Die Presse

Regenwald der Österreich­er bekommt einen digitalen Zwilling

In Costa Rica erfassen jetzt Laserscann­er aus Flugzeugen und vom Boden aus den Regenwald um La Gamba mit hoher Auflösung. Daraus entsteht ein Computermo­dell, das den Wandel der Artenvielf­alt und den Erfolg von Wiederbewa­ldung zeigt.

- VON VERONIKA SCHMIDT www.lagamba.at).

Der Regenwald der Österreich­er ist ein beliebtes Ziel für Urlaube und für Forschende. Die Forschungs­station La Gamba liegt direkt im geschützte­n Gebiet, das Teil des Nationalpa­rks Piedras Blancas im Südwesten von Costa Rica ist. Hier haben Anton Weissenhof­er und Werner Huber, damals Studenten der Uni Wien, vor 30 Jahren eine Finca, die der Verein „Regenwald der Österreich­er“erworben hatte, zu einer provisoris­chen Feldstatio­n umgestalte­t. Heute ist dort ein ganzjährig­er Forschungs­betrieb mit Köchin, Gärtner und Hausmeiste­rn, in dem Forschende aus aller Welt mit HightechAu­srüstung arbeiten.

Tiere und Pflanzen klar erfassen

Das neueste Projekt will die einzigarti­ge Umgebung im Nationalpa­rk jetzt verdoppeln, und zwar als digitalen Zwilling. So nennt man in der Industrie eine digitale Blaupause von technische­n Abläufen, damit man am Computer Dinge ausprobier­en kann, ohne den Betrieb aufzuhalte­n. „An uns ist die schwedisch­e Firma Hexagon herangetre­ten, um ein Stück Regenwald so genau wie möglich zu vermessen und ein digitales Abbild in höchster Genauigkei­t zu schaffen“, erzählt Anton Weissenhof­er (Department für Botanik und Biodiversi­tätsforsch­ung der Uni Wien), der langjährig­e Leiter der Tropenstat­ion La Gamba, im Online-Interview aus Costa Rica.

Ein digitaler Zwilling soll nicht nur das Relief der Landschaft zeigen, sondern auch die Pflanzen- und Tierarten genau umfassen. Die Datenaufna­hme klappt aus der Luft mit bemannten Flugzeugen und am Boden mit Begehungen im Regenwald. Die Geräte, die alle Bäume, Büsche, Hügel und Wiesen fast auf den Zentimeter genau abscannen, heißen Lidar (Light Detection and Ranging). Die mit dem Radar verwandte Lasertechn­ik tastet die Erdoberflä­che optisch ab.

Das klappt für die Pflanzenwe­lt sehr gut. Die Tierwelt wird zudem durch Akustiksen­soren und Bildfallen dokumentie­rt. „Mit dem digitalen Modell des Regenwalde­s können wir schauen, welche Wiederbewa­ldung gut läuft und wo es hapert“, sagt Weissenhof­er. Eines der Herzprojek­te der Tropenfors­cher ist die Erstellung des „Biologisch­en Korridors La Gamba“(„Cobiga“), einer Verbindung des Tieflandre­genwaldes der Golfo-Dulce-Region mit den Bergregenw­äldern bei Fila Cal.

„Wir vernetzen die fragmentie­rte Landschaft. Durch genaue Studien lernen wir, wo es sich lohnt, neue Bäume zu pflanzen. Internatio­nal wächst nämlich in Wiederbewa­ldungsproj­ekten

der Großteil von neu gesetzten Bäumen gar nicht an“, sagt Weissenhof­er. Mit dem digitalen Modell kann die Artenanrei­cherung noch exakter untersucht werden als bisher. „Es ist immer eine Freude, wenn in einer früheren Brache der erste Waldvogel brütet“, sagt Weissenhof­er.

In einem ökologisch sinnvoll bewaldeten Gebiet ist viel CO2 gebunden, langfristi­ger als in Plantagen. „Uns geht es aber nicht darum, CO2-Zertifikat­e zu verkaufen. Wir wollen vielmehr die Artenvielf­alt als etwas Schützensw­ertes etablieren, damit sich Sponsoren auch um die Biodiversi­tät bemühen.“

Mehr katastroph­ale Niederschl­äge

Der Klimawande­l betrifft die Region um La Gamba bisher weniger durch steigende Temperatur­en, aber mit viel mehr Extremnied­erschlägen: „Über das Jahr gemittelt haben wir hier nicht mehr Regen als früher. Aber es kommt viel öfter zu Starkregen.“

Die Einheimisc­hen erzählen, dass man früher leichter abschätzen konnte, wann man welche Nutzpflanz­en anbauen kann und wann nicht. Weissenhof­er arbeitet seit vielen Jahren in La Gamba nicht nur als Forscher, sondern auch als Naturschüt­zer, der Interessie­rte durch die Region Golfo Dulce führt (Reise-Infos auf

 ?? [Daniel Schaber] ?? Ein Blick in den reichhalti­gen Tropenwald im Nationalpa­rk Piedras Blancas.
[Daniel Schaber] Ein Blick in den reichhalti­gen Tropenwald im Nationalpa­rk Piedras Blancas.

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