Atomkraftwerke in Auschwitz: Wien hat Sicherheitsbedenken
Polen bereitet den Einstieg in die Atomkraft vor. Bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit meldet Wien massive Bedenken an.
Insgesamt an sieben Standorten sollen in Polen Atomkraftwerke entstehen. Das Verfahren für das Erste hat begonnen: die Errichtung von vier BWRX-300-Reaktoren von Hitachi mit einer Gesamtleistung von 1300 MW. Das Projekt wurde von „Stawy Monowskie SP Z.o.o.“im Dorf Stawy Monowskie in der Gemeinde Oświęcim, Auschwitz, gestartet; 300 Kilometer von Wien entfernt.
Die Umweltverträglichkeitsprüfung hat soeben erst begonnen. Anfang Februar ist das Scoping-Verfahren zu Ende gegangen, bei dem es um den allgemeinen Plan geht, nicht um das konkrete Projekt.
Im Auftrag der Wiener Umweltanwaltschaft hat Pulswerk, ein Beratungsunternehmen des Österreichischen Ökologieinstituts, eine Fachstellungnahme erarbeitet. Grundsätzlich bemängeln die vier Autoren, dass in den Unterlagen des Betreibers die Behauptung in den Raum gestellt wird, dass die „Wahrscheinlichkeit hypothetischer Unfälle“als sehr gering betrachtet werde – ohne dies aber fachlich zu begründen. Die Kennwerte seien auf eine qualitativ höherwertige als die angegebene „geschätzte“Grundlage zu stellen. Wichtig sei auch, die Auslegungsgrundlagen in einem Gesamtkonzept darzustellen. Schließlich seien Machbarkeit, Zuverlässigkeit
und Wirksamkeit von technischen Lösungen nachzuweisen.
Für ein Endlager gibt es keine konkreten Vorstellungen. Erst am vergangenen Freitag ist für die 2477 Gemeinden Polens ein Wettbewerb gestartet worden, die Bereitschaft für einen Standort für eine Endlagerstätte zu melden. Suche und Bewertung der geologischen Eignung dauern Jahrzehnte.
Die Pläne für ein Atomkraftwerk in Auschwitz sind nicht der erste Anlauf in Polen, um diese Art der Energiegewinnung einzuführen. Der erste Versuch geht in die frühen 1970er-Jahre zurück, wurde in den 80erJahren aber ad acta gelegt. 2007 wurde dann die Kehrtwende eingeleitet, mittlerweile hat Orlen Synthos Green Energy im April 2023 angekündigt, außer in Auschwitz auch Atomkraftwerke in Ostrołęka, Włocławek, Dąbrowa Górnicza, Nowa Huta, in der Sonderwirtschaftszone Tarnobrzeg und in Warschau zu planen – bei den Projekten handelt es sich um kleinere Reaktoren, sogenannte SMR (Small Modular Reactors).
„AKW von der Stange“mit Risiken
Mit einem SMR-Konzept liebäugeln Argentinien, Kanada, USA, Großbritannien, Südkorea, Russland und China. In Sibirien sind zwei schwimmende Atomkraftwerke ans Netz gegangen (nach einer Planungs- und Bauzeit, die viermal so lang war wie ursprünglich prognostiziert). In China wird seit 2012 an zwei Kleinreaktoren gearbeitet.
Im Experten-Statement heißt es weiter, dass das Konzept von kleinen „AKW von der Stange“auch deshalb infrage zu stellen sei, weil jede einzelne Komponente darauf geprüft werden müsse, ob sie für den Einsatz in einem Atomkraftwerk geeignet sei. Insgesamt meint dazu Jürgen Czernohorszky, Vorsitzender der internationalen Organisation Cities for Nuclear Free Europe und Klimastadtrat in Wien: „Nuklearenergie ist die gefährlichste Energieform.“