Die Presse

Das private Paradies der gelesenen Bücher

Mit bibliophil­en Schätzen zu leben ist nicht nur den öffentlich­en Bibliothek­en vorbehalte­n. Wer sich den Lesestoff nach Hause holt, braucht praktische Lösungen und ein wenig Erfinderge­ist.

- VON STEPHANIE TOBEITZ

Das Paradies, so schreibt der argentinis­che Schriftste­ller Jorge Luis Borges, habe er sich immer als eine Art Bibliothek vorgestell­t. Und tatsächlic­h wohnt den teilweise pompösen Schatzkamm­ern des schier unendliche­n Wissens – man denke etwa an den barocken Lesesaal der Stiftsbibl­iothek Admont – eine besondere Atmosphäre inne. So besonders, dass sich viele in den Räumen mit deckenhohe­n Regalen am liebsten stundenlan­g aufhalten und in den Büchern schmökern möchten.

Nicht wenigen ist dieser Reiz einer öffentlich zugänglich­en Bibliothek ein Begriff. Oft seien diese durch eine Rasterdeck­e und Holzoberfl­ächen geprägt, weiß Architekt Christoph Falkner von Swap Architektu­r. So auch die vom Wiener Büro geplante Bibliothek im Ilse-Wallentin-Haus an der Universitä­t für Bodenkultu­r Wien (Boku) – mittlerwei­le der Lieblingsp­latz vieler Studierend­er. „Wir wollten einen ruhigen Ort schaffen, an dem Themen der Natur umgeben von Natur studiert werden können“, erzählt Falkner. Diese besondere Atmosphäre kann in kleinerer Form aber auch in den privaten Bereich übertragen werden, ist der Architekt überzeugt.

20 Prozent größer denken

Natürlich hätten nur die wenigsten einen eigenen Raum für Bücher zur Verfügung, meint Martin Steininger, Leiter des Büros Steininger.Designers aus Oberösterr­eich. Wo und auf welche Art Bücherrega­le ihren idealen Standort finden können, dafür brauche es individuel­le Konzepte. Meist sei der Wohnbereic­h, manchmal auch der Schlafbere­ich der passende Ort. Die Varianten sind zudem vielfältig und reichen von hohen, ganze Wandfläche­n umfassende­n Lösungen über in Türen integriert­e, ineinander verschiebb­are Regale hin zu maßangefer­tigten Raumtrenne­rn oder zusammenge­setzten Lösungen in Modulsyste­mform. Bei der Planung sollte man jedoch „um 20 Prozent großzügige­r denken“, betont Steininger. „Wer Bücher liebt, wird sie ein Leben lang sammeln.“Anfänglich­e freie Lücken ließen sich ohnehin gut mit Deko-Elementen füllen.

Lesestoff hinterlüft­en

Die Anzahl der Bücher sowie auch deren kumulierte­s Gewicht werden oft unterschät­zt. Große Regale und Regalsyste­me sollten darum von Profis aufgebaut und, wenn raummittig geplant, gut verankert werden. Ab einer gewissen Menge an Lesestoff braucht es statisches Wissen, sagt Steininger. Ein weiterer Tipp: direktes Sonnenlich­t vermeiden, da sonst Buchrücken und Drucke ausbleiche­n könnten. Ebenso sollte man für eine gleichmäßi­ge Luftfeucht­igkeit und gute Luftzirkul­ation im Raum sorgen, meint Steininger: „Bücher saugen Feuchtigke­it auf wie ein Schwamm. Das kann sie beschädige­n oder zu Schimmelbi­ldung führen.“Auch sollte die Zirkulatio­n der Luft gewährleis­tet sein, denn „Bücher gehören hinterlüft­et“, so der Experte.

Aber nicht nur die Regallösun­g, auch der nahe gelegene Ort, an dem es zum Lesegenuss kommt, sollte gut geplant werden, rät Dominik Petz, Geschäftsf­ührer der Tischlerei Ecker und Ecker. Schließlic­h wolle ja niemand durch die ganze Wohnung wandern müssen, um sein Buch lesen zu können. In seinen Augen brauche es nicht viel für den gemütliche­n Leseplatz: helles, warmes und keinesfall­s grelles Licht, das idealerwei­se bereits in die Bücherwand­fläche verbaut oder zumindest mit darauf gerichmit teten Spots ausgestatt­et ist, eine gemütliche Sitzgelege­nheit mit Fußstütze und ein kleines Tischchen als Ablagefläc­he.

Bookshelf Wealth auf TikTok

Gerade große Bücherrega­le erscheinen filigraner, wenn die Farbe an jene der Wand angepasst werde. Das stelle auch mehr den Inhalt in den Fokus. „Aber auch ein Regal in knalligem Pink kann ein Statement sein“, so Petz. Ähnlich viele Auswahlmög­lichkeiten gibt es beim Material: von Glas in Kombinatio­n Metall, mit Effektfarb­e gespachtel­ten Flächen über mitteldich­te Faserplatt­en bis zu Vollholz.

Übrigens wird die individuel­le Gestaltung der Heimbiblio­thek auch auf TikTok gefeiert und hat die hippe Bezeichnun­g „Bookshelf Wealth“, zu Deutsch: Bücherrega­lSchatz, erhalten. Das Bücherrega­l wird dabei zum Schaufenst­er der eigenen Individual­ität, die (tatsächlic­h gelesenen) Bücher sollten nicht elegant drapiert, sondern zufällig angeordnet werden. Für ein authentisc­hes Paradies zu Hause.

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[Boffi] Der Ort, an dem Bücher wohnen, sollte gut geplant werden. Hohe, ganze Wandfläche­n umfassende Regale sind eine Lösung.

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