Gericht prüft: Diskriminierung bei Besetzung der Spitze?
Erstmals in Österreich wird die Auswahl eines Gerichtspräsidenten durch die Politik gerichtlich überprüft – in Tirol.
Wien/Innsbruck. Die Neubestellung des Präsidenten des Landesverwaltungsgerichts Tirol mit 1. Mai 2023 hat jetzt ein gerichtliches Nachspiel. Nächste Woche findet an dem Gericht eine Verhandlung über eine mögliche Diskriminierung bei der Postenbesetzung statt. Es ist eine Premiere, deren Bedeutung über Tirols Grenzen reicht: Erstmals wird eine Entscheidung der Politik über einen neuen Gerichtspräsidenten gerichtlich geprüft.
Die schwarz-rote Landesregierung entschied sich auf Basis des Dreiervorschlags einer Auswahlkommission für Klaus Wallnöfer, Vorstand der Abteilung Landwirtschaftliches Schulwesen und Landwirtschaftsrecht des Landes. Mehrere Mitglieder des Gerichts sahen sich von der Kommission übergangen und orteten ein Schein-Hearing, nachdem schon eine Woche zuvor Wallnöfer als Favorit medial durchgesickert war.
Zwei der nicht zum Zug Gekommenen beschwerten sich daraufhin wegen Diskriminierung beim Land, wo sie jedoch eine Abfuhr erhielten. Jetzt prüft das Gericht den Fall auf Basis des Tiroler Gleichbehandlungsgesetzes. Die Juristen verlangen die Differenz zu den Bezügen als Präsident und eine Entschädigung für die persönliche Beeinträchtigung. Sie wollen erreichen, dass die bisher im Verborgenen gebliebenen Erwägungen der Landesregierung bei deren Entscheidung für Wallnöfer offengelegt werden. Nur so sei ein rechtsstaatlich korrektes Verfahren gewährleistet, wie es auch der Gerichtshof der EU und der Europarat forderten.
Intransparente Entscheidung
Der Fall erinnert an die erst kürzlich und mit 14-monatiger Verzögerung erfolgte Besetzung der Spitze des Bundesverwaltungsgerichts durch die türkis-grüne Regierung. Die Koalition entschied sich ohne transparente Begründung gegen die von einer hochkarätigen Kommission an erster Stelle gereihte Richterin Sabine Matejka und für den drittgereihten Christian Filzwieser. Eine ausdrückliche rechtliche Bindung an die Reihung besteht aber nicht. (kom)