Das lukrative Geschäft mit den Volksbegehren
14 Volksbegehren können diese Woche unterstützt werden, viele weitere befinden sich in der Pipeline. Initiiert werden sie oftmals von denselben Personen. Das kann auch ein gutes Geschäft sein.
Sollen Politiker vor Antritt des Amts einen Wissenstest absolvieren müssen, wie eine private Initiative unter dem Titel „Bist du gescheit“fordert? Soll das Ende der Verbrennermotoren doch nicht kommen, wie die Kärntner Landtagspartei Team Kärnten vorschlägt? Oder soll das Pflanzenschutzmittel Glyphosat verboten werden? Gleich 14 Volksbegehren mit bunt gemischten Themen liegen in dieser Woche zur Unterschrift auf.
Mit dieser Eintragungswoche setzt sich der Boom bei den Volksbegehren fort: Jahrzehntelang waren diese ein selten verwendetes Mittel der direkten Demokratie, oft gab es mehrere Jahre lang kein einziges. Doch seit 2018 erlebt dieses Instrument einen Aufschwung – und das, obwohl ein Volksbegehren realpolitisch meist völlig wirkungslos ist. Offiziell gilt es als erfolgreich, wenn es 100.000 Unterschriften erreicht. Doch selbst dann ist die einzige Konsequenz, dass es im Nationalrat debattiert werden muss. Die türkis-blaue Regierung hatte einst den Plan, dass es ab einer gewissen Zahl an Unterstützungserklärungen verpflichtend umgesetzt werden muss, was aber nie beschlossen wurde.
Ein Grund für den Boom ist eine Gesetzesänderung im Jahr 2018: Seit damals kann man auch digital unterschreiben, der Gang zum Gemeindeamt ist nicht mehr notwendig, was das Unterschriftensammeln viel einfacher macht. Es gibt aber noch einen zweiten Grund: Es gibt einige Personen, die eine ganze Reihe von Volksbegehren initiiert haben. In Zahlen: 32 von 67 Volksbegehren seit dem Jahr 2018 gehen auf genau drei Personen oder Initiativen zurück.
Zwei von ihnen haben einen politischen Konnex: Robert Marschall ist seit einigen Jahren im rechten Spektrum der Kleinstparteien aktiv und trat schon bei EUund Nationalratswahlen an. Bei der letzten Bundespräsidentenwahl scheiterte er an den geforderten 6000 Unterschriften. Diesmal ist er gleich mit vier Volksbegehren im Rennen: Er will die Neutralität schützen, die Parteienförderung abschaffen und CO2-Steuer wie Energieabgabe streichen. Insgesamt hat er seit 2018 13 Volksbegehren auf den Weg gebracht.
Bunter Themenmix
Auch Lukas Papula ist diesmal Zustellungsbevollmächtigter für vier Volksbegehren. Er will gleichzeitig die Energiepreisexplosion stoppen, die tägliche Turnstunde einführen, einen Nato-Beitritt verhindern und die Intensivbettenkapazität ausweiten. In den letzten Jahren wollte Papula schon die GIS abschaffen, Kinderrechte stärken, Lebensmittel retten und U-Ausschüsse live übertragen. Papula war kurzzeitig auch politisch aktiv, 2017 kandidierte er für die Liste Pilz auf Platz zwei in Oberösterreich.
Und schließlich gibt es die „Initiative gemeinsam entscheiden“, die diesmal ein Volksbegehren zum Thema „Essen nicht wegwerfen“im Rennen hat. In den vergangenen Jahren gab es zwölf weitere Volksbegehren – oft mit konträren Ansätzen: Rauchen in der Gastronomie Ja oder Nein, Impfpflicht Ja oder Nein oder Begehren zur Bargeldobergrenze, zu den GIS-Gebühren, der Neutralität oder zu Pflegekräften. Hinter der Initiative stehen einige Personen, darunter der Rechtsanwalt Marcus Hohenecker, der bekannt wurde, weil er Tausende Abmahnschreiben wegen nicht datenschutzkonformer Verwendung von Google-Schriftarten auf Homepages verschickte, was Ermittlungen der WKStA gegen ihn auslöste.
Was ist der Grund für die vielen Volksbegehren? Die Initiatoren pochen darauf, dass sie politische Anliegen vertreten. Kritiker sehen darin eher Geschäftemacherei. Wer ein Volksbegehren einbringt, muss Gebühren in der Höhe von 3400 Euro bezahlen. Ist dieses erfolgreich und überschreitet 100.000 Unterschriften, was in den meisten Fällen gelingt, gibt es einen Kostenersatz von 17.000 Euro. Ein durchaus lukratives Geschäftsmodell, meinen viele, die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne wollen daher auch die rechtlichen Grundlagen ändern, um Missbrauch zu verhindern. Dazu ist allerdings eine Zweidrittelmehrheit notwendig.
Auch eine eigene Initiative unterstützt die Koalition bei diesem Vorhaben: Mit einem Volksbegehren mit dem Titel: „Stoppt die Volksbegehren-Bereicherung“. Das befindet sich derzeit – wie 70 andere Initiativen auch – in der Unterstützungsphase und benötigt 8900 Unterschriften für die Zulassung.