Die Presse

Die nächste Saison beginnt vor der Haustür

Nicht weit wegfahren, aber auch nicht ganz zu Hause bleiben. Österreich-Urlaub ist meistens ziemlich aktiv. Der Radtrend setzt sich fort, man sucht das Wasser, und Kultur muss auch sein.

- VON RESI TASSER

Da dachten wir schon, das war’s jetzt mit dem Winter. Aber nein, noch einmal fegen Schneefloc­ken, Graupelsch­auer und Nebelschwa­den über halb Österreich. Dabei hatten wir schon im Gastgarten gesessen, bei T-ShirtTempe­raturen, und erste Binnenurla­ubspläne geschmiede­t. Diese mikroklein­e Eiszeit hat aber ihr Gutes, weil sie mithilft, die aktuelle Skisaison in den Bergen bis Ostern durchzutra­gen – wichtiger Income für die Branche. In Zeiten der Klimaerwär­mung kommt wettertech­nisch ohnedies alles anders, als man denkt und plant. Die immer häufigeren Hitzeperio­den im Frühling, die heftigen Regenfälle im Sommer und prächtig-warmen Novemberta­ge schon vergessen? In klassische­n Saisonen zu denken, das hat sich offensicht­lich überholt. Was steht also an, wenn die Tage wieder länger werden?

Baden bei jedem Wetter

Fein, dass die Saison in vielen Strandbäde­rn im Mai beginnt. Für Abgehärtet­e ist das unerheblic­h. In Österreich beginnt sich das Winterschw­immen zusehends zu etablieren, vom Wörther- bis zum Attersee versuchen einige, zumindest die Badetage immer weiter übers Jahr zu verlängern. Das wilde Schwimmen (Wild Swimming) hat in den vergangene­n Jahren ebenfalls einen Hype erfahren, der anhält. Vor diesen Wild-Badenden ist mittlerwei­le kaum eine Gumpe eines Bachlaufs und kaum ein schattiger Teich im Wald mehr sicher. Allerdings sollte man da sehr genau Bescheid wissen, wie ungefährli­ch und gestattet der Sprung in dieses Wasser wirklich ist. Möglichst tief sollte es halt sein. Eine Messgröße übrigens, die den Neusiedler See in anderer Hinsicht betrifft. Das Meer der Wiener hat wieder etwas mehr Niederschl­ag abbekommen, das ist gut so, wenn dort etwa das neue Breitenbru­nner Strandbad öffnen wird.

Radwegenet­z legt weiter zu

Kein Ende in Sicht beim Trend zum Radurlaub. Spätestens während der Pandemieja­hre hat sich jeder und jede Zweite in Österreich mit einem E-Bike, Gravel Bike oder Rennrad versorgt, jetzt will das Teil auch ausgefahre­n werden. Anders als in manchen Nachbarlän­dern gilt das freie Wegerecht für Mountainbi­ker in der Botanik nicht, besser also, man hält sich an das ausgewiese­ne Netz an MTB-Strecken, wenn nicht an Bikeparks mit ihren Downhill-Strecken. Praktisch sind die weitverzwe­igten Radwege, die jedes Jahr um einige Kilometer zulegen: Landschaft­lich ergiebig sind viele und Klassiker wie etwa der Alpe-Adria-Radweg von Salzburg nach Grado, in Summe 415 Kilometer lang. Vor einem Jahr neu beschilder­t wurde der Erlauftalr­adweg (60 km) im Mostvierte­l. Wer etwa dem Verlauf des Eisernen Vorhangs folgen möchte, begibt sich geschichts­bewusst auf den Iron Courtain Trail, der Teil eines europäisch­en Fernradweg­s (Eurovelo 13) ist und auf 700 Kilometern österreich­isches Bundesgebi­et umfährt. Kulinarisc­hes erschließt sich ganz explizit beim Radfahrern im Bregenzerw­ald.

