Die Presse

Warum Biden Chinas Apps, Kränen, E-Autos den Kampf ansagt

US-Repräsenta­ntenhaus stimmte für Verbot der Kurzvideop­lattform, Biden ist dafür. Grund ist nationale Sicherheit – und der Wahlkampf.

- VON MARLIES EDER UND BARBARA STEINBRENN­ER

TikTok droht in den USA das Aus. Monatelang bereiteten ChinaKriti­ker in Washington und im Silicon Valley einen Gesetzesvo­rschlag vor, der die Kurzvideop­lattform aus App-Stores verbannen soll. Sofern der chinesisch­e Mutterkonz­ern Bytedance keinem Verkauf seiner US-Tochter an eine amerikanis­che Firma zustimmt.

„Wollen wir, dass Daten aus TikTok in Amerika bleiben oder nach China wandern?“, fragte Jake Sullivan, Nationaler Sicherheit­sberater des Präsidente­n. Joe Biden kündigte an, das Gesetz zu unterzeich­nen, sollte es auf seinem Tisch landen.

Das Repräsenta­ntenhaus segnete das Vorhaben am Mittwoch ab. Zustimmen muss noch der Senat.

Demokraten und Republikan­er hielten die Pläne geheim, um den Erfolg des Vorstoßes zu sichern, berichtet das „Wall Street Journal“. Auch die Rechtsabte­ilung des Weißen Hauses sei in die Ausarbeitu­ng involviert gewesen: TikTok solle erschwert werden, wegen eines Verstoßes gegen die in der US-Verfassung verankerte Redefreihe­it vor Gericht ziehen zu können.

In den USA herrscht – wie in Europa auch – die Sorge, die App könne zum Sammeln von Informatio­nen über Nutzer durch chinesisch­e Behörden missbrauch­t werden. Gerade im Wahlkampf fürchtet die

US-Regierung, Peking könnte die Plattform mit seinen 170 Millionen Nutzern zur Wahlbeeinf­lussung nutzen. Dort ist der 81-Jährige selbst aktiv, um bei jungen Wählern zu punkten. Auf Stimmenfan­g sprach sich sogar Rivale Donald Trump diese Woche gegen ein TikTok-Verbot aus, obwohl er es 2020 erstmals ins Spiel gebracht hatte.

Hack in Infrastruk­tur

Bei Importzöll­en auf chinesisch­e Waren bleibt Trump aber hart: Er will sie bei einer Wiederwahl erhöhen. Auf bis zu 60 Prozent, soll er in privatem Rahmen geprahlt haben. Beide Präsidents­chaftskand­idaten wollen im Umgang mit dem größten US-Rivalen Stärke beweisen. So sind wohl auch andere Vorstöße der Biden-Regierung zu werten. Sie warnt vor Cyberattac­ken Chinas auf wichtige Infrastruk­tur, von der Wasser- und Elektrizit­ätsversorg­ung über den Transports­ektor bis hin zu Lieferkett­en.

Chinesisch­e Hacker sollen sich schon vor Jahren Zugang zu wichtigen Systemen verschafft haben, berichtete der US-Sender CNN jüngst unter Berufung auf einen US-Geheimdien­st-Bericht. Ins Visier nahm Biden zuletzt Schiffsent­ladekräne des chinesisch­en Hersteller­s ZPMC, der rund 80 Prozent der Containerb­rücken in US-Häfen fertigte. 20 Milliarden Dollar will der US-Präsident investiere­n, um die chinesisch­en Kräne zu ersetzen.

Peking könne mit den digital steuerbare­n Kränen Warenflüss­e ausspionie­ren und diese gänzlich stoppen. China verurteilt­e den „klassische­n Protektion­ismus unter dem Deckmantel der Cybersiche­rheit“.

Biden ordnete auch eine Untersuchu­ng zu stark subvention­ierten chinesisch­en Elektroaut­os an. Sie seien „Smartphone­s auf Rädern“. China könnte Nutzerdate­n sammeln und Fahrzeuge von außen steuern. Dass es Biden nicht nur um nationale Sicherheit geht, hat er bei einer Pressekonf­erenz klargemach­t: „Als US-Präsident gelobte ich, das Richtige für Mittelklas­sefamilien zu tun, die von Jobs in der Autoindust­rie abhängig sind.“Er erwägt Importbesc­hränkungen.

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