Das private Paradies der gelesenen Bücher
Mit bibliophilen Schätzen zu leben ist nicht nur den öffentlichen Bibliotheken vorbehalten. Wer sich den Lesestoff nach Hause holt, braucht praktische Lösungen und ein wenig Erfindergeist.
Das Paradies, so schreibt der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges, habe er sich immer als eine Art Bibliothek vorgestellt. Und tatsächlich wohnt den teilweise pompösen Schatzkammern des schier unendlichen Wissens – man denke etwa an den barocken Lesesaal der Stiftsbibliothek Admont – eine besondere Atmosphäre inne. So besonders, dass sich viele in den Räumen mit deckenhohen Regalen am liebsten stundenlang aufhalten und in den Büchern schmökern möchten.
Nicht wenigen ist dieser Reiz einer öffentlich zugänglichen Bibliothek ein Begriff. Oft seien diese durch eine Rasterdecke und Holzoberflächen geprägt, weiß Architekt Christoph Falkner von Swap Architektur. So auch die vom Wiener Büro geplante Bibliothek im Ilse-Wallentin-Haus an der Universität für Bodenkultur Wien (Boku) – mittlerweile der Lieblingsplatz vieler Studierender. „Wir wollten einen ruhigen Ort schaffen, an dem Themen der Natur umgeben von Natur studiert werden können“, erzählt Falkner. Diese besondere Atmosphäre kann in kleinerer Form aber auch in den privaten Bereich übertragen werden, ist der Architekt überzeugt.
20 Prozent größer denken
Natürlich hätten nur die wenigsten einen eigenen Raum für Bücher zur Verfügung, meint Martin Steininger, Leiter des Büros Steininger.Designers aus Oberösterreich. Wo und auf welche Art Bücherregale ihren idealen Standort finden können, dafür brauche es individuelle Konzepte. Meist sei der Wohnbereich, manchmal auch der Schlafbereich der passende Ort. Die Varianten sind zudem vielfältig und reichen von hohen, ganze Wandflächen umfassenden Lösungen über in Türen integrierte, ineinander verschiebbare Regale hin zu maßangefertigten Raumtrennern oder zusammengesetzten Lösungen in Modulsystemform. Bei der Planung sollte man jedoch „um 20 Prozent großzügiger denken“, betont Steininger. „Wer Bücher liebt, wird sie ein Leben lang sammeln.“Anfängliche freie Lücken ließen sich ohnehin gut mit Deko-Elementen füllen.
Lesestoff hinterlüften
Die Anzahl der Bücher sowie auch deren kumuliertes Gewicht werden oft unterschätzt. Große Regale und Regalsysteme sollten darum von Profis aufgebaut und, wenn raummittig geplant, gut verankert werden. Ab einer gewissen Menge an Lesestoff braucht es statisches Wissen, sagt Steininger. Ein weiterer Tipp: direktes Sonnenlicht vermeiden, da sonst Buchrücken und Drucke ausbleichen könnten. Ebenso sollte man für eine gleichmäßige Luftfeuchtigkeit und gute Luftzirkulation im Raum sorgen, meint Steininger: „Bücher saugen Feuchtigkeit auf wie ein Schwamm. Das kann sie beschädigen oder zu Schimmelbildung führen.“Auch sollte die Zirkulation der Luft gewährleistet sein, denn „Bücher gehören hinterlüftet“, so der Experte.
Aber nicht nur die Regallösung, auch der nahe gelegene Ort, an dem es zum Lesegenuss kommt, sollte gut geplant werden, rät Dominik Petz, Geschäftsführer der Tischlerei Ecker und Ecker. Schließlich wolle ja niemand durch die ganze Wohnung wandern müssen, um sein Buch lesen zu können. In seinen Augen brauche es nicht viel für den gemütlichen Leseplatz: helles, warmes und keinesfalls grelles Licht, das idealerweise bereits in die Bücherwandfläche verbaut oder zumindest mit darauf gerichmit teten Spots ausgestattet ist, eine gemütliche Sitzgelegenheit mit Fußstütze und ein kleines Tischchen als Ablagefläche.
Bookshelf Wealth auf TikTok
Gerade große Bücherregale erscheinen filigraner, wenn die Farbe an jene der Wand angepasst werde. Das stelle auch mehr den Inhalt in den Fokus. „Aber auch ein Regal in knalligem Pink kann ein Statement sein“, so Petz. Ähnlich viele Auswahlmöglichkeiten gibt es beim Material: von Glas in Kombination Metall, mit Effektfarbe gespachtelten Flächen über mitteldichte Faserplatten bis zu Vollholz.
Übrigens wird die individuelle Gestaltung der Heimbibliothek auch auf TikTok gefeiert und hat die hippe Bezeichnung „Bookshelf Wealth“, zu Deutsch: BücherregalSchatz, erhalten. Das Bücherregal wird dabei zum Schaufenster der eigenen Individualität, die (tatsächlich gelesenen) Bücher sollten nicht elegant drapiert, sondern zufällig angeordnet werden. Für ein authentisches Paradies zu Hause.