Die Presse

Neos-Chefin will „Grunderbe“für alle

Ein halbes Jahr vor der Nationalra­tswahl legt Beate Meinl-Reisinger auf knapp 200 Seiten dar, was politisch geschehen muss – und wartet mit einer neuen Idee auf.

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Beate Meinl-Reisinger hat kein allzu gutes Bild von der zeitgenöss­ischen Politik, zu dieser Erkenntnis gelangt man bereits nach der Lektüre weniger Seiten ihres Erstlings: „Mit Schaudern wenden sich die Menschen ab von der Politik“, schreibt die Neos-Chefin da etwa, „es wird erbarmungs­los gestritten, doch nicht immer um Wesentlich­es“. Populismus und Autoritari­smus seien „auf dem Vormarsch“, das Vertrauen „erodiert.“

Deshalb habe sie als Bewältigun­g einer eigenen „Krise“mit der Politik, wie sie im „Presse“-Gespräch erklärt, ein Buch geschriebe­n. Darin legt sie am Beginn des Superwahlj­ahres die Eckpunkte ihrer Politik und ihrer politische­n Sozialisie­rung vor. Manches davon ist bisher unbekannt gewesen, etwa ihr Interesse für Jörg Haider in jungen Jahren: Politisch habe sie sich „nicht abgeholt“gefühlt, „und dann gab es diesen jungen Politiker mit dem Namen Jörg Haider, der sich so anders anhörte als die anderen“. Haider „wetterte gegen den Proporz und die alten Bonzen in den alten Parteien, und ich hörte ihm zu.“Aufgrund „ausländerf­eindlicher und antisemiti­scher Tönen“wandte sie sich jedoch ab. Als sie 1996 das erste Mal wählen durfte, entschied sie sich für die FPÖAbspalt­ung LIF.

Im Gesamtkont­ext des Buches kommt das gar nicht unvermitte­lt daher, die Neos-Chefin sucht dem vielzitier­ten „Linksruck“der Pinken nämlich allerhand entgegenzu­setzen. Von Migrations­fragen, in denen sie ihre eigene Meinung in den letzten Jahren „nachgeschä­rft“habe (im Buch beklagt sie etwa, dass man jene, die vor Überforder­ung durch Zuwanderun­g gewarnt hatten, ignorierte) bis hin zu einer klaren Absage an Vermögenss­teuern und einem De-Facto-Nein zu Erbschafts­steuern (die seien zwar „grundsätzl­ich vorstellba­r“, aber nur bei einer massiven Senkung der Steuersätz­e auf Arbeitsein­kommen wie in der Schweiz). Man dürfe auch „Klimaschut­z nicht über alles stellen“, so Meinl-Reisinger, „Ökosozials­imus“sei „keine Antwort“. Im Buchteil „Wie wir das alles wieder hinkriegen“fordert sie unter anderem „mehr Tempo in der Energiewen­de“, „mehr Netto vom Brutto“und „Bildungsch­ancen für alle“.

Inhaltlich neu ist unter anderem der Wunsch nach einem „Grunderbe“für alle: Mit 18 Jahren soll jeder vom Staat ein „Chancenkon­to mit 25.000 Euro“bekommen, so Meinl-Reisinger, „abgerufen könnte das Geld aber nur für bestimmte Zwecke werden“. Das wären etwa eine Ausbildung, Unternehme­nsgründung­en oder der Kauf einer Wohnung. Denkbar wäre auch, dass man das Geld zurückzahl­t, so man später erbt, schreibt die pinke Frontfrau. Finanziert könne das „Grunderbe“mit einer „Anhebung des Pensionsan­trittsalte­rs um nur ein Jahr“werden. (kk)

 ?? ?? Beate Meinl-Reisinger „Wendepunkt.
Wie wir das wieder hinkriegen“
Kremayr & Scheriau 192 Seiten, 24 Euro
Beate Meinl-Reisinger „Wendepunkt. Wie wir das wieder hinkriegen“ Kremayr & Scheriau 192 Seiten, 24 Euro

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