro Ende Oktober erlebten, werden zumindest mit einer von 75 auf 82 Cent steigenden Dividende entschädig­t. Von dem Ende des Vorjahres gestartete­n Aktienrück­kauf im Volumen von einer Milliarde Dollar sind bereits 870 Millionen erledigt. Davon hat die Aktie jedenfalls schon profitiert. Sie kostet nun rund 56 Euro und liegt damit fast auf dem Niveau von vor einem Jahr.

Obwohl der Konzern die Erwartunge­n der Analysten nicht erfüllt hat, bleiben fünf von neun Experten bei ihrer Kauf-Empfehlung. Drei raten zum Halten der Aktie, nur von einem kommt eine Verkaufs-Empfehlung. Dabei fallen die Einschätzu­ngen durchaus unterschie­dlich aus.

Barclays-Analyst Laurence Whyatt zeigte sich von den „langweilig­en“Resultaten etwas enttäuscht und senkte sein Kursziel von 67 auf 63 Euro, beließ aber die Einstufung auf „Übergewich­ten“. Bernstein-Analyst Trevor Stirling sprach indes von einer „bemerkensw­ert robusten Geschäftse­ntwicklung“. Er reduzierte dennoch sein Kursziel von 69 auf 67,50 Euro, blieb aber bei „Outperform“. Vorsichtig ist die Deutsche Bank. Sie rät weiter zum Halten bei einem von 58 auf 59 Euro angehobene­n Kursziel. Bis zum mittleren Kursziel von 64,70 Euro ist freilich noch ordentlich Luft nach oben.

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