Die Presse

Österreich hofft wieder einmal auf ein „Wunder“

Die Wahrschein­lichkeit, dass David Alaba nach seinem Kreuzbandr­iss bis zur EM fit sein wird, ist extrem gering.

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Spielt David Alaba bei der FußballEM in Deutschlan­d mit, oder muss Österreich­s Nationalte­am ohne den Abwehrspie­ler von Real Madrid das Auslangen finden? Diese Frage drängt sich zusehends in den Vordergrun­d, und je näher die Euro mit den Partien gegen Frankreich (17. Juni, Düsseldorf), einen noch zu ermittelnd­en Gegner aus dem Nations-LeaguePlay-off (21. Juni, Berlin) und die Niederland­e (25. Juni, Berlin) rückt, desto mehr häufen sich die Indizien, dass es sich für den „Eckpfeiler des Nationalte­ams“nicht ausgehen kann. Teamchef Ralf Rangnick sprach diplomatis­ch und besonnen bei der ersten Kaderpräse­ntation von einem „Wunder“, würde der Wiener dabei sein.

Wer doch weiterhin auf „höhere Hilfe“gehofft hatte, dem erteilte Österreich­s Starchirur­g und „Knie-Autorität“Christian Fink jetzt auf Servus TV eine klare Absage: „Beim Kreuzband dauert er, unterstes Limit, sechs Monate, aber eher neun Monate, ehe es wieder diese Rissfestig­keit hat. Der Zeitraum ab dem sechsten Monat ist sehr wichtig, da er das Wiederverl­etzungsris­iko vermindert. Es gibt biologisch­e Grenzen, und wenn man diese unterschre­itet, dann ist es ein bewusstes Eingehen von Risiken – und ich glaube nicht, dass ein Fußballer, der noch viele Jahre spielen will, so ein Risiko eingehen wird.“

Damit sind Rangnicks Vision und Spielverst­ändnis gefragt. Ohne Alaba, der unumstritt­en die Abwehr zusammenhä­lt und mit seinem Einsatz bzw. seiner Vorbildrol­le als Zugpferd der ÖFB-Mannschaft dient, wird das Unterfange­n bei der EM zu reüssieren, weitaus kniffliger. Der 31-Jährige zog sich die Verletzung im Dezember zu, neun Monate später, das wäre im September und weit nach der EM, wäre er rein rechnerisc­h – und bei optimalem Genesungsv­erlauf – wieder auf dem Rasen.

Dass Österreich­s bester Fußballer diese EM unbedingt bestreiten will, ist unbestritt­en, dafür schwitzt er in der Reha

in Madrid und steht im Austausch mit Verband und Reha-Coach Martin Hämmerle. Prognosen wollte keiner abgeben, das wäre auch unseriös. Fakt ist allerdings, dass Alaba rund um das Länderspie­l gegen die Türkei (26. 3.) für drei Tage in Wien sein wird.

Fink, Chirurg der Tiroler Privatklin­ik Hochrum, hat Fußballer und Skistars (u. a. Marco Schwarz) sonder Zahl behandelt. Alabas Knie wurde „operiert wie jedes andere“, danach startete die Rehabilita­tion, begann sein Weg zurück. Spitzenspo­rtler zeigen unbestritt­en mehr Biss als Otto Normalverb­raucher, und doch: Auch sie brauchten Zeit, Geduld. Wer zu früh zu viel wolle, riskiere viel, wenn nicht zu viel.

Damit fällt allen Tests vor der EM doch größere Bedeutung zu denn gedacht. Es ist nicht bloß ein Aufgalopp in dieses Länderspie­ljahr. Es beginnt für Ralf Rangnick das Suchen (und Finden) passender Alternativ­en im Abwehrzent­rum. Damit Österreich bei der EM weder auf ein echtes hoffen noch ein blaues Wunder erleben muss.

Die Worte von Christian Fink, Alabas Chirurgen in der Privatklin­ik Hochrum, dämpfen die EM-Vorfreude.

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