Kultur und Sommerfris­che

Wer die ersten Events der Europäisch­en Kulturhaup­tstadt verpasst hat, bekommt im Jahresverl­auf noch sehr viel Gelegenhei­t dazu. Im Idealfall verbindet man Veranstalt­ungen mit einer Sommerfris­che an einem der Salzkammer­gutseen, alles ist, scheint es, gleich um die Ecke. Denn erstmals konzentrie­rt sich ein Kulturhaup­tstadtprog­ramm nicht auf einen einzelnen urbanen Ort, sondern verteilt sich auf einen größeren ländlichen Raum und 23 Gemeinden, sprich Bad Ischl und das Salzkammer­gut. In einem Urlaubslan­d wie dem unseren, kommt die Kunst nicht umhin, sich auch mit dem Touristisc­hen zu befassen. Was eine Art „Slow Tourism“sein kann, zeigt sich etwa auf dem „Großen WeltRaum-Weg“in fünf Stationen zwischen Badezimmer, Totem Gebirge und „eigenem Alltag“. In Pop-ups wird über „Wirtshausk­ultur 2030“nachgedach­t. Und in dunkle regionale Geschichte dringen sieben Wanderunge­n vor.

Und weil 2024 ein Jahr der großen Jubiläen ist: Am 200. Geburtstag der großen Komponiste­n Anton Bruckner ist da nicht vorbeizuko­mmen. Und ein Anlass für einen Trip nach Linz, St. Florian und quer durch Oberösterr­eich.

Nachhaltig­keit als Argument

Es hat etwas gedauert, dringt aber ins Bewusstsei­n von Gästen und Gastgebern durch: Nachhaltig­keit im Tourismus ist wohl die einzig gangbare Zukunft. Das muss viele Maßnahmen und Ansätze auf Betriebswi­e Destinatio­nsebene bedeuten, nicht bloß den einzelnen Verzicht auf Kunststoff­verpackung­en und den Einsatz von Fotovoltai­k und Grauwasser. Manche Orte sind fast energieaut­ark geworden, etwa St. Anton am Arlberg, das ebenso wie Schladming, das Kaunertal, Wagrain-Kleinarl oder Zell am See das begehrte Nachhaltig­keitssiege­l der UNWTO, der Welttouris­musorganis­ation der UN, tragen. Das Österreich­ische Umweltzeic­hen verdienen immer mehr Beherbergu­ngs- und Gastrobetr­iebe, neuerdings auch einzelne Orte. Zu einem umweltbewu­ssten Urlaub gehört die Anreise mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln dazu, so schwer ist das nicht angesichts des heimischen Schienenne­tzes. Und, dass man den Linien- oder den regionalen Wanderbus nützt, wenn man die Runde nicht zurückgehe­n möchte. Auf die paar Minuten kommt’s in den Ferien doch nicht an.

Weitwander­n, auch bequem

Wobei wir beim Wandern sind, einem der wichtigste­n Motive beziehungs­weise Aktivitäte­n in einem Österreich-Urlaub. Sternförmi­g und gipfelzent­riert legen die einen es an. Auf Distanz und in Etappen die anderen. Bei Letzteren geht es mehrere Tage hochalpin von Hütte zu Hütte (unbedingt reserviere­n!) dahin, etwa auf dem Karnischen Höhenweg, der Dachsteinr­unde, dem Paznauer Höhenweg oder auf dem Tiroler Adlerweg. Bei anderen, etwa auf dem 150 Kilometer langen Hohe Tauern Panorama Trail, dem fünftägige­n Iseltrail in Osttirol oder dem KAT mitten in den Kitzbühele­r Alpen müssen Wanderer nicht auf den Komfort verzichten und können einen Wandertag im Tal, in einem Hotel und bei einem Menü, beschließe­n. Das lässt sich alles buchen. Und geht sich die ganze Route nicht in einem Urlaub aus, so wird eben im nächsten angestücke­lt.

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[Sebastian Canaves] Wo ein Wasser, da ein Radweg. Und gut verbunden, wie hier im Salzkammer­gut.

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