Die Weltraum-Therapie wirkt nicht
Adam Sandler spielt in „Spaceman“einen Kosmonauten, der Esoterik-Lektionen von einem achtsamen Achtbeiner bekommt: Eine Sci-Fi-Parodie, die mehr blöd als böse ist.
Der Weltraum, unendliche Weiten. In der Nähe des Saturns macht sich eine violette Wolke breit. Ein tschechischer Kosmonaut soll diesem mysteriösen Phänomen in „Spaceman“auf den Grund gehen. Per Konferenzschaltung mit der Erde gibt er einen Halbzeitbericht über sein All-Abenteuer. Zuerst jedoch: eine Werbeeinschaltung! Wir sehen den Exploranden, wie es ihn auf dem Weg zur Weltraumstation ordentlich durchrüttelt. Eine Herausforderung für den Magen. Aber keine Sorge, er hat ja … Antiquease!
Dieses Medikament gegen Reiseübelkeit ist einer der offiziellen Sponsoren dieser Mission. Der Einstieg in „Spaceman“verspricht Science-Fiction, die als Satire auf allumfassende Marketing-Umtriebe allzu plausibel erscheint. Sogar in Notsituationen ist der von Adam Sandler verkörperte Forschungsreisende dazu gezwungen, ein Produkt zu promoten. Als er plötzlich einen blinden Passagier an Bord des Raumschiffes entdeckt, nämlich eine hundsgroße Riesenvogelspinne, sucht er sich ihrer mit einem waghalsigen Dekontaminierungsmanöver zu entledigen. Erst als er brav den Slogan des Giftherstellers aufsagt, wird das Toxin versprüht. Es mag zwar, wie proklamiert, „zu 99,99 % effektiv“sein, nun zeigt das Zeug aber keine Wirkung. Das Krabbeltier ist noch immer da, ja es spricht sogar! Und klingt dabei wie der Schauspieler Paul Dano, der dem Alien seine sanfte Stimme leiht.
Die Prämisse dieses Films ist so kurios wie der Untertitel des Buches, auf dem er basiert: Über „Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt“(von Jaroslav Kalfar) liest man, sie sei wie „Solaris“, nur lustig. Auf diese Adaption trifft beides nicht zu: Also weder ist „Spaceman“eine enigmatische, hypnotische Weltraum-Erkundung für Hobby-Existentialisten wie Tarkowskis SciFi-Klassiker, noch eine Komödie, die solcherlei Genrematerial gar verballhornt.
Karma-Quatsch im Kosmos
Anlass dafür hätte der Film genügend: Schon wieder muss das unendliche Außen als Sprungbrett dafür herhalten, die Untiefen des Innenlebens eines verkorksten Astronauten zu erkunden. In der Ballung von Plotpoints jüngerer Weltraum-Abenteuer hätte eine Verulkung postheroischer Stoffe von „Aufbruch zum Mond“bis „Ad Astra“entstehen können. Wir erfahren nämlich, dass Adam Sandler hier nicht nur vor familiärer Verantwortung flieht, sondern auch an Daddy Issues laboriert. Anstatt aber durch die absurden Gespräche mit einem Spinnentier, das zudem in Psychologie versiert ist, den spinnerten Ernst solcher Therapiesitzungen im Kosmos zu unterlaufen, legt „Spaceman“sogar noch eins drauf. Das Satirische erschöpft sich in den anfänglichen Witzen übers Werbe-Unwesen, der Rest dieser Nabelschau
läuft recht witzlos und ausgesprochen redselig ab.
Dank des achtsamen Achtbeiners erfährt der Astro-Patient endlich, dass Selbstlosigkeit gegen die selbst verschuldete Einsamkeit hilft und er für die Sünden seines Vaters nicht zu büßen hat. Na Gott sei Dank! Ja, Gott, denn das Viech hat Schöpfer-Allüren und die „Weisheit“der Wolke mit Löffeln gefressen. Am Schluss steht die Nicht-Erkenntnis, dass alles schon so gut sei, wie es ist. Das ist natürlich Karma-Quatsch und auch sonst läuft die Phrasendrescherei des ganz niedlichen Horror-Tiers auf ein Amalgam aus Lifestyle-katholischen und -buddhistischen Esoterik-Nonsens hinaus. Ist das vielleicht die untergründige Pointe dieser ganzen Chose: Dass Psychotherapie heute bloß der Fügung ins Schicksal dient? Das wäre böse – und böse ist dieser Film ja eben nicht, nur blöd und auch ein bisschen öd.
Was schade ist angesichts der Talente hinter und vor der Kamera: Wo der Plot allzu geradlinig und bleiern abläuft, vollzieht die Kamera schwindelerregende Drehungen und Wendungen. Die Schwerelosigkeit ist teilweise so gut gelungen, dass man sich eine Tablette gegen Reiseübelkeit wünscht. Die Spinne ist zwar kein CGI-Meisterwerk, überzeugt aber dennoch – so wie die malerischen Aufnahmen vom All und die Schauspieler: Sei es Sandler oder die Oscar-nominierte Carey Mulligan, die hier allerdings nur die leidende Ehefrau mimen darf.