Händler werden den digitalen Euro annehmen müssen
Der geplante digitale Euro stößt auf Kritik bei Händlern, Gewerbetreibenden und Banken. Kommen soll er trotzdem. Ende 2025 soll der rechtliche Rahmen stehen, 2028 der Start erfolgen.
In vier Jahren soll man ihn bereits nutzen können: den digitalen Euro. Er wäre echtes Geld, wie Bargeld, und nicht bloß die Forderung an eine Bank. Ausgegeben würde er direkt von der Europäischen Zentralbank (EZB). Man soll mit ihm nicht nur in Echtzeit bezahlen können, sondern auch offline, wenn man Geld auf einer Karte oder einem Gerät gespeichert hat. Etwa bei Internet- oder gar Stromausfall. Das kündigte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann auf einer Veranstaltung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und der Wirtschaftskammer an. Mit dem digitalen Euro will Europa der Dominanz von US-Zahlungsdienstleistern wie Visa, Mastercard oder Paypal etwas entgegensetzen.
Ausnahme für kleine Händler
Noch gibt es den digitalen Euro nicht – Ende 2025 soll der rechtliche Rahmen fertig sein, 2028 soll der Start erfolgen –, er ist jedoch bereits heiß umstritten. Nicht nur Datenschützer haben Bedenken, auch Banken und Händler sind gar nicht so begeistert. Ein Grund ist die geplante Annahmepflicht: Der Verordnungsentwurf sehe vor, dass der digitale Euro gesetzliches Zahlungsmittel ist, berichtete Sigrid Part vom Finanzministerium. Das bedeute eine Verpflichtung zur Annahme, und zwar zum vollen Nennwert: Aufschläge für Zahlungen mit dem digitalen Euro darf es nicht geben.
Freilich sind Ausnahmen geplant, etwa für Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von weniger als zwei Millionen Euro. Diese müssen den digitalen Euro nicht annehmen. Aber nur dann nicht, wenn sie auch sonst keine digitale Bezahlmöglichkeit anbieten. Sprich: Wer Kreditkarten akzeptiert, muss auch den digitalen
Euro annehmen. Ausgenommen sind weiters Privatpersonen (die etwa auf Plattformen wie Willhaben etwas verkaufen).
Das bringt ein weiteres Problem mit sich: Die Nutzung des digitalen Euro soll zwar für Konsumenten kostenfrei sein (wiewohl „kostenfrei“meist bedeutet, dass die Kosten anderswo anfallen und sie letztlich doch der Konsument trägt). Händler werden aber Gebühren zahlen müssen, und zwar an die beteiligten Banken und Zahlungsanbieter, die die Zahlungen abwickeln. Diese sollen aber nicht einfach verlangen dürfen, was sie wollen bzw. was der Markt hergibt: Die Gebühren sollen gedeckelt werden, sodass sie auf jeden Fall niedriger sind als etwa bei Kreditkartenanbietern. Das sei deswegen möglich, weil ja keine Card-Scheme-Gebühr für die Nutzung des Zahlungssystems anfällt, diese stelle das Eurosystem gratis zur Verfügung, erklärte OeNB-Expertin Petia Niederländer.
Kritik kommt von der Wirtschaftskammer: Sollte man den digitalen Euro nicht besser so gestalten, dass ihn die Händler nutzen wollen, fragte Alexander Kern von der Sparte Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer. In dieselbe Kerbe schlug Sinan Ibili von der Bundessparte Handel: Der digitale Euro solle lieber von sich aus überzeugen, dann würde er auch genutzt werden. Martin Greiner, Bundesinnungsmeister Bauhilfsgewerbe, verwies darauf, dass Gewerbetreibende meist nicht in bar oder direkt, sondern per Überweisung bezahlt würden. Ein digitaler Euro würde zudem durch die Offline-Funktion der Schwarzarbeit Tor und Tür öffnen.
Kritik an Markteingriff
Stefan Sandberger von der RLB OÖ kritisierte den Gebührendeckel: Eine Preisregulierung sollte es nur bei Marktversagen geben, und ein solches liege nicht vor.
Die Annahmepflicht sei notwendig, um Netzwerkeffekte zu erzeugen, entgegnete OeNB-Expertin Niederländer. Der digitale Euro sei in der Bevölkerung zu wenig bekannt, um auf natürliche Akzeptanz zu stoßen. Indes soll es eine Obergrenze (gedacht ist an 3000 Euro) pro Person geben.
EZB-Experte Alessandro Giovannini versuchte, die Datenschutz-Bedenken zu zerstreuen: Der digitale Euro werde so gestaltet sein, dass die Privatsphäre der Nutzer gewahrt bleibe: Die Zahlungsdaten würden pseudonymisiert werden, sodass einzelne Nutzer von der EZB nicht identifiziert werden könnten. Zudem könne man offline zahlen. Das sei fast so anonym wie Bargeld.