Neuerlicher Zwischenfall bei Boeing
Nach der Beinahe-Katastrophe im Jänner ermittelt das US-Justizministerium, es geht auch um die Erfüllung früherer Zusagen. Nun kam es wieder zu einem gefährlichen Vorfall.
Auckland/New York. Bei Boeing hat es neuerlich einen gefährlichen Zwischenfall gegeben. Auf einem Flug zwischen dem australischen Sydney und der neuseeländischen Stadt Auckland wurden am Montag mindestens 50 Menschen verletzt. Ein „technisches Problem“habe an Bord der Boeing 787-9 Dreamliner eine heftige Turbulenz ausgelöst, berichtete der Sender Radio New Zealand (RNZ) unter Berufung auf die chilenische Fluggesellschaft Latam.
Die Maschine habe am späten Nachmittag (Ortszeit) planmäßig in Auckland landen können. Den Berichten zufolge gab es jedoch mindestens einen Schwerverletzten. Mehr als ein Dutzend Personen mussten in Krankenhäusern versorgt werden.
„Menschen flogen durch die Kabine“, zitierte RNZ einen Passagier des Flugs am Montag, der unverletzt blieb. Die meisten Betroffenen hätten zum Zeitpunkt des Vorfalls keinen Sicherheitsgurt getragen. Die Maschine sollte am Abend in Richtung Santiago de Chile weiterfliegen. Der Flug wurde jedoch zunächst gestrichen und auf Dienstag verschoben. Was genau den Zwischenfall ausgelöst hat, war vorerst unklar.
Erst im Jänner war es mit einer so gut wie neuen Boeing 737-9 Max der Alaska Airlines ebenfalls zu einem gefährlichen Vorfall gekommen. Kurz nach dem Start war ein Rumpf-Fragment herausgebrochen. Die mehr als 170 Menschen an Bord kamen damals weitgehend mit einem Schrecken davon. Laut Experten waren durch einen glücklichen
Zufall die beiden Sitze an dem Loch im Rumpf leer geblieben.
Wie am Wochenende bekannt wurde, ermittelt in diesem Fall inzwischen das US-Justizministerium. Das sei ein normaler Vorgang, betonte Alaska Airlines.
Vergleich nicht eingehalten?
Für Boeing hat dieser Zwischenfall freilich bereits Konsequenzen: Die Luftverkehrsaufsicht FAA erlaubt dem Flugzeugbauer bis auf Weiteres nicht den Ausbau der Max-Produktion, den Boeing dringend braucht, um den Verzug bei Auslieferungen abzubauen. Zudem nimmt die FAA die Fertigung gründlich unter die Lupe.
Beim nunmehrigen Einschreiten des Justizministeriums dürfte es allerdings auch darum gehen, ob Boeing sich an die Bedingungen eines Vergleichs hält, mit dem die Ermittlungen nach zwei Abstürzen von 737-Max-Flugzeugen in den Jahren 2018 und 2019 beigelegt wurden. Bei den Unglücken mit Maschinen der indonesischen Lion Air und Ethiopian Airlines starben 346 Menschen. Das Problem ging damals von einer Assistenzsoftware aus. Boeing räumte als Teil des Vergleichs ein, dass frühere Mitarbeiter die FAA nicht korrekt über das Ausmaß des benötigten Piloten-Trainings für den Betrieb der Software informiert hätten.
Der damalige 2,5 Milliarden Dollar schwere Vergleich sah unter anderem vor, dass Boeing mit allen Behördenermittlungen kooperiert. Sollte das Justizministerium zu dem Schluss kommen, dass Boeing gegen die Zusagen verstieß, könnten die damaligen Vorwürfe zu falschen Angaben wieder im Raum stehen – oder die Aufsicht über den Konzern verlängert werden.
Auswirkungen hat all das auch auf die Boeing-Aktie. Auf starke Kursanstiege gegen Ende des Vorjahres folgte im Jänner der Rückschlag. Nach dem Vorfall am Montag ging es nun weiter bergab, die Aktie lag mit rund vier Prozent im Minus. (APA/dpa-AFX/red.)