Das Gute an der Pause
High Performance braucht Regeneration. Sportler haben das verinnerlicht. Im Arbeitsalltag aber wird das gern vergessen.
Vermutlich gibt es keine validen Zahlen dazu. Gefühlt aber gelten die Raucher in den Unternehmen als die Bestinformierten: Bei ihren Pausen lassen sich Neuigkeiten offenbar besonders gut austauschen. Zahlen gibt es hingegen, was Unternehmen Rauchpausen kosten. An der Ohio State University errechnete man 2019: rund 4600 Euro pro Person und Jahr für den Weg zur Raucherzone, das Rauchen und den begleitenden Plausch. Zwei Wochen weniger würden die regelmäßig rauchenden Mitarbeitenden im Schnitt pro Jahr arbeiten, erhob das Meinungsforschungsinstitut YouGov im vergangenen Dezember in Deutschland.
An der Universität Zürich wiederum erhob man, dass rauchende Mitarbeitende produktiver seien und eher befördert werden. Weil sie mehr und kürzere Pausen machen. Doch um diese einzulegen, muss man nicht der Raucherfraktion angehören.
Individuelle Pausenkultur ist das Stichwort, das man auch beim Kinder- und Jugendfahrradhersteller Woom lebt. Im neuen, kürzlich bezogenen Headquarter in Wien findet man daher weder Wutzler noch Tischtennistisch. Hingegen gebe es im Erdgeschoß, nicht nur in der Lunch Area, sondern auch im großen Experience Center, jede Menge Sitzgelegenheiten – zum Arbeiten, aber auch zum Rasten, wie HR-Chefin Valerie Ferencic erklärt. Ihren Leuten soll es „gut gehen. Sie sollen Pausen machen, dort wo und dann, wenn es für sie passt.“Denn auch sonst räume man den Mitarbeitenden Freiräume und Selbstverantwortung ein, wie sie ihre Aufgaben erledigen. Und manchmal gebe es auch eine Einladung zum „Running Lunch“mit der Geschäftsführung – oder zum gemeinsamen Radfahren.
Auch einmal länger weg
In manchen Unternehmen können Mitarbeitende auch längere Pausen einlegen, wenn sie eine Auszeit brauchen. Verteilt auf drei Monate zwei Monate mehr arbeiten und einen Monat komplett pausieren etwa lautet das Angebot der Erste Digital, sagt Alexandra Eichberger, Head of People & Culture. „Die Kolleginnen und Kollegen nutzen das aus unterschiedlichen Motiven“, sagt sie. Aufgrund der familiären Situation, wegen einer Ausbildung oder auch um einen längeren Urlaub zu machen. „High Performance braucht eben Regeneration“, fasst sie zusammen, es sei wie bei den Sportlern.
Von denen könne man lernen, finden auch die Erholungsforscher der Med-Uni Wien. Sie haben vor einiger Zeit „Tipps für die richtige
Arbeitspause“zusammengefasst:
• Spätestens alle zwei Stunden eine kurze Pause machen.
• Besser kürzere, aber dafür häufigere Pausen: Ideal sind jeweils fünf bis zehn Minuten Pause nach ein bis zwei Stunden Arbeit.
• Fixe Rituale helfen. Zum Beispiel eine Obstpause am Vormittag oder ein, zwei kleine Kaffeepausen am Nachmittag.
• Und ganz wichtig: Für Pausen sollte man nicht warten, bis man vor Erschöpfung nicht mehr kann. Denn dann ist es eigentlich schon zu spät. Vielmehr sollten Pausen nach Abschluss einer Arbeit oder spätestens bei ersten Ermüdungszeichen gehalten werden.
Nichtstun – gar nicht so einfach
Die Autorin Andrea Gerk („Pause! Das kleine Glück dazwischen“, Kein + Aber, 204 Seiten, 17,95 Euro) meint, dass Mitarbeitenden mitunter die Energie fehle, eine echte Pause zu machen. Stattdessen würden viele diese wertvollen Minuten verplempern – sehr oft mit Scrollen in den Social-Media-Kanälen.
Sie rät nicht nur zu Pausen: Die würden, wie sie meint, ja ohnehin „der Wiederherstellung der Arbeitskraft“dienen. Selbst sie würden einer Verwertungslogik unterliegen. Wozu sie aufruft, ist das (gelegentliche) Nichtstun. Doch das sei vielen zu anstrengend.
Über Unternehmens- und Pausenkultur wird auch bei den Klubabenden der HR-Lounge gesprochen. Josef Buttinger lädt am 13. März wieder zu einem Treffen der HR-Leiterinnen und -Leiter ein: