Was, wenn man 1980 Silber gekauft hätte?
Manche Werte erholen sich jahrzehntelang nicht von einem Absturz. Warum einen das trotzdem nicht vom Investieren abhalten sollte.
Anfang der 1970er-Jahre war eine Feinunze Silber (31,1 Gramm) um zwei Dollar zu haben. Dann hob US-Präsident Richard Nixon die Bindung des Dollar an Gold auf, und zusammen mit Gold begann auch Silber zu steigen. Zuerst langsam. 1979 kletterte der Silberpreis erstmals über zehn Dollar. Dann schnellte er urplötzlich in die Höhe, um Anfang 1980 bei über 50 Dollar Halt zu machen und wieder abzustürzen. 1982 erhielt man eine Feinunze Silber wieder für etwa fünf Dollar.
Was war passiert? Nelson und William Hunt, Erben einer ÖlmagnatenFamilie, hatten in großem Stil auf einen steigenden Silberpreis gewettet. Zum einen, indem sie mehr als 100 Millionen Unzen Silber kauften, zum anderen, indem sie in noch größerem Stil Terminkontrakte erwarben, sich also verpflichteten, Silber zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem fixen Preis zu kaufen, in der Hoffnung, dieses werde dann mehr wert sein. Zunächst ging alles gut. Der Silberpreis stieg wirklich, und nicht nur die Hunts wurden kurzfristig reich. Zahlreiche Kleinanleger sprangen auf den Zug auf und setzten ebenfalls auf einen steigenden Silberpreis.
Doch gab es auch das Gegenteil: Viele Menschen ließen Silberbesteck oder Schmuck einschmelzen und erhöhten das Angebot an Silber – was nicht gut für den Preis war. Schon bald wurden Zweifel an der Nachhaltigkeit des Booms laut, es gab Gerüchte, dass die Hunt-Brüder nur den Markt beherrschen wollten. Die Terminbörse Comex verschärfte die Regeln, und die Hunts mussten einen Teil ihrer Kontrakte verkaufen. Auch die Kleinanleger stießen ihr Silber wieder ab, eine Abwärtsspirale kam in Gang, von der sich der Silberpreis nie mehr ganz erholt hat. Jahrzehntelang dümpelte der Preis bei fünf Dollar herum, nur einmal, 2011, kratzte er wieder an seinem alten Rekord. Zuletzt kostete eine Feinunze 24 Dollar.
Goldanleger erwischte es nicht ganz so schlimm. Der Preis kletterte von 37 Dollar im Jahr 1971 auf 850 Dollar im Jahr 1980. Dann stürzte er ab und blieb jahrzehntelang unter der Marke von 500 Dollar je Feinunze. Erst 2007 erreichte er seinen alten Rekord. Doch inzwischen steht er bei 2150 Dollar.
Gleiches tat der japanische Aktienmarkt, der 34 Jahre gebraucht hat, um nach einem Höhenflug in den 1980erJahren und einem tiefen Absturz wieder einen Rekord einzustellen. Einzelaktien, auch solche, deren Unternehmen relativ gut aufgestellt sind, haben das zum Teil nie wieder geschafft: So hat sich die Cisco-Aktie zwischen 1990 und 2000 fast vertausendfacht. Danach stürzte sie ab und liegt noch immer ein gutes Drittel unter ihrem Rekordhoch.
Sind diese Investments gescheitert? Wohl kaum. Wer seit 1990 zu einem beliebigen Zeitpunkt Cisco-Aktien gekauft hat, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit im Plus. Nur kurz waren die Zeiträume, in denen der Preis so stark übertrieben hatte. Bei Silber schaut es ähnlich aus. Auch wenn das Edelmetall kein Überflieger ist: Nur Anfang 1980, in den Jahren 2011 und 2012 sowie in einigen Phasen seit 2021 war Silber noch teurer als heute.
Die Tatsache, dass der Preis eines Vermögenswerts abstürzen und sich nie mehr erholen kann, sollte einen nicht vom Investieren abschrecken. So etwas kann passieren, ist aber nur dann wirklich schlimm, wenn man sein ganzes Geld zu einem einzigen Zeitraum in einen einzigen Wert gesteckt hat. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte das nicht tun.
Die Brüder Hunt trieben in den 1970erJahren den Silberpreis in lichte Höhen – und scheiterten schließlich.