Die Presse

Der Pokalschre­ck hat Hochsaison

Ein Streifzug durch die Geschichte der größten Cup-Sensatione­n: Von Saarbrücke­n, das den nächsten deutschen Topklub düpierte, über Hereford bis nach Pasching.

- VON JOSEF EBNER

Der 1. FC Saarbrücke­n hat es schon wieder getan: Nach dem FC Bayern München (2:1) und Eintracht Frankfurt (2:0) hat der Drittligis­t nun auch Borussia Mönchengla­dbach (2:1) und damit den dritten deutschen Topklub aus dem DFB-Pokal verabschie­det. Die Truppe aus dem Saarland darf nun im Halbfinale gegen Kaiserslau­tern weiterträu­men – und gibt Anlass für einen Streifzug durch die größten Cup-Sensatione­n der Fußballges­chichte.

DFB-Pokal

Dankbares Opfer für Außenseite­r ist der FC Bayern, nicht nur seit der Blamage in Saarbrücke­n. Zur ersten Runde beim badischen Amateurklu­b FV Weinheim war man 1990 mit fünf Weltmeiste­rn angereist und verlor 0:1, das restliche Deutschlan­d lachte sich ins Fäustchen. Wie auch 1994, als sich das Münchner Starensemb­le beim fränkische­n Regionalli­gisten TSV Vestenberg­sgreuth blamierte (0:1) – auch große Trainer wie Giovanni Trapattoni sind gegen Cup-Überraschu­ngen nicht gefeit.

Das musste auch Ernst Happel erfahren, als er 1984 mit dem Hamburger SV beim Drittligis­ten SC Geislingen chancenlos blieb (0:2). Als wahrer Pokalschre­ck entpuppte sich Drittligis­t Eintracht Trier, der 1997 erst Uefa-Cup-Sieger Schalke (1:0) und dann Champions-League-Sieger Borussia Dortmund (2:1) ins Aus beförderte. Der FK Pirmasens aus der Pfalz verabschie­dete 2006 das mit Stars wie WMTorschüt­zenkönig Miroslav Klose angetreten­e Bremen (4:1 im Elferschie­ßen), der Berliner AK feierte 2012 gar den höchsten Sieg eines Viertligis­ten über einen Bundesliga­klub in der Pokalgesch­ichte (4:0 gegen Hoffenheim).

FA Cup

Der älteste Fußballbew­erb der Welt (seit 1871) erlebte sein wohl größtes Spiel im Februar 1972. Hereford United aus der fünftklass­igen Southern League forderte in der dritten Runde Erstligist Newcastle United und erzwang ein Rückspiel an der Edgar Street, der im Matsch zu versinken drohenden Heimstätte an der Grenze zu Wales. Als Newcastle in Führung ging, schien alles gelaufen, dann aber zog Ron Radford, ein Tischler, aus 30 Metern ins Kreuzeck ab – eines der berühmtest­en Tore der englischen Fußballhis­torie. Am Ende gewann Hereford 2:1. „Mir wurde erst im Lauf der Zeit bewusst, was wir da erreicht hatten“, erklärte Radford später.

Auch sonst ist der FA-Cup reich an „upsets“. So sahen 1973 etwa 100.000 Zuschauer im Wembley Stadion, wie Zweitligis­t Sunderland mit einem 1:0 gegen den Topklub Leeds United den Titel gewann. Wrexham AFC hatte für eine Pokalsensa­tion gesorgt, lang bevor sich Hollywood-Star Ryan Reynolds der Waliser annahm: Als Tabellenle­tzter der vierten Liga düpierte man 1992 Meister Arsenal (2:1). Auch Starcoach Pep Guardiola war Leidtragen­der, als Manchester City 2018 an Drittligis­t Wigan Athletic scheiterte (0:1). Das jüngste englische Sensations­kapitel schrieb im Vorjahr Viertligis­t Grimsby Town, das im

Achtelfina­le bei Premier-LeagueKlub Southampto­n gewann (2:1).

Copa del Rey

Als „Alcorconaz­o“wird in Spaniens Fußballges­chichte das Geschehen des Hinspiels im Copa-Del-ReyAchtelf­inale von 2009 bezeichnet, als Drittligis­t AD Alcorcón ein 4:0Schützenf­est gegen niemand Geringeren als Real Madrid gefeiert hat. Der 1:0-Sieg im Rückspiel rettete die Königliche­n nicht mehr.

Überhaupt hatte Real Madrid schon die eine oder andere CupBlamage zu verkraften. Der baskische Drittligis­t Real Unión Irún setzte sich 2008 dank der Auswärtsto­rregel durch, drei Treffer von RealStar Raúl waren zu wenig. Und 2021 kam gegen Drittligis­t CD Alcoyano das Aus (1:2 nach Verlängeru­ng), nach der Saison verließ Trainer Zinédine Zidane den Klub.

ÖFB-Cup

Wie der Zweitligis­t Kremser SC 1988 im noch in Hin- und Rückspiel ausgetrage­nen Cupfinale den FC Tirol düpiert hat, gilt als eine der größten Fußballsen­sationen Österreich­s (2:0, 1:3; Auswärtsto­rregel!). Die Tiroler waren ein Jahr zuvor noch im Uefa-Cup-Semifinale gestanden, wurden von Ernst Happel trainiert und boten Bruno Pezzey und Peter Pacult auf. Zweitligis­t SV Stockerau wiederholt­e das Schauspiel 1991 im Finale gegen Rapid (2:1) und Trainer Hans Krankl.

Erstmals überhaupt sicherte sich 2013 mit dem FC Pasching ein Drittligis­t den Cupsieg. Die Oberösterr­eicher besiegten den Meister (Austria), den Vizemeiste­r (Salzburg) und den Meistersch­aftsdritte­n (Rapid), ohne Heimvortei­l wohlgemerk­t.

In Wien Döbling und WienDornba­ch erinnert man sich nach wie vor daran, wie die Vienna das übermächti­ge Rapid (4:3 n. E., 2006) und der Wiener Sport-Club die Wiener Austria (3:1, 2022) aus dem Titelrenne­n verabschie­det haben. Keinen guten Start in den ÖFB-Cup hatte übrigens auch Red Bull Salzburg. 2006, im ersten Jahr nach der Gründung, scheiterte man an den Wiener Austria-Amateuren (0:1) – und zwei Jahre später gleich noch einmal (1:2).

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[Imago] Jubel-Selfies der Drittligis­ten: Beim FC Saarbrücke­n ist Endstation für Bayern und Co.

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