Kamele im Weltmuseum: Das Wüstenschiff als Hoffnungsträger
Sie mussten Lasten schleppen, kämpfen – und waren Teil unseres Traums vom Orient. Heute gelten Kamele als Nutztiere der Zukunft.
Sind Kamele heute Hoffnungsträger für die Menschheit? Es wäre ein versöhnlicher vorläufiger Abschluss für die Geschichte unseres Zusammenlebens mit dieser Säugetierfamilie. Seit 5000 Jahren bilden Mensch und Kamel ein Bündnis voller Zuneigung, das aber oft auch von Ausbeutung und Grausamkeit geprägt war. Mit dieser Geschichte beschäftigt sich die Ausstellung „Auf dem Rücken der Kamele“im Weltmuseum in Wien.
In Nordafrika und im arabischen Raum waren Kamele lange Zeit Teil des Alltags. Mittlerweile sind sie dort eher Luxustiere. In Österreich gab es eine größere Zahl der allseits bekannten zweihöckrigen Art wohl nur zu Zeiten der Türkenbelagerungen. Eines hat man im niederösterreichischen Tulln ausgegraben. Im Weltmuseum ist das gut erhaltene Relikt ausgestellt. Heute hingegen boomen hierzulande Zuchthöfe für Alpakas und Lamas. Auch diese wanderlustigen Tiere zählen zu den Kameliden. Genauso wie die Vikunjas,
die in den Anden leben und sich im Tiergarten Schönbrunn bestaunen lassen.
In den Kriegen Chinas im 18. Jahrhundert dienten Kamele als Kanonenträger, womit es ihnen besser erging als den Pferden der Soldaten, wie auf Kupferdrucken zu sehen ist. 1800 veranstaltete Napoleon Bonaparte mit Dromedaren eine Verfolgungsjagd auf feindliche Beduinen. Im Weltmuseum zeugt davon eine vergoldete Bronzeskulptur aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Sehnsuchtstiere auch in China
Nicht nur als Last-, sondern auch als Arbeitstiere wurden und werden Kamele eingesetzt. Ein Kurzfilm aus dem Jahr 1981 zeigt, wie ein Kamel eine Sesammühle antreibt. Auch Jagd wurde auf sie gemacht. Wie in Feuerland, wo Europäer zur Kolonialzeit im 16. Jahrhundert den wilden Guanakos den Garaus machten, weil man Weideland für die eigenen Schafe brauchte. Aber auch die dortigen Indigenen jagte diese Kameliden, um Umhänge aus ihren Fellen herzustellen. Einer davon ist im
Weltmuseum zu sehen. Heute sind die Guanakos nahezu ausgerottet.
In der europäischen Kunst waren Kamele ein Teil des Traums vom Orient. Hierzulande war Leopold Carl Müller im 19. Jahrhundert einer der bekanntesten „Orientmaler“. Seine Ölgemälde zeigen etwa Karawanen unter der Wüstensonne. Ein ähnlicher Sehnsuchtsort war für die Chinesen die Wüste Gobi, inklusive flauschiger Trampeltiere. Das spiegelt sich vor allem in ihrer Kunst vom Anfang des 20. Jahrhunderts wider, als in China ein Bürgerkrieg tobte. Im Weltmuseum kann man Kamele auch selbst riechen und fühlen: Fellbüschel liegen zum Streicheln bereit. Für Kinder gibt es eigene kurze Infotexte. Zur angestrebten Wüstenatmosphäre gehören ein Stoffwirbelsturm und ein Beduinenzelt, in dem man Kamelgeschichten lesen kann.
Sind Kameliden nun die Nutztiere der Zukunft? Davon ist das Kuratorenteam überzeugt. Die gesundheitlichen Vorteile von Kamelmilch und -fleisch werden angepriesen. Das Immunsystem der Kamele birgt Hoffnung für die Immuntherapie gegen Krebs. Doch bis heute hält man sie oft nicht artgerecht. Der weite Weg, den ihre Produkte nach Österreich haben, ist dem Klimaschutz nicht förderlich. In Sachen Klimawandel könnten Kameliden aber auch Hoffnungsträger sein, denn raue Bedingungen sind sie gewohnt. Sie haben sich noch nie unterkriegen lassen.