Die Presse

Österreich weist zwei russische Diplomaten aus

Russland-Conncetion der FPÖ. ÖVP-Generalsek­retär Stocker greift die Opposition frontal an. Karin Kneissl wollte im Außenamt Schattenge­heimdienst installier­en.

- VON THOMAS VIEREGGE

„Wir haben uns in Herbert Kickl und der FPÖ getäuscht. Und wir wollen nicht, dass sich die Österreich­erinnen und Österreich­er in Kickl und der FPÖ täuschen.“So kommentier­te ÖVP-Generalsek­retär Christian Stocker das Dossier über die angebliche Russland-Connection der FPÖ, das der Wochenzeit­ung „Falter“zugespielt wurde. Es gelte die Unschuldsv­ermutung, sagte Stocker, ein gelernter Anwalt.

Doch es müsse geklärt werden, ob der FPÖ-Chef und seine Partei das „österreich­ische Volk verraten“hätten und „Putins Handlanger“gewesen seien. Er entstehe jedenfalls, so Stocker, der Eindruck, dass Russlands Interessen in Österreich durch die FPÖ befördert würden – zum „Nachteil der Sicherheit des Landes, der Medienfrei­heit und der politische­n demokratis­chen Ordnung“. So behauptet das Dossier, dass Karin Kneissl, die frühere Außenminis­terin, im Außenamt einen Schattenge­heimdienst installier­en wollte. Dies sei über das „Planungsst­adium“nicht hinausgega­ngen, erklärt das Außenamt gegenüber der „Presse“.

Russland habe Leonid Slutsky, einen führenden Duma-Abgeordnet­en auf Kneissl „angesetzt“, um sie „anzuheuern“, lautet ein Vorwurf. Slutskys „Friedensfo­nds“habe Kneissl nach ihrem Ausscheide­n aus der Politik finanziell versorgt. Johannes Peterlik, als Generalsek­retär Kneissls Nummer zwei, ist nach wie vor suspendier­t – unter anderem wegen der Weitergabe der Formel für das Nervengift Nowitschok, die in den Händen des nach Russland geflüchtet­en Wirecard-Managers Jan Marsalek gelandet ist.

„Geheimdien­staffäre“

Die „Geheimdien­staffäre“hat indessen Konsequenz­en. Nach der Ausweisung von vier Diplomaten der russischen Botschaft in Wien im Vorjahr hat das österreich­ische Außenminis­terium „zu Beginn der Woche“zwei weitere Diplomaten „wegen Unvereinba­rkeit mit ihrem diplomatis­chen Status“von einer Ausweisung in Kenntnis gesetzt. Sie müsse bis kommenden Dienstag erfolgen, hieß es. Das Papier behauptet, dass im Lauf der vergangene­n Jahre 23 an der russischen Botschaft akkreditie­rte Diplomaten mit Geheimdien­staktivitä­ten beschäftig­t gewesen seien. Russland hat nach Informatio­nen der „Presse“derzeit 56 bilaterale und 83 multilater­ale Diplomaten in Wien.

Sechseinha­lb Monate vor der Nationalra­tswahl hat der Wahlkampf ein erstes brisantes Thema, das freilich schon länger in der Luft lag. Stocker zeigte sich überrascht von der „Dichte“der Vorwürfe und von dem „verzweigte­n Netzwerk“des Beziehungs­geflechts“. „Es hilft, manches besser zu verstehen.“Im Nationalra­t hat der ÖVPGeneral­sekretär angesichts der RusslandNä­he einiger FPÖ-Politiker schon einmal von „Radio Moskau“gesprochen.

„Freundscha­ftsvertrag“

„Uns platzt wegen des Mordes an Alexej Nawalny der Kragen.“So lautet das Motiv des anonymen Absenders für das Verschicke­n des Konvoluts. Die Vorwürfe beziehen sich auf ehemalige Spitzenfun­ktionäre wie Heinz-Christian Strache, den Ex-Vizekanzle­r, und Johann Gudenus, aber auch auf das aktuelle Führungspe­rsonal von FPÖ-Chef Herbert Kickl über Norbert Hofer, den Dritten Nationalra­tspräsiden­ten, bis zu Harald Vilimsky, den EU-Spitzenkan­didaten. Mit Ausnahme Kickls hatten sie 2016 in Moskau einen „Freundscha­ftsvertrag“mit Einiges Russland, der Partei des Präsidente­n Wladimir Putin, geschlosse­n. Die FPÖ betont stets, er sei nach fünf Jahren nicht mehr verlängert worden.

Aus Chat-Nachrichte­n Straches ging bereits hervor, dass während der türkis-blauen Koalition von der FPÖ geführte Ministerie­n wie das Innenminis­terium eine Kooperatio­n mit Russland auf Beamtenebe­ne angestrebt habe, etwa bei der Verwaltung­sakademie des Bundes. Die Razzia beim Bundesamt für Verfassung­sschutz unter Innenminis­ter Kickl hat für Stocker einen gewissen Ruch. All dies müsse Gegenstand im Untersuchu­ngsausschu­ss sein. Die FPÖ streitet alle Vorwürfe an.

Einige Fakten sind unbestreit­bar. So habe Russland Kontakt zu FPÖ-Spitzen in Oberösterr­eich gesucht, zu Vize-Landeshaup­tmann Manfred Haimbuchne­r und Detlef Wimmer, dem Linzer Ex-Vizebürger­meister. Wimmer und der Nationalra­tsabgeordn­ete Hans-Jörg Jenewein besuchten 2017, drei Jahre nach der Annexion, die Krim. Damals wurde der Verein Freunde der Krim gegründet. Zudem lobbyierte­n FPÖ-Abgeordnet­e für russische Interessen wie die Aufhebung der Sanktionen.

‘‘ Die Vorwürfe werfen ein Licht auf den Freundscha­ftsvertrag mit Einiges Russland.

Christian Stocker OVP-Generalsek­retär

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