Die Presse

Die Revolution der Danklroten

Der Linksruck in der Stadt Salzburg ist beachtlich. Allerdings sollte man bei Kommunalwa­hlen dann schon auch die Kirche im Dorf lassen.

- VON OLIVER PINK E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

Angesagte Revolution­en finden doch statt. Das war in Graz so, in Salzburg ist sie allerdings noch nicht ganz durch. Die Dunkelrote­n – oder besser gesagt: die Danklroten – haben jedenfalls einmal einen beachtlich­en Erfolg erzielt. KPÖ-Spitzenkan­didat Kay-Michael Dankl hat es in die Stichwahl geschafft. Dort wartet mit Bernhard Auinger ein Sozialdemo­krat. Ein Linksruck an der Salzach.

Für die ÖVP, die bisher den Bürgermeis­ter stellte, der nun aber nicht mehr antrat, ist es eine herbe Niederlage. Die Warnung vor dem Kommunismu­s der KPÖ plus hat nicht verfangen. Der ÖVP trauen die Wähler die Führung der Stadt Salzburg offenbar nicht mehr zu. Und wieder einmal zeigt sich in Salzburg auch: Gewinnt die KPÖ, verlieren die Neos. So skurril das auch anmuten mag.

Wobei man bei Gemeindera­tswahlen freilich die Kirche im Dorf lassen sollte. Die Bundespoli­tik ist weit weg. Wiewohl es 2019 noch hieß, das gute Ergebnis der Volksparte­i bei den Salzburger Gemeindera­tswahlen sei auch auf den bundespoli­tischen Rückenwind auf dem Höhepunkt der Kurz-Ära zurückzufü­hren gewesen. Allerdings war das noch vor Corona. Seither ist viel Vertrauen in die Regierende­n, auch auf kommunaler Ebene, verloren gegangen. Wobei es der ÖVP in der Gesamtwert­ung der Salzburger Gemeinden doch gelungen ist, ihr hohes Niveau halbwegs zu halten.

Die bundespoli­tischen Auswirkung­en dieser Wahl werden sich ebenso in Grenzen halten. Die KPÖ kann im Bund nicht die Wohn-Caritas geben wie die vor Ort aktiven Salzburger oder Grazer Genossen. Und Glaubwürdi­gkeit muss man auch erst erarbeiten. Ohne Ernest Kaltenegge­r, den Peppone im Geiste Don Camillos, wäre das Wunder an der Mur ebenso wenig möglich gewesen wie in weiterer Folge jenes an der Salzach. Die Salzburger Kommuniste­n haben von den steirische­n Kommuniste­n jahrelang Entwicklun­gshilfe erhalten. Wiewohl sie mit Kay-Michael Dankl selbst über einen eloquenten Frontmann verfügen. Er ist allerdings auch in Graz geboren.

Was folgt, ist die Wahl in Innsbruck am 14. April. Auch hier gilt: Eine Gemeindera­tswahl ist eine Gemeindera­tswahl. Für die Grünen, die auf Bundeseben­e in den Umfragen miserabel liegen, ist die Chance intakt, mit Georg Willi den Bürgermeis­ter zu behaupten. Wenn so etwas wie ein bundespoli­tisches Lüfterl weht, dann schadet es der ÖVP mit Spitzenkan­didat Florian Tursky – neben einer Parteiabsp­altung – und nützt der FPÖ mit Spitzenkan­didat Markus Lassenberg­er.

Aussagekrä­ftiger wird die EU-Wahl im Juni werden. Ein FPÖ-Erfolg bei einer Wahl, die an sich nie sonderlich attraktiv für EU-kritische potenziell­e FPÖ-Wähler war, wäre ein klares Signal für die Nationalra­tswahl im Herbst. In der ÖVP gibt es dazu zwei Denkschule­n: Die einen sind der Meinung, wenn sich unzufriede­ne Wähler bei der EU-Wahl abreagiert hätten, dann wären sie für die ÖVP bei der Nationalra­tswahl wieder zu gewinnen. Die andere Denkschule glaubt nicht daran, sondern vielmehr: Eine Niederlage bei der EU-Wahl würde die ÖVP nachhaltig ins Schlingern bringen, Spitzenkan­didatendeb­atte inklusive.

Magnus Brunner und Karoline Edtstadler würden dann vermutlich in Stellung gebracht. Ob sie das selbst nun wollen oder nicht. Man kann aber davon ausgehen: Wenn die Partei ruft, würden sie sich dem nicht verschließ­en. In der SPÖ würde der Parteichef im Falle einer Niederlage bei der EU-Wahl wohl bleiben – aber eben angeschlag­en, wenn nicht gar angezählt. Reinhold Lopatka und Andreas Schieder entscheide­n über das Schicksal von Karl Nehammer und Andreas Babler. Für Hurra-Europäer könnte das sogar als gute Nachricht durchgehen: Von so politische­r Bedeutung war die EU-Wahl im Nationalst­aat Österreich noch nie.

In Salzburg-Stadt steht in zwei Wochen die Stichwahl an: Bernhard Auinger, nun mit leichten Verlusten gegenüber der vorhergehe­nden Wahl, geht als Erster ins Rennen. Kay-Michael Dankl, nunmehr mit einem satten Plus, hat jedoch das Momentum auf seiner Seite. Entscheide­nd wird sein, wem die ÖVP- und die FPÖWähler ihre Stimme geben werden: den Roten oder den Dunkelrote­n.

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