Sind nur noch KI-Aktien spannend?
Generative künstliche Intelligenz (KI), die Reden schreibt und Bilder malt, erlebt gerade einen gigantischen Durchbruch. Aktien, die mit KI in Verbindung gebracht werden, steigen. Andere werden links liegen gelassen – zu Recht?
Wien. Die „Magnificent Seven“, jene sieben großen Technologieaktien, die im Vorjahr die Indizes dominiert haben (Microsoft, Apple, Nvidia, Amazon, Alphabet, Meta und Tesla), gibt es nicht mehr. Zumindest sind sie kein einheitlicher Block mehr. Während Tesla und Apple heuer im zweistelligen Prozentbereich nachgegeben haben, ist Nvidia um weitere 85 Prozent gestiegen, Meta um 45 Prozent. Der Grund heißt künstliche Intelligenz (KI). Aktien mit KI-Image werden gekauft. Nvidia, der Zwei-Billionen-Dollar-Konzern, habe ein Quasi-Monopol bei jenen Prozessoren, die man für KI-Anwendungen benötigt, stellte Ralph Kink von Allianz Global Investors auf dem diesjährigen Fondskongress in Wien fest.
KI-Start-ups in Europa
Facebook-Mutter Meta biete OpenSource-KI für alle, Microsoft punkte mit Chap GPT, Copilot und anderen KI-Anwendungen. Google, das bis zu zwei Milliarden Dollar in das KI-Start-up Anthropic investieren will, hält der Experte für „technologisch unterschätzt“, was KI betrifft. Bei den Elon-Musk-Unternehmen Tesla und X.AI komme ebenfalls viel KI-Know-how zusammen. In Europa gebe es auch kleinere KIFirmen mit großem Potenzial, etwa das Heidelberger Unternehmen Aleph Alpha oder das französische Start-up Mistral AI (beide sind noch nicht börsenotiert).
Das Thema künstliche Intelligenz (KI) sei zweifellos ein Hype, aber eben nicht nur, meinte Kink. Hatte in den vergangenen zehn Jahren vor allem traditionelle KI bei Mustererkennung oder Betrugsverhinderung im Finanzbereich eine Rolle gespielt, so erlebe gerade die generative KI – das ist jene, die eigenständig Texte schreibt, Gespräche führt und Bilder erstellt – einen Durchbruch. Und dieser vollziehe sich in einem rasanten Tempo, was man erkenne, wenn man die verschiedenen Versionen des Chatbots Chat GPT oder des KI-KunstErstellungsprogramms Midjourney vergleiche: Diese Programme hätten sich binnen weniger Monate enorm verbessert.
Assistenz beim Reisen
Zukünftig würden KI-Anwendungen Assistenzdienstleistungen bieten (Reisen samt Flug und Tisch im Restaurant buchen, Input bei Konferenzen liefern etc.), aber auch etwa in der Krebsmedizin eingesetzt werden. Profitieren würden nicht nur Unternehmen, sondern ganze Volkswirtschaften, die durch KI einen Wachstumsschub erfahren, unter anderem solche mit ungünstiger Demografie wie Japan: Dort sei der Hebel besonders groß.
Doch was ist mit den Unternehmen, die nicht so stark von KI profitieren? Im Technologiefonds der DNB versuche man, nicht nur auf Megatrends wie KI zu setzen, sagte DNB-Experte Mike Judith. Von Apple und Tesla habe man sich aber bereits nach dem PandemieHype getrennt. Apple leide darunter, dass Smartphones seltener ersetzt werden, auch das China-Geschäft sei gefährdet ; chinesische
Staatsbedienstete dürften etwa gar nicht mit dem iPhone arbeiten. Die Datenbrille von Apple habe noch nicht das Zeug, um wirklich disruptiv zu sein. Indes gebe es Technologiebereiche, die ebenfalls interessant, aber weniger gehypt seien: Der Fonds setzt hier etwa auf die Deutsche Telekom oder die skandinavischen Konzerne Nokia und Ericsson mit ihren hohen Patentportfolien. Von den Magnificent Seven hält man noch Microsoft, Meta, Alphabet und Nvidia, nicht aber Tesla, Amazon und Apple. Microsoft gelinge es derzeit so gut wie kaum einem Unternehmen, den KI-Trend zu monetarisieren. viele Unternehmen, die alle das Gleiche taten, etwa Banken, und die großen Chancen waren nicht dabei“, erzählte Portfolio-Manager Peter Moeschter. Man habe viele Aktien mit niedrigem Kurs-Gewinn-Verhältnis und einem KursBuchwert-Verhältnis von eins gehabt, gestiegen seien diese Aktien aber kaum.
Volatilität versus Demografie
Also habe man Qualität anders definiert und versucht, die besten Ideen zum richtigen Preis zu kaufen. Und so hat man jetzt neben Shell, Unilever und Continental auch Alphabet, Amazon und Microsoft. Vom KI-Boom sollten aber auch reine Fertiger von Chips und Prozessoren profitieren wie TSMC. Auch schätze man Unternehmen, die gerade ein Problem hätten, das sie aber lösen würden. So habe man während der Pandemie Anteile am Luftfahrtzulieferer Rolls-Royce erworben.
Die Frage bleibt dennoch: Sind Investments in künstliche Intelligenz, Robotik und Kryptowährungen nicht zu riskant und zu volatil, um etwa für die Altersvorsorge herangezogen zu werden? Nicht unbedingt, meinte Stefan Otto von WWK Lebensversicherungen. Es werde viel zu viel auf Volatilität geschaut, welche aber bei langen Zeiträumen eine viel geringere Rolle spiele als die Risiken der Inflation oder der Demografie. Je jünger Anleger seien, desto mehr volatile Megatrends würden sie im Depot vertragen.