Die Papierindustrie erholt sich langsam
Die Konjunktur beeinflusst die Nachfrage nach Papier. Das vergangene Jahr war außerdem von hohen Energiekosten geprägt. Mayr-Melnhof kürzt seine Dividende drastisch.
Im Grunde ist Papier überall. Dass Zeitungen und Bücher darauf gedruckt werden, ist den meisten Leuten wohl klar. Aber wenn man über Papier spricht, geht es auch um die Verpackungsindustrie: Lebensmittel werden in Kartonagen verwahrt und transportiert. Medikamente brauchen kleine Schachteln und Beipackzettel. Und selbst im Toilettenpapier steckt ein Stück Karton.
Die Nachfrage nach den Kartons war in den vergangenen Jahren zwar hoch, die schwache Konjunkturlage bei den österreichischen Betrieben wirkt sich aber nun immer deutlicher auch auf die Papier- und Kartonbranche aus. Denn in der Rezession wird weniger gekauft, verpackt und transportiert. Das bekommt auch der zweitgrößte österreichische Verpackungskonzern, Mayr-Melnhof, zu spüren.
Der Konzern präsentierte am Dienstag seine Jahresbilanz. Er blieb im Vorjahr deutlich unter dem Rekordniveau aus dem Jahr 2022. Es folgte ein starker Ergebniseinbruch. Der Jahresüberschuss gab um 74 Prozent auf 89,1 Millionen Euro nach, das Ergebnis vor Steuern um 71 Prozent auf 136,7 Mio. Euro. Das bereinigte Ebitda fiel um 42 Prozent auf 450,2 Mio. Euro. Beim Umsatz gab es ein Minus von elf Prozent auf 4,16 Milliarden Euro.
Energiekosten als Schicksalsfrage
Die Papierbranche wird von der konjunkturbedingten schwachen Nachfrage der Industrie mitgerissen. Dennoch glaubt Alexander Wolschann vom Fachverband der Papierindustrie, dass die Talsohle durchschritten ist. Und auch die Zahlen von Mayr-Melnhof deuten darauf hin: Im vierten Quartal ging es bereits wieder leicht bergauf.
Die Inflationseffekte konnten zumindest zum Teil weitergegeben werden, aber noch immer sind die Kosten hoch. Und dabei werden wohl die Energiekosten zur Schicksalsfrage. Die Papierproduktion benötigt viel Energie – denn Papier wird aufwendig getrocknet. Um Papier herzustellen, werden die Fasern in Wasser eingeweicht. Anschließend muss das Wasser aber wieder aus dem Stoff herausgepresst werden – mittels Walzen, die üblicherweise mit Dampf beheizt sind. Eine Papieranlage braucht deshalb vor allem Wasser, Strom, Wärme und Personal.
Dass der Gaspreis mittlerweile gefallen ist, hat also nur wenig Auswirkung auf die Papierindustrie. Aufgrund der Dekarbonisierung wird vorrangig auf Strom gesetzt, sagt Wolschann im Gespräch mit der „Presse“. Nun leidet der Wirtschaftsstandort Österreich darunter, dass es hierzulande keine Subventionen gibt.
Seit Monaten ruft die österreichische Papierindustrie nach Steuergeld, weil sie ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Deutschland in Gefahr sieht. Dabei wird auf EU-Staaten verwiesen, die ihre energieintensiven Unternehmen vor der Abwanderung schützen. So hat Deutschland die Strompreiskompensation bereits 2013 eingeführt und bis 2030 in Brüssel von der EU genehmigen lassen. Gleichzeitig bezahlt die heimische Industrie aufgrund der Strompreiszonentrennung um bis zu zehn Prozent mehr für Strom als Konkurrenten in Deutschland.
Auch Peter Oswald, Vorstandsvorsitzender von Mayr-Melnhof, nennt die Abschwächung auf den europäischen Hauptmärkten als wesentlichen Faktor für den Ergebniseinbruch. Denn die Papierbranche ist exportorientiert. Die Exportquote in der Papierbranche betrug zuletzt fast 90 Prozent. Dabei liefern die 23 heimischen Betriebe mehr nach Deutschland, als überhaupt im österreichischen Markt umgesetzt wird.
Kürzung der Dividende
Der Gewinn je Mayr-Melnhof-Aktie verringerte sich von 17,19 auf 4,36 Euro. Dafür legte der Cashflow aus der Geschäftstätigkeit erheblich zu – um 162 Prozent auf 786,2 Mio. Euro, der Free Cashflow wurde gar von 19,7 auf 369,8 Mio. erhöht. Im Bereich Packaging habe es eine erfreuliche Ergebnisperformance gegeben, bei Board & Paper sei ein Modernisierungsprogramm umgesetzt worden. An der Wiener Börse zeigten sich die Anlegerinnen und Anleger unbeeindruckt von dem Ergebniseinbruch, die Aktie verlor nur leicht. Und das, obwohl die Dividende drastisch eingekürzt wurde: Für das abgelaufene Geschäftsjahr soll sie 1,50 Euro betragen. Im Vorjahr wurden je Aktie 4,20 Euro ausgeschüttet.
Für die Konzerne steht noch ein weiterer wichtiger Kostenpunkt an: Die Papierindustrie verfügt über rund 8000 Mitarbeiter. Für diese fiel der Startschuss zum Auftakt der Frühjahrslohnrunde. Gemeinsam mit den Beschäftigten der Elektro- und Elektronikindustrie läuten die beiden Sektoren traditionell die neue Lohnrunde ein (mehr dazu auf Seite 15). Zu den Verkaufspreisen bei Papier will sich der Fachverband grundsätzlich nicht äußern. Mayr-Melnhof gab hingegen bekannt, dass die Preise noch immer niedrig sind, aber dafür die Verkaufsmengen steigen.