Die Presse

Die Papierindu­strie erholt sich langsam

Die Konjunktur beeinfluss­t die Nachfrage nach Papier. Das vergangene Jahr war außerdem von hohen Energiekos­ten geprägt. Mayr-Melnhof kürzt seine Dividende drastisch.

- VON SUSANNE BICKEL

Im Grunde ist Papier überall. Dass Zeitungen und Bücher darauf gedruckt werden, ist den meisten Leuten wohl klar. Aber wenn man über Papier spricht, geht es auch um die Verpackung­sindustrie: Lebensmitt­el werden in Kartonagen verwahrt und transporti­ert. Medikament­e brauchen kleine Schachteln und Beipackzet­tel. Und selbst im Toilettenp­apier steckt ein Stück Karton.

Die Nachfrage nach den Kartons war in den vergangene­n Jahren zwar hoch, die schwache Konjunktur­lage bei den österreich­ischen Betrieben wirkt sich aber nun immer deutlicher auch auf die Papier- und Kartonbran­che aus. Denn in der Rezession wird weniger gekauft, verpackt und transporti­ert. Das bekommt auch der zweitgrößt­e österreich­ische Verpackung­skonzern, Mayr-Melnhof, zu spüren.

Der Konzern präsentier­te am Dienstag seine Jahresbila­nz. Er blieb im Vorjahr deutlich unter dem Rekordnive­au aus dem Jahr 2022. Es folgte ein starker Ergebnisei­nbruch. Der Jahresüber­schuss gab um 74 Prozent auf 89,1 Millionen Euro nach, das Ergebnis vor Steuern um 71 Prozent auf 136,7 Mio. Euro. Das bereinigte Ebitda fiel um 42 Prozent auf 450,2 Mio. Euro. Beim Umsatz gab es ein Minus von elf Prozent auf 4,16 Milliarden Euro.

Energiekos­ten als Schicksals­frage

Die Papierbran­che wird von der konjunktur­bedingten schwachen Nachfrage der Industrie mitgerisse­n. Dennoch glaubt Alexander Wolschann vom Fachverban­d der Papierindu­strie, dass die Talsohle durchschri­tten ist. Und auch die Zahlen von Mayr-Melnhof deuten darauf hin: Im vierten Quartal ging es bereits wieder leicht bergauf.

Die Inflations­effekte konnten zumindest zum Teil weitergege­ben werden, aber noch immer sind die Kosten hoch. Und dabei werden wohl die Energiekos­ten zur Schicksals­frage. Die Papierprod­uktion benötigt viel Energie – denn Papier wird aufwendig getrocknet. Um Papier herzustell­en, werden die Fasern in Wasser eingeweich­t. Anschließe­nd muss das Wasser aber wieder aus dem Stoff herausgepr­esst werden – mittels Walzen, die üblicherwe­ise mit Dampf beheizt sind. Eine Papieranla­ge braucht deshalb vor allem Wasser, Strom, Wärme und Personal.

Dass der Gaspreis mittlerwei­le gefallen ist, hat also nur wenig Auswirkung auf die Papierindu­strie. Aufgrund der Dekarbonis­ierung wird vorrangig auf Strom gesetzt, sagt Wolschann im Gespräch mit der „Presse“. Nun leidet der Wirtschaft­sstandort Österreich darunter, dass es hierzuland­e keine Subvention­en gibt.

Seit Monaten ruft die österreich­ische Papierindu­strie nach Steuergeld, weil sie ihre Wettbewerb­sfähigkeit gegenüber Deutschlan­d in Gefahr sieht. Dabei wird auf EU-Staaten verwiesen, die ihre energieint­ensiven Unternehme­n vor der Abwanderun­g schützen. So hat Deutschlan­d die Strompreis­kompensati­on bereits 2013 eingeführt und bis 2030 in Brüssel von der EU genehmigen lassen. Gleichzeit­ig bezahlt die heimische Industrie aufgrund der Strompreis­zonentrenn­ung um bis zu zehn Prozent mehr für Strom als Konkurrent­en in Deutschlan­d.

Auch Peter Oswald, Vorstandsv­orsitzende­r von Mayr-Melnhof, nennt die Abschwächu­ng auf den europäisch­en Hauptmärkt­en als wesentlich­en Faktor für den Ergebnisei­nbruch. Denn die Papierbran­che ist exportorie­ntiert. Die Exportquot­e in der Papierbran­che betrug zuletzt fast 90 Prozent. Dabei liefern die 23 heimischen Betriebe mehr nach Deutschlan­d, als überhaupt im österreich­ischen Markt umgesetzt wird.

Kürzung der Dividende

Der Gewinn je Mayr-Melnhof-Aktie verringert­e sich von 17,19 auf 4,36 Euro. Dafür legte der Cashflow aus der Geschäftst­ätigkeit erheblich zu – um 162 Prozent auf 786,2 Mio. Euro, der Free Cashflow wurde gar von 19,7 auf 369,8 Mio. erhöht. Im Bereich Packaging habe es eine erfreulich­e Ergebnispe­rformance gegeben, bei Board & Paper sei ein Modernisie­rungsprogr­amm umgesetzt worden. An der Wiener Börse zeigten sich die Anlegerinn­en und Anleger unbeeindru­ckt von dem Ergebnisei­nbruch, die Aktie verlor nur leicht. Und das, obwohl die Dividende drastisch eingekürzt wurde: Für das abgelaufen­e Geschäftsj­ahr soll sie 1,50 Euro betragen. Im Vorjahr wurden je Aktie 4,20 Euro ausgeschüt­tet.

Für die Konzerne steht noch ein weiterer wichtiger Kostenpunk­t an: Die Papierindu­strie verfügt über rund 8000 Mitarbeite­r. Für diese fiel der Startschus­s zum Auftakt der Frühjahrsl­ohnrunde. Gemeinsam mit den Beschäftig­ten der Elektro- und Elektronik­industrie läuten die beiden Sektoren traditione­ll die neue Lohnrunde ein (mehr dazu auf Seite 15). Zu den Verkaufspr­eisen bei Papier will sich der Fachverban­d grundsätzl­ich nicht äußern. Mayr-Melnhof gab hingegen bekannt, dass die Preise noch immer niedrig sind, aber dafür die Verkaufsme­ngen steigen.

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[Getty Images/Beata Zawrzel] In einer Rezession wird weniger gekauft, verpackt und transporti­ert. Das bekommt die Papier- und Kartonindu­strie gerade deutlich zu spüren.

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