Die Presse

AfD sorgt sich um V-Leute

Die Partei will nicht mehr als rechtsextr­emistische­r Verdachtsf­all gelten. Der Verfassung­sschutz bereitet ein Gutachten vor.

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Ursprüngli­ch war das Urteil für Ende Februar erwartet worden. Doch das Verfahren zieht sich. Vor dem deutschen Oberverwal­tungsgeric­ht in Münster sollte diesen Mittwoch entschiede­n werden, ob die Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) vom Verfassung­sschutz als rechtsextr­emistische­r Verdachtsf­all geführt werden darf. Auch über die AfD-Vorfeldorg­anisation Junge Alternativ­e und die aufgelöste AfD-Gruppe Der Flügel geht es in dem Berufungsp­rozess. Beide werden seit einem Gutachten der Verfassung­sschützer aus dem Jahr 2021 als „gesichert rechtsextr­emistisch“geführt.

Die beiden Einstufung­en erlauben es dem deutschen Inlandsnac­hrichtendi­enst, die Partei zu beobachten, in eingeschrä­nktem Rahmen abzuhören und verdeckte Ermittler, sogenannte V-Leute, einzusetze­n. Tausende Belege für ihre Einschätzu­ng haben die Verfassung­sschützer in Aktenordne­rn abgeheftet. Laut deutschen Medien arbeiten sie bereits an einem neuen Gutachten: Darin könnte die AfD als „gesichert rechtsextr­emistisch“benannt werden. Zwei Belege von Tausenden seien über „Äußerungen oder Verhaltens­weisen von menschlich­en Quellen des Verfassung­sschutzes“in den Aktenordne­rn gelandet.

Keine V-Leute im Bundesvors­tand

Es gäbe aber keine V-Leute oder verdeckte Ermittler auf Ebene der Bundes- oder Landesvors­tände, so der Nachrichte­ndienst. Allerdings seien Ermittler unter falscher Identität in sozialen Netzwerken unterwegs, um die Aussagen von AfD-Mitglieder­n und ihrem Umfeld zu beobachten.

In den zwei Prozesstag­en am Dienstag und Mittwoch widmeten die AfD-Anwälte der Frage der V-Männer mehr als hundert Beweisantr­äge. Ob das Gericht in dieser Woche zu einem Urteil kommen kann, war zu Redaktions­schluss nicht klar.

Die erste Instanz hatte den Verfassung­sschützern zugestimmt. Sollte das Oberverwal­tungsgeric­ht die Einstufung als Verdachtsf­all bestätigen, bliebe der AfD noch die dritte Instanz, das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig. Ob es vor den Wahlen in diesem Jahr zu einem rechtskräf­tigen Urteil kommt, ist offen. (zot)

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