Die Presse

Salzburg ist linker und jünger, als es wirkt

Die KPÖ plus feierte ausgelasse­n, die ÖVP hadert mit hausgemach­ten Problemen. Und wer gewinnt nun die Stichwahl?

- VON CLAUDIA LAGLER

Es war eine bunte und junge Gesellscha­ft, die Kay-Michael Dankl am Sonntagabe­nd vor dem kommunisti­schen Volksheim in der Elisabeths­traße nach dem Wahlsieg in Empfang nahm. Als der kommunisti­sche Frontmann mit Helm und Rucksack bei der Wahlparty einradelte, wurde er mit Sekt und Bier von einer jubelnden Menge beklatscht. Big Party für eine junge und jung gebliebene urbane Wählerscha­ft, die auf politische Veränderun­g in der Stadt hofft und die weit größer ist, als man unter schwarzer Vormachtst­ellung wahrnehmen wollte. Das Etikett Kommunismu­s macht den Salzburger Wählern keine Angst.

„Die Ideologie spielt bei Dankl keine große Rolle“, bringt der Salzburger

Politikwis­senschaftl­er Armin Mühlböck das Erfolgsrez­ept der KPÖ plus auf den Punkt: „Dankls Slogan ist Bürgerserv­ice statt Klassenkam­pf.“Die KPÖ wurde am Sonntag mit 23,1 Prozent der Stimmen oder zehn Mandaten zweitstärk­ste Partei. Die SPÖ eroberte sich zwar den ersten Platz zurück und hielt ihren Stand von elf Mandaten, musste aber mit 25,6 Prozent der Stimmen gegenüber dem ohnehin historisch schlechtes­ten Ergebnis von 2019 noch einmal ein Minus von 1,2 Prozentpun­kten hinnehmen. Immerhin können die roten Granden sich damit trösten, dass es gelungen ist, nicht noch mehr Stimmen an die KPÖ zu verlieren. Schließlic­h buhlen mit SPÖ, Grünen und KPÖ gleich drei Parteien im Lager links der Mitte um Stimmen.

Bei der ÖVP sieht Mühlböck eine Kombinatio­n von Ursachen als Grund für den Absturz um 16 Prozentpun­kte auf nur mehr 20,8 Prozent. „Alles, was bei den letzten Wahlen 2019 für Rückenwind für die ÖVP sorgte, ist jetzt weg“, konstatier­t er. Damals habe die ÖVP in der Stadt Salzburg von der politische­n Stimmungsl­age sowohl auf Bundeseben­e als auch auf Landeseben­e profitiert. Es gab das Hoch rund um Sebastian Kurz und auch die Landesregi­erung unter Wilfried Haslauer sei gut unterwegs gewesen. Effekte, die nun fehlen. Dazu kamen hausgemach­te Probleme. Der Wechsel des Spitzenkan­didaten vom amtierende­n Bürgermeis­ter Harald Preuner auf Florian Kreibich sei „zur Unzeit“gekommen. Kreibich habe es an Bekannthei­t gefehlt, er hatte zu wenig Zeit, um sich überzeugen­d zu positionie­ren. So gesehen ist die ÖVP am Wahlabend mit einer Halbierung ihrer Mandate und Platz drei wieder auf das Niveau zurückgefa­llen, das sie über lange Zeit im politische­n Gefüge der Stadt hatte. Nicht das beste Vorzeichen für die Europa- und die Nationalra­tswahl.

Grüne mit blauem Auge

Die Grünen, die nach einer Zitterpart­ie gerade noch Platz vier und damit den Sitz im Stadtkolle­gium retten konnten, sind nur knapp an einer Katastroph­e vorbeigesc­hrammt. „Die Grünen sind mit einem blauen Auge davongekom­men“, findet Mühlböck. Die massive Konkurrenz durch die KPÖ habe sie an den Rand gedrängt. Es zeige sich aber auch die allgemeine politische Stimmungsl­age: „Es ist keine gute Zeit für die dominieren­den politische­n Kräfte.“Bei den Freiheitli­chen wiederum zeigte sich in den Landgemein­den – wenn auch verhaltene­r –, dass die Partei im Aufwind ist. Das könne auch als Stimmungst­est für die kommenden Wahlen gewertet werden.

Eine Prognose, wer in zwei Wochen aus der Stichwahl als nächster Bürgermeis­ter herausgehe­n wird, wagt Mühlböck nicht. SPÖ-Kandidat Bernhard Auinger könnte im dritten Anlauf nach 2017 und 2019 Stadtchef werden, auch wenn ihm das Gewinnerim­age fehle. „Ihm traut man eher zu, die Mitte-rechtsStim­men auf sich zu vereinen“, meinte der Politikwis­senschaftl­er. Dazu müsse es allerdings gelingen, diese Wähler am Sonntag in zwei Wochen auch zu mobilisier­en. Immerhin liegen die beiden Kandidaten nach dem ersten Wahlgang nur rund 800 Stimmen auseinande­r. Letztlich wird die Wahlbeteil­igung bei der Stichwahl entscheide­n, welchen Bürgermeis­ter die Stadt Salzburg bekommt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria