Worauf es bei der Signa Prime jetzt ankommt
Der nachgebesserte Sanierungsplan sieht eine neue Variante vor, bei der ein Treuhänder das Sagen hat. Was das bewirkt, was es den Gläubigern bringen kann – und welche Fragen noch offen sind.
Wien. Es sind die letzten Tage vor der wohl größten Entscheidung in diesem Insolvenzverfahren. Am kommenden Montag werden die Signa-Prime-Gläubiger über die Zukunft der insolventen Immobiliengesellschaft abstimmen. Stimmt die Mehrheit gegen den vorgeschlagenen Sanierungsplan, besiegelt das den endgültigen Konkurs.
Das würde bedeuten, dass alles unverzüglich liquidiert wird. In diesem Fall hält der Insolvenzverwalter laut Sanierungsbericht, der der „Presse“vorliegt, nur eine Quote von neun Prozent für realistisch. Von den 10,8 Milliarden Euro angemeldeter Schulden (von denen bisher aber nur 3,1 Mrd. Euro akzeptiert wurden) würde also nur ein geringer Teil beglichen.
Im Verkauf der Immobilien der Signa Prime, wie des Park Hyatt und des Goldenen Quartiers, liegt eine gewisse Komplexität. Geschuldet ist das der verschachtelten Struktur der ineinander verwobenen Signa-Gesellschaften, die zu etlichen Einzelinsolvenzen auch außerhalb Österreichs geführt hat. Zusätzlich wurden gewissen Gläubigern Sicherheiten eingeräumt, etwa der Schoeller-Gruppe. Die gleichnamige deutsche Industriefamilie hält durch ihre Darlehen Ansprüche bei Immobilien wie dem Elbtower in Hamburg, dem Berliner Kaufhaus KaDeWe und dem noch im Bau befindlichen Luxuskaufhaus Lamarr in Wien.
Was bringt Treuhandschaft?
Doch all das könnte nun ein Treuhänder abwickeln. Das sieht der überarbeitete Sanierungsplanvorschlag vor. Dieser stellt den Gläubigern zudem nicht nur die gesetzlich geforderte Sanierungsquote von 30 Prozent in Aussicht, sondern zusätzlich – als Superquote – auch alles, was darüber hinaus eingenommen wird.
Die zwei großen Vorteile, die diese Variante bietet, sind eventuell mehr Zeit und eventuell mehr Geld. Erstens, sollte beim Verkauf der Immobilien mehr Erlös erzielt werden als die avisierten 30 Prozent, würde auch das den Gläubigern zukommen. Während im Normalfall die Restschuld entfällt, sofern die vereinbarte Quote erfüllt wird.
Zweitens beläuft sich die Verwertungsfrist zwar nach wie vor auf zwei Jahre, allerdings gibt es bei der Treuhandlösung die Möglichkeit einer Verlängerung um weitere drei Jahre. Das nimmt bei der Verwertung etwas Druck heraus. Die Chancen auf einen besseren Preis könnten – je nach Marktentwicklung – steigen. Mit 23 bis 32 Prozent beziffert der Bericht die Quote, die auf diese Weise erreichbar sein könnte. Das ist eine weitere Besonderheit bei der Abwicklung über einen Treuhänder: Wird dabei das gesamte Vermögen verwertet, „ist eine Entschuldung auch dann möglich, wenn die 30-prozentige Mindestquote nicht erreicht wird“, sagt Thomas Kurz, Rechtsanwalt und Restrukturierungsexperte bei Haslinger Nagele, zur „Presse“.
Anfechtungsrisiken
Für die Filetstücke des Immobilienportfolios, die in der Signa Prime Asset GmbH gebündelt sind, gibt es indes, wie berichtet, schon einige Interessenten. Als potenzieller Käufer kristallisierte sich die Schoeller Group heraus. Der Gläubigerausschuss hat jedoch laut „Presse“-Informationen dem Verkauf nicht zugestimmt. Dem Vernehmen nach herrscht Uneinigkeit über den Verkaufspreis des Immobilienpakets.
Details sind nicht bekannt. Ein Thema könnten aber durchaus die schon erwähnten Pfandrechte sein. Diese erhielt die Schoeller Group laut Medienberichten als Sicherheit für eine Geldspritze, mit der sie der Prime im vergangenen Sommer aus der Klemme geholfen haben soll. Dafür geradestehen sollte eine andere Tochtergesellschaft, die Signa Prime Capital Invest. Diese hält ihrerseits die Anteile an zahlreichen Projektgesellschaften, etwa für das Kaufhaus Lamarr in Wien und das Elbtower-Projekt in Hamburg.
Diese Pfandrechte würden abgezogen, womit die Verwertung der wertvollen Liegenschaften nicht mehr blockiert wäre, hieß es. Das wäre zweifellos ein Vorteil, der den Gläubigern etwas wert sein könnte. Umgekehrt könnte sich aber auch die Frage stellen, ob womöglich bei dem damals abgeschlossenen Deal ein Anfechtungsrisiko besteht. Bei erfolgreicher Anfechtung würden erworbene Rechte unwirksam. Dass das hier der Fall ist, soll nicht behauptet werden, rein von der zeitlichen Komponente her wird es aber wohl zu prüfen sein. „Im Fokus der derzeitigen Prüfungshandlungen liegt insbesondere der Zeitraum von Dezember 2022 bis zur Eröffnung des Sanierungsverfahrens“, heißt es dazu im Bericht des Insolvenzverwalters.
Der Zeitraum eines Jahres vor Insolvenzeröffnung sei für Anfechtungen besonders relevant, bestätigt auch Insolvenzrechtsexperte Kurz unabhängig vom Einzelfall. Allfällige Anfechtungsrisiken könnten bei der Kaufpreisbildung auch durchaus einzupreisen sein. Das könnte dann ein Argument sein, sogar eine Nachbesserung zu verlangen – auch wenn der tatsächliche Erfolg einer Anfechtung sich im Voraus oft schwer einschätzen lässt. Dass zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses bereits ein Liquiditätsengpass vorgelegen ist, reicht dafür nicht aus. „Es kommt auch darauf an, ob zum damaligen Zeitpunkt eine positive Fortbestehensprognose erstellbar gewesen wäre“, sagt Kurz.
Umstrittener Paketverkauf
Nicht anfechtbar sind im Übrigen Geschäfte nach Insolvenzeröffnung. Würden also Assets unter Annahmen, die sich später als falsch herausstellen, mit dem Sanktus von Gläubigerausschuss und Gericht zu billig verkauft, ließe sich daran nicht mehr rütteln. Ein Grund mehr, der gegen einen übereilten Abverkauf von Assets spricht.
Dass die Immobilien überhaupt als Paket verkauft werden sollen, wird bekanntlich ebenfalls teilweise skeptisch gesehen. Die Frage ist, ob das zu Preisabschlägen im Vergleich zur Verwertung der einzelnen Assets führt. Zwingend sei das jedoch nicht, ein Paketverkauf müsse nicht unbedingt schlechter sein, sagt Kurz. Beispielsweise könnten auch abgabenrechtliche Argumente dafür sprechen.