Was für Europas Ölaktien spricht
Europäische Energiekonzerne werden laut der Deutschen Bank mit einem Abschlag zu den US-amerikanischen Pendants gehandelt. Das bietet Anlegern Chancen.
Einmal mehr rückten die Ölmärkte in den Fokus. Anfang März trafen Mitglieder des internationalen Ölkartells Opec mit Verbündeten, zu denen etwa Russland zählt, wieder zusammen. Dabei wurde die freiwillige Produktionsdrosselung von April bis Juni – wie erwartet – verlängert. Allein Saudiarabien wird seine Förderung um täglich eine Million Fass pro Tag kürzen, Russlands Kürzung bleibt bei 471.000 Fass pro Tag.
Grund für die jüngste Entscheidung war der gesunkene Ölpreis. Allein die Notierung der europäischen Nordseemarke Brent verharrt seit Monaten in einem breiten Seitwärtstrend und touchierte zuletzt die Marke von rund 82 Dollar je Fass. Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank, zieht ein klares Fazit: „Ein Überangebot im zweiten Quartal 2024 dürfte damit verhindert werden.“
Ob die freiwilligen Kürzungen danach zurückgenommen werden, hänge maßgeblich von der Entwicklung der Nachfrage ab. Die Aussichten sind jedenfalls gut: „Sowohl die Internationale Energieagentur als auch die Opec erwarten eine spürbare Belebung im Jahresverlauf“, so Fritsch. Zudem rechnet sein Haus mit einem Konjunkturaufschwung in der zweiten Jahreshälfte. Solch eine Entwicklung wäre freilich eine wichtige Stütze, mit entsprechend positiven Folgen. Denn eine steigende Nachfrage würde es der Opec+ ermöglichen, ab der Jahresmitte zumindest graduell aus den Produktionskürzungen auszusteigen, ohne ein Überangebot und einen Preisrückgang zu riskieren, sagt Fritsch. Allerdings dürfe das Ölangebot außerhalb der Opec+ dafür nicht stärker steigen. Ansonsten könnten die Kürzungen erneut prolongiert werden.
Europa hat Nachholbedarf
Von einem stabilen Ölpreis und einer steigenden Nachfrage sollten auch Ölkonzerne profitieren. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, hat sich die Wertentwicklung der Branchenaktien
näher angesehen. Er verweist dabei auf ein Detail: So sind europäische Energiekonzerne – gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis – etwa ein Drittel günstiger bewertet als ihre US-amerikanischen Pendants. „Dieser Abschlag erscheint zu hoch“, konstatiert Stephan und zieht ein klares Fazit. So dürften europäische Öl- und Gasaktien, die ihre US-Vergleichsgruppe bereits seit Anfang 2023 geschlagen haben, weiterhin die Nase vorn haben.
Dabei würden Stephan zufolge europäische Energiekonzerne große Anstrengungen unternehmen, die grüne Wende voranzutreiben, mit entsprechend positiven Folgen.
„Bereits jetzt zeigt sich, dass entsprechende Investitionen positiv zum Unternehmenswert beitragen können. Schätzungen zufolge sind die nachhaltigen Energieprojekte der Ölkonzerne das 1,6-Fache der ursprünglichen Investitionen wert. Klimafreundliche Geschäftsbereiche dürften bei europäischen Ölkonzernen inzwischen im Schnitt über zehn Prozent des Unternehmenswerts ausmachen.“
Beispiele gibt es genügend. So hat die britische BP im Jahr 2022 gut 4,9 Milliarden Dollar (rund 4,5 Milliarden Euro) – und somit etwa 30 Prozent der gesamten 16,3 Milliarden Dollar schweren Investitionen – in die grüne Wende investiert. Dazu zählt etwa die Übernahme von Archaea Energy aus den USA. Die Firma ist einer der weltweit größten erneuerbaren Gasproduzenten.
Von Eni bis OMV
BP ist im Übrigen Teil des Stoxx Europe 600 Oil & Gas Index. Dieser umfasst 22 Energietitel, so etwa auch Eni aus Italien sowie die heimische OMV. Doch auch Firmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energie sind Teil des Index, so etwa Siemens Energy und Nel ASA, das auf die Produktion grünen Wasserstoffs spezialisiert ist. Für die Herstellung werden erneuerbare Energien aus Sonnen- und Windkraft eingesetzt.
Auf die weitere Kursentwicklung des Index können Anleger etwa mit einem Indexzertifikat der Raiffeisen Bank International setzen (AT0000A0D3V1). Anleger, die sich das Risiko zutrauen, können dies mit einem Turbo-Long-Zertifikat, zum Beispiel von der Citi, gehebelt tun (DE000KB918C5). Der aktuelle Hebel liegt bei rund zwei (per 7. März). Um diesen verändert sich der Kurs des Zertifikats im Verhältnis zu jenem des Basiswerts. Berührt oder unterschreitet dieser die Marke von 182 Punkten, verfällt das Zertifikat.