Gemeinderatswahlen – na, und? Drei wichtige Lehren
In 119 Orten wählen 439.785 Salzburger am Sonntag ihre Vertretungen. Als Erste in diesem Superwahljahr. Sie bekommen dieses Mal mehr Aufmerksamkeit als üblich.
Wer hätte das gedacht? Lokale Wahlen in einem österreichischen Bundesland verlangen aktuell mehr Aufmerksamkeit als (vorerst) der Wahlkampfauftakt zur Präsidentenwahl in den USA. Und dennoch: Auch Zwerge werfen lange Schatten.
Dies wird morgen, Sonntag, in Salzburg aus mehreren Gründen der Fall sein, wie ab Montag kommentiert, analysiert und prognostiziert werden wird. Erstens sind die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen der erste Termin in diesem Wahljahr, in dem die Urnengänge Schlag auf Schlag folgen – bis nach der Nationalratswahl im September. Zweitens werden die Resultate von den jeweiligen Parteien mit ihrem ganz eigenen Spin interpretiert und auf alle anderen Wahlen hochstilisiert werden. Drittens werden Medien die Ergebnisse als Bestätigung ihrer bereits getroffenen Annahmen darstellen. Zum Beispiel: Ein überdurchschnittlicher Mandatsoder Bürgermeistergewinn der FPÖ wird als Rechtfertigung dafür herhalten müssen, dass seit Monaten ein Durchmarsch der Freiheitlichen an die Spitze bei der Bundeswahl vorhergesagt wird. Viertens werden die Wahlen vom Sonntag den Blickwinkel auf die Zeit nach der Nationalratswahl derart einengen, dass es nur mehr um die Koalitionsfrage und nicht mehr um Sachthemen gehen wird: Mit dem Spiel „Wer mit wem?“und „Wer nicht?“werden nicht nur die jeweiligen Spitzenkandidaten bis zum Überdruss, sondern wird auch die Öffentlichkeit gequält werden – beflügelt durch die zu erwartende Stichwahl um die Bürgermeisterämter, durch die Stadtwahl in Innsbruck und durch die Wahl zum EUParlament im Juni.
Das gesteigerte Interesse an der Entscheidung der Salzburger auf lokaler Ebene hat jedoch durchaus seine Berechtigung. Es gibt drei Erkenntnisse, die daraus gewonnen werden können. Sie sind für die weitere innenpolitische Entwicklung nicht unerheblich.
1. Vor fünf Jahren, im März 2019, also vor Pandemie und Ibiza-Video, erreichte die ÖVP 47,5 Prozent der Stimmen. Wie die Differenz dazu am Sonntag ausfällt, kann als Maßstab genommen werden, welche Verluste die ÖVP nach all den Turbulenzen seit 2019 bei den kommenden Wahlgängen zu erwarten hat.
2. Nach der Salzburger Landtagswahl im Vorjahr hat der überraschende Schwenk von ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer zur Koalition mit der FPÖ Erstaunen ausgelöst. Es wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass Haslauer – anders als seine niederösterreichische Parteifreundin Johanna MiklLeitner – eher seine Position aufgibt, als sich eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen schönzureden. Haslauers Verhalten wurde im Vorjahr mit dem massiven Druck der ÖVP-Bürgermeister in Salzburg erklärt. Diese hätten ihn in Richtung Blau gedrängt, um den lokalen Freiheitlichen nicht zusätzlich Wahlmunition per Ausgrenzung zu liefern. Am Sonntag wird man wissen, ob sich das für die ÖVP-Gemeinden „ausgezahlt“hat oder ob sich der Verlust von Prinzipien doch nicht rentiert.
3. Die Aufregung um die Wahlchancen der KPÖ plus in der Stadt Salzburg und jener des Spitzenkandidaten Kay-Michael Dankl, in die Stichwahl um das Bürgermeisteramt zu kommen, ist groß. Sie wird von der Erwartung ausgelöst, dass Wähler aus den bürgerlichen Schichten (wie in Graz) aus Protest gegen manche Zustände in der Festspielstadt Dankl und der KPÖ plus ihre Stimmen geben werden. Sollte sie berechtigt sein, wird ein Einzug der Kommunisten in den Nationalrat nicht mehr von der Hand zu weisen sein. Das wird bedeuten: Gewissen Wählerschichten sind die internationale Reputation Österreichs und das Image des Landes als unsicherer Kantonist in Bezug auf Russland völlig egal. Da werden keine Beschwichtigungen in Richtung Wohnungsnot und Gehaltsspenden mehr helfen.
Insofern ist die Botschaft, die die Salzburger Wählerinnen und Wähler am morgigen Sonntag ausschicken werden, wirklich wichtig.
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Am Sonntag wird man wissen, ob sich BlauSchwarz für die ÖVP-Gemeinden „ausgezahlt“hat oder ob sich der Verlust von Prinzipien doch nicht rentiert.