Der Pokalschreck hat Hochsaison
Ein Streifzug durch die Geschichte der größten Cup-Sensationen: Von Saarbrücken, das den nächsten deutschen Topklub düpierte, über Hereford bis nach Pasching.
Der 1. FC Saarbrücken hat es schon wieder getan: Nach dem FC Bayern München (2:1) und Eintracht Frankfurt (2:0) hat der Drittligist nun auch Borussia Mönchengladbach (2:1) und damit den dritten deutschen Topklub aus dem DFB-Pokal verabschiedet. Die Truppe aus dem Saarland darf nun im Halbfinale gegen Kaiserslautern weiterträumen – und gibt Anlass für einen Streifzug durch die größten Cup-Sensationen der Fußballgeschichte.
DFB-Pokal
Dankbares Opfer für Außenseiter ist der FC Bayern, nicht nur seit der Blamage in Saarbrücken. Zur ersten Runde beim badischen Amateurklub FV Weinheim war man 1990 mit fünf Weltmeistern angereist und verlor 0:1, das restliche Deutschland lachte sich ins Fäustchen. Wie auch 1994, als sich das Münchner Starensemble beim fränkischen Regionalligisten TSV Vestenbergsgreuth blamierte (0:1) – auch große Trainer wie Giovanni Trapattoni sind gegen Cup-Überraschungen nicht gefeit.
Das musste auch Ernst Happel erfahren, als er 1984 mit dem Hamburger SV beim Drittligisten SC Geislingen chancenlos blieb (0:2). Als wahrer Pokalschreck entpuppte sich Drittligist Eintracht Trier, der 1997 erst Uefa-Cup-Sieger Schalke (1:0) und dann Champions-League-Sieger Borussia Dortmund (2:1) ins Aus beförderte. Der FK Pirmasens aus der Pfalz verabschiedete 2006 das mit Stars wie WMTorschützenkönig Miroslav Klose angetretene Bremen (4:1 im Elferschießen), der Berliner AK feierte 2012 gar den höchsten Sieg eines Viertligisten über einen Bundesligaklub in der Pokalgeschichte (4:0 gegen Hoffenheim).
FA Cup
Der älteste Fußballbewerb der Welt (seit 1871) erlebte sein wohl größtes Spiel im Februar 1972. Hereford United aus der fünftklassigen Southern League forderte in der dritten Runde Erstligist Newcastle United und erzwang ein Rückspiel an der Edgar Street, der im Matsch zu versinken drohenden Heimstätte an der Grenze zu Wales. Als Newcastle in Führung ging, schien alles gelaufen, dann aber zog Ron Radford, ein Tischler, aus 30 Metern ins Kreuzeck ab – eines der berühmtesten Tore der englischen Fußballhistorie. Am Ende gewann Hereford 2:1. „Mir wurde erst im Lauf der Zeit bewusst, was wir da erreicht hatten“, erklärte Radford später.
Auch sonst ist der FA-Cup reich an „upsets“. So sahen 1973 etwa 100.000 Zuschauer im Wembley Stadion, wie Zweitligist Sunderland mit einem 1:0 gegen den Topklub Leeds United den Titel gewann. Wrexham AFC hatte für eine Pokalsensation gesorgt, lang bevor sich Hollywood-Star Ryan Reynolds der Waliser annahm: Als Tabellenletzter der vierten Liga düpierte man 1992 Meister Arsenal (2:1). Auch Starcoach Pep Guardiola war Leidtragender, als Manchester City 2018 an Drittligist Wigan Athletic scheiterte (0:1). Das jüngste englische Sensationskapitel schrieb im Vorjahr Viertligist Grimsby Town, das im
Achtelfinale bei Premier-LeagueKlub Southampton gewann (2:1).
Copa del Rey
Als „Alcorconazo“wird in Spaniens Fußballgeschichte das Geschehen des Hinspiels im Copa-Del-ReyAchtelfinale von 2009 bezeichnet, als Drittligist AD Alcorcón ein 4:0Schützenfest gegen niemand Geringeren als Real Madrid gefeiert hat. Der 1:0-Sieg im Rückspiel rettete die Königlichen nicht mehr.
Überhaupt hatte Real Madrid schon die eine oder andere CupBlamage zu verkraften. Der baskische Drittligist Real Unión Irún setzte sich 2008 dank der Auswärtstorregel durch, drei Treffer von RealStar Raúl waren zu wenig. Und 2021 kam gegen Drittligist CD Alcoyano das Aus (1:2 nach Verlängerung), nach der Saison verließ Trainer Zinédine Zidane den Klub.
ÖFB-Cup
Wie der Zweitligist Kremser SC 1988 im noch in Hin- und Rückspiel ausgetragenen Cupfinale den FC Tirol düpiert hat, gilt als eine der größten Fußballsensationen Österreichs (2:0, 1:3; Auswärtstorregel!). Die Tiroler waren ein Jahr zuvor noch im Uefa-Cup-Semifinale gestanden, wurden von Ernst Happel trainiert und boten Bruno Pezzey und Peter Pacult auf. Zweitligist SV Stockerau wiederholte das Schauspiel 1991 im Finale gegen Rapid (2:1) und Trainer Hans Krankl.
Erstmals überhaupt sicherte sich 2013 mit dem FC Pasching ein Drittligist den Cupsieg. Die Oberösterreicher besiegten den Meister (Austria), den Vizemeister (Salzburg) und den Meisterschaftsdritten (Rapid), ohne Heimvorteil wohlgemerkt.
In Wien Döbling und WienDornbach erinnert man sich nach wie vor daran, wie die Vienna das übermächtige Rapid (4:3 n. E., 2006) und der Wiener Sport-Club die Wiener Austria (3:1, 2022) aus dem Titelrennen verabschiedet haben. Keinen guten Start in den ÖFB-Cup hatte übrigens auch Red Bull Salzburg. 2006, im ersten Jahr nach der Gründung, scheiterte man an den Wiener Austria-Amateuren (0:1) – und zwei Jahre später gleich noch einmal (1:2).