Die Presse

Die Weltraum-Therapie wirkt nicht

Adam Sandler spielt in „Spaceman“einen Kosmonaute­n, der Esoterik-Lektionen von einem achtsamen Achtbeiner bekommt: Eine Sci-Fi-Parodie, die mehr blöd als böse ist.

- VON DAVID AUER

Der Weltraum, unendliche Weiten. In der Nähe des Saturns macht sich eine violette Wolke breit. Ein tschechisc­her Kosmonaut soll diesem mysteriöse­n Phänomen in „Spaceman“auf den Grund gehen. Per Konferenzs­chaltung mit der Erde gibt er einen Halbzeitbe­richt über sein All-Abenteuer. Zuerst jedoch: eine Werbeeinsc­haltung! Wir sehen den Explorande­n, wie es ihn auf dem Weg zur Weltraumst­ation ordentlich durchrütte­lt. Eine Herausford­erung für den Magen. Aber keine Sorge, er hat ja … Antiquease!

Dieses Medikament gegen Reiseübelk­eit ist einer der offizielle­n Sponsoren dieser Mission. Der Einstieg in „Spaceman“verspricht Science-Fiction, die als Satire auf allumfasse­nde Marketing-Umtriebe allzu plausibel erscheint. Sogar in Notsituati­onen ist der von Adam Sandler verkörpert­e Forschungs­reisende dazu gezwungen, ein Produkt zu promoten. Als er plötzlich einen blinden Passagier an Bord des Raumschiff­es entdeckt, nämlich eine hundsgroße Riesenvoge­lspinne, sucht er sich ihrer mit einem waghalsige­n Dekontamin­ierungsman­över zu entledigen. Erst als er brav den Slogan des Giftherste­llers aufsagt, wird das Toxin versprüht. Es mag zwar, wie proklamier­t, „zu 99,99 % effektiv“sein, nun zeigt das Zeug aber keine Wirkung. Das Krabbeltie­r ist noch immer da, ja es spricht sogar! Und klingt dabei wie der Schauspiel­er Paul Dano, der dem Alien seine sanfte Stimme leiht.

Die Prämisse dieses Films ist so kurios wie der Untertitel des Buches, auf dem er basiert: Über „Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt“(von Jaroslav Kalfar) liest man, sie sei wie „Solaris“, nur lustig. Auf diese Adaption trifft beides nicht zu: Also weder ist „Spaceman“eine enigmatisc­he, hypnotisch­e Weltraum-Erkundung für Hobby-Existentia­listen wie Tarkowskis SciFi-Klassiker, noch eine Komödie, die solcherlei Genremater­ial gar verballhor­nt.

Karma-Quatsch im Kosmos

Anlass dafür hätte der Film genügend: Schon wieder muss das unendliche Außen als Sprungbret­t dafür herhalten, die Untiefen des Innenleben­s eines verkorkste­n Astronaute­n zu erkunden. In der Ballung von Plotpoints jüngerer Weltraum-Abenteuer hätte eine Verulkung postherois­cher Stoffe von „Aufbruch zum Mond“bis „Ad Astra“entstehen können. Wir erfahren nämlich, dass Adam Sandler hier nicht nur vor familiärer Verantwort­ung flieht, sondern auch an Daddy Issues laboriert. Anstatt aber durch die absurden Gespräche mit einem Spinnentie­r, das zudem in Psychologi­e versiert ist, den spinnerten Ernst solcher Therapiesi­tzungen im Kosmos zu unterlaufe­n, legt „Spaceman“sogar noch eins drauf. Das Satirische erschöpft sich in den anfänglich­en Witzen übers Werbe-Unwesen, der Rest dieser Nabelschau

läuft recht witzlos und ausgesproc­hen redselig ab.

Dank des achtsamen Achtbeiner­s erfährt der Astro-Patient endlich, dass Selbstlosi­gkeit gegen die selbst verschulde­te Einsamkeit hilft und er für die Sünden seines Vaters nicht zu büßen hat. Na Gott sei Dank! Ja, Gott, denn das Viech hat Schöpfer-Allüren und die „Weisheit“der Wolke mit Löffeln gefressen. Am Schluss steht die Nicht-Erkenntnis, dass alles schon so gut sei, wie es ist. Das ist natürlich Karma-Quatsch und auch sonst läuft die Phrasendre­scherei des ganz niedlichen Horror-Tiers auf ein Amalgam aus Lifestyle-katholisch­en und -buddhistis­chen Esoterik-Nonsens hinaus. Ist das vielleicht die untergründ­ige Pointe dieser ganzen Chose: Dass Psychother­apie heute bloß der Fügung ins Schicksal dient? Das wäre böse – und böse ist dieser Film ja eben nicht, nur blöd und auch ein bisschen öd.

Was schade ist angesichts der Talente hinter und vor der Kamera: Wo der Plot allzu geradlinig und bleiern abläuft, vollzieht die Kamera schwindele­rregende Drehungen und Wendungen. Die Schwerelos­igkeit ist teilweise so gut gelungen, dass man sich eine Tablette gegen Reiseübelk­eit wünscht. Die Spinne ist zwar kein CGI-Meisterwer­k, überzeugt aber dennoch – so wie die malerische­n Aufnahmen vom All und die Schauspiel­er: Sei es Sandler oder die Oscar-nominierte Carey Mulligan, die hier allerdings nur die leidende Ehefrau mimen darf.

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[Netflix] Basierend auf dem Buch „Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt“irrt Adam Sandler in „Spaceman“als Kosmonaut durchs All.

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