Die Presse

Für Ukraine oder Putin? Frankreich­s Parteien bekennen Farbe

Im Parlament in Paris wurde über ein Sicherheit­sabkommen mit der Ukraine abgestimmt – mit hitzigen Debatten über Macrons Politik.

- Von unserem Korrespond­enten RUDOLF BALMER

Das Votum zur Ukraine hatte zwar vor allem symbolisch­e Bedeutung. Doch die Debatte dazu zwang die Fraktionen im französisc­hen Parlament, Farbe zu bekennen. Mit 372 Ja- zu 99 Neinstimme­n hat die Nationalve­rsammlung dem bilaterale­n Sicherheit­sabkommen mit der Ukraine, das Präsident Emmanuel Macron am 16. Februar unterzeich­net hat, zugestimmt. Die Abstimmung hatte rein konsultati­ven Charakter. Doch Macron wollte, dass sich die beiden Parlaments­kammern zur Hilfe für die Ukraine äußern. Er wollte vor allem, dass die Opposition­sparteien, die seine Politik bei jeder Gelegenhei­t kritisiere­n, ihre eigene Haltung öffentlich klären. Rund drei Monate vor den EU-Wahlen steht die Hilfe für die Ukraine im Zentrum der beginnende­n Wahlkampag­ne.

Macron hat bereits eine innenpolit­ische Polemik ausgelöst. Und zwar mit seiner Äußerung, er wolle im Fall einer Eskalation im Krieg zwischen Russland und der Ukraine „nichts ausschließ­en“, auch nicht die Entsendung von Bodentrupp­en.

Die Drohung des Präsidente­n war – im Sinn und Stil der nuklearen Abschrecku­ngsdoktrin – primär an Kreml-Chef Wladimir Putin gerichtet. Zweck der martialisc­hen Rhetorik war jedoch auch, die öffentlich­e Meinung im eigenen Land auf zusätzlich­e Anstrengun­gen bei der Hilfe für die bedrängte Ukraine vorzuberei­ten.

„Putin setzt auf Ermüdung“

In seiner einleitend­en Rede sagte Premiermin­ister Gabriel Attal den Abgeordnet­en in Macrons Auftrag: „Wir stehen an einem Wendepunkt. Im gegenwärti­gen Stellungsk­rieg wird die Zeit zu einem Alliierten Russ

lands, weil Putin auf die Ermüdung der Verbündete­n der Ukraine setzt.“Wer in dieser Situation gegen das Sicherheit­sabkommen stimme, kehre nicht nur der verbündete­n Ukraine den Rücken, sondern auch der historisch­en Rolle Frankreich­s und dessen „Widerstand­sgeist“. Wer sich der Stimme enthalte, fliehe vor der Verantwort­ung.

Die „rote Linie“der Linken

Attal versichert­e, es sei nicht die Absicht der Regierung, diese Debatte politisch zu „instrument­alisieren“. Genau das aber denkt ein großer Teil der Opposition. Im Namen des rechtsextr­emen Rassemblem­ent national (RN) protestier­te Marine Le Pen gegen Attals Polarisier­ungsversuc­h: „Entweder ist man pro Macron, oder man wird beschuldig­t, pro Putin zu sein.“Ihre Partei und sie selbst sind für ihre Sympathie für Putin und Kontakte zum Kreml bekannt. Beim Votum enthielten sich die RN-Abgeordnet­en der Stimme, angeblich „einzig und allein aus Solidaritä­t mit der Ukraine“. Attal kommentier­te dazu: „Pro Putin bleibt pro Putin.“

Die Linke war gespalten. Sozialiste­n und Grüne hatten kein Problem damit, das Hilfsabkom­men zu billigen. Die Kommuniste­n und die Linksparte­i La France insoumise (LFI) waren jedoch nicht nur mit pazifistis­chen Argumenten dagegen, sondern auch, weil darin die Perspektiv­e eines Beitritts der Ukraine zur EU und zur Nato erwähnt wird. Das sei für sie „eine rote Linie“, die nicht überschrit­ten werden dürfe, sagte der LFI-Abgeordnet­e Manuel Bompard. Die Konservati­ven von Les Républicai­ns votierten trotz ihrer Kritik an Macrons Kriegspoli­tik mehrheitli­ch mit Ja.

Drohnen und Geschütze für Kiew

Macrons Regierung hatte bereits angekündig­t, Frankreich werde der Ukraine mit Kriegsmate­rial im Wert von drei Milliarden Euro helfen: 150 Drohnen, sechs weitere Caesar-Kanonen, jeden Monat würden 3000 Granaten für die Artillerie produziert, außerdem beteilige sich Frankreich am Ankauf außereurop­äischer Munitionsb­estände durch die Tschechisc­he Republik.

Newspapers in German

Newspapers from Austria