„,ZiB 2‘-Interview war die Erfahrung meines Lebens“
Bei der EM im Jänner war Torhüter Constantin Möstl einer der Väter des Erfolgs. Nach einem „einmonatigen Adrenalinschub“habe es ihn „zerfetzt“, sagt der 23-Jährige. Und nie war er nervöser als beim Interview mit Armin Wolf.
Herr Möstl, Hand aufs Herz: Haben Österreichs Handballer bei der EM im Jänner überperformt, oder hat die Mannschaft schlichtweg ihr Potenzial abgerufen? Bei der OlympiaQualifikation ab Donnerstag in Hannover gegen Kroatien, Deutschland und Algerien würde es das nächste kleine Handballwunder brauchen.
Constantin Möstl: Es war ein bisschen etwas von beidem. Ich glaube, als Mannschaft haben wir das gezeigt, was wir können. Einzelne Spieler aber haben überperformt, inklusive mir. Ich werde gegen Deutschland nicht wieder 30 Bälle halten. Das darf man nicht jeden Tag erwarten.
Sie haben sich die Latte sehr hoch gelegt.
Für die Zuschauer, die bei der EM zum ersten Mal zugeschaut haben und jetzt nur diesen einen Consti Möstl kennen, war das viel zu viel. Ich habe mich mit Andi Wolff, einem absoluten Weltklassetorhüter, darum gematcht, wer am Ende des Turniers die meisten Paraden hat. Ich schließe es nicht aus, diese Leistungen irgendwann Woche für Woche abrufen zu können. Aber noch bin ich lang nicht auf diesem Niveau.
Sie waren während des Turniers in aller Munde. Wie war es denn, wieder aus diesem Traum aufzuwachen?
Ganz schwierig. Es kommen in einer Tour Glückwünsche, jeder will etwas von dir. Ich hatte einen Monat lang einen Adrenalinschub, dann gehen diese Glücksgefühle plötzlich weg. Es zerfetzt dich.
Wie meinen Sie das?
Das geht schon alles an die Psyche. Ich wollte in der Liga bei Hard so weitermachen wie bei der EM. Das habe ich nicht ganz geschafft.
Weil auch die Welt rund um Sie wieder eine völlig andere, eine kleinere war?
Ich habe mit Österreich in Köln und Mannheim vor 15.000, 20.000 Menschen gespielt. Man gewöhnt sich schnell daran, das wird ein kleines bisschen normal. Und dann spielt man in der nächsten Woche vor 800 Zuschauern in
Hard. Damit umzugehen ist extrem schwierig.
Ab der kommenden Saison spielen Sie in Deutschland, in der besten Handballliga der Welt für den TBV Lemgo. War das die logische Folge Ihrer EM-Show?
Mit Lemgo war schon vor der EM alles geregelt und unterschrieben. Ich wollte beim Turnier einen freien Kopf haben.
Glück für Lemgo. Wurde der Vertrag denn noch einmal nachgebessert?
Das wurde ich schon öfter gefragt. (lacht) Das geht leider nicht, aber ich bin schon zufrieden so. Bezahlt
werde ich als zweiter Torhüter, dabei ist es aber egal, ob du 30.000 oder 500 Euro im Monat verdienst: Im Handball spielt der, der mehr Bälle hält.
Sie behaupten, eine der größten Errungenschaften der EM sei es gewesen, dass Österreich „nicht mehr unterschätzt“werde. Ist das in Spielen gegen große Handballnationen nicht sogar von Nachteil?
Bis zu einem gewissen Grad würde ich das sogar unterschreiben, ja. Beim Unentschieden gegen Spanien haben wir sicher auch von unserer Außenseiterrolle gelebt. Das macht unterbewusst schon etwas mit der favorisierten Mannschaft. Kroatien und Deutschland werden uns in der Olympia-Quali auf dem Zettel haben. Sie werden extrem wachsam sein.
Was stimmt Sie dennoch zuversichtlich, dass Österreich erneut überraschen könnte?
Das richtige Feeling. Wenn wir ein Feeling wie bei der EM erzeugen können, jeder an sich glaubt, dann können wir alles schaffen.
Was löst der Gedanke an Olympische Spiele in Ihnen aus?
Es ist surreal. Wir wollten im Jänner eine gute EM spielen. Olympia war da gedanklich nicht einmal ein
Ziel, so weit war es weg. OlympiaTeilnehmer zu sein, das wäre etwas Riesengroßes.
Jetzt muss es das Ziel sein, Sonntagabend wieder in die „ZiB 2“eingeladen zu werden, über die Olympia-Qualifikation zu sprechen. Während der EM wurden Sie ja von Armin Wolf interviewt.
Das war etwas ganz Besonderes für mich. Armin Wolf ist eine Legende in Österreich, diese Sendung schauen Millionen von Menschen. Ich bin ein extremer Fan von ihm. Normalerweise sind der Bundeskanzler oder andere hochrangige Politiker zu Gast. Und dann steht da irgendein Hansl, der ein paar Bälle gehalten hat. Das war die Erfahrung meines Lebens. So etwas vergisst du nie wieder.
‘‘ Olympia war gedanklich nicht einmal ein Ziel, so weit weg war es. Wenn wir ein Feeling wie bei der EM erzeugen, können wir es schaffen.
Constantin Möstl über die historische Paris-Chance
Wann waren Sie nervöser: bei diesem Interview oder während der EM-Spiele, vor 20.000 Menschen in der Halle?
Definitiv beim Interview. Das war der nervöseste Moment meiner EM. Nach dem Interview war ich sogar noch nervöser als davor. Ich konnte es mir bis heute nicht anschauen. Aus Angst, irgendeinen Blödsinn geredet zu haben.
Haben Sie nicht.
Die Resonanz war positiv. (lacht)