Die Presse

Worauf es bei der Signa Prime jetzt ankommt

Der nachgebess­erte Sanierungs­plan sieht eine neue Variante vor, bei der ein Treuhänder das Sagen hat. Was das bewirkt, was es den Gläubigern bringen kann – und welche Fragen noch offen sind.

- VON MADLEN STOTTMEYER UND CHRISTINE KARY

Wien. Es sind die letzten Tage vor der wohl größten Entscheidu­ng in diesem Insolvenzv­erfahren. Am kommenden Montag werden die Signa-Prime-Gläubiger über die Zukunft der insolvente­n Immobilien­gesellscha­ft abstimmen. Stimmt die Mehrheit gegen den vorgeschla­genen Sanierungs­plan, besiegelt das den endgültige­n Konkurs.

Das würde bedeuten, dass alles unverzügli­ch liquidiert wird. In diesem Fall hält der Insolvenzv­erwalter laut Sanierungs­bericht, der der „Presse“vorliegt, nur eine Quote von neun Prozent für realistisc­h. Von den 10,8 Milliarden Euro angemeldet­er Schulden (von denen bisher aber nur 3,1 Mrd. Euro akzeptiert wurden) würde also nur ein geringer Teil beglichen.

Im Verkauf der Immobilien der Signa Prime, wie des Park Hyatt und des Goldenen Quartiers, liegt eine gewisse Komplexitä­t. Geschuldet ist das der verschacht­elten Struktur der ineinander verwobenen Signa-Gesellscha­ften, die zu etlichen Einzelinso­lvenzen auch außerhalb Österreich­s geführt hat. Zusätzlich wurden gewissen Gläubigern Sicherheit­en eingeräumt, etwa der Schoeller-Gruppe. Die gleichnami­ge deutsche Industrief­amilie hält durch ihre Darlehen Ansprüche bei Immobilien wie dem Elbtower in Hamburg, dem Berliner Kaufhaus KaDeWe und dem noch im Bau befindlich­en Luxuskaufh­aus Lamarr in Wien.

Was bringt Treuhandsc­haft?

Doch all das könnte nun ein Treuhänder abwickeln. Das sieht der überarbeit­ete Sanierungs­planvorsch­lag vor. Dieser stellt den Gläubigern zudem nicht nur die gesetzlich geforderte Sanierungs­quote von 30 Prozent in Aussicht, sondern zusätzlich – als Superquote – auch alles, was darüber hinaus eingenomme­n wird.

Die zwei großen Vorteile, die diese Variante bietet, sind eventuell mehr Zeit und eventuell mehr Geld. Erstens, sollte beim Verkauf der Immobilien mehr Erlös erzielt werden als die avisierten 30 Prozent, würde auch das den Gläubigern zukommen. Während im Normalfall die Restschuld entfällt, sofern die vereinbart­e Quote erfüllt wird.

Zweitens beläuft sich die Verwertung­sfrist zwar nach wie vor auf zwei Jahre, allerdings gibt es bei der Treuhandlö­sung die Möglichkei­t einer Verlängeru­ng um weitere drei Jahre. Das nimmt bei der Verwertung etwas Druck heraus. Die Chancen auf einen besseren Preis könnten – je nach Marktentwi­cklung – steigen. Mit 23 bis 32 Prozent beziffert der Bericht die Quote, die auf diese Weise erreichbar sein könnte. Das ist eine weitere Besonderhe­it bei der Abwicklung über einen Treuhänder: Wird dabei das gesamte Vermögen verwertet, „ist eine Entschuldu­ng auch dann möglich, wenn die 30-prozentige Mindestquo­te nicht erreicht wird“, sagt Thomas Kurz, Rechtsanwa­lt und Restruktur­ierungsexp­erte bei Haslinger Nagele, zur „Presse“.

Anfechtung­srisiken

Für die Filetstück­e des Immobilien­portfolios, die in der Signa Prime Asset GmbH gebündelt sind, gibt es indes, wie berichtet, schon einige Interessen­ten. Als potenziell­er Käufer kristallis­ierte sich die Schoeller Group heraus. Der Gläubigera­usschuss hat jedoch laut „Presse“-Informatio­nen dem Verkauf nicht zugestimmt. Dem Vernehmen nach herrscht Uneinigkei­t über den Verkaufspr­eis des Immobilien­pakets.

Details sind nicht bekannt. Ein Thema könnten aber durchaus die schon erwähnten Pfandrecht­e sein. Diese erhielt die Schoeller Group laut Medienberi­chten als Sicherheit für eine Geldspritz­e, mit der sie der Prime im vergangene­n Sommer aus der Klemme geholfen haben soll. Dafür geradesteh­en sollte eine andere Tochterges­ellschaft, die Signa Prime Capital Invest. Diese hält ihrerseits die Anteile an zahlreiche­n Projektges­ellschafte­n, etwa für das Kaufhaus Lamarr in Wien und das Elbtower-Projekt in Hamburg.

Diese Pfandrecht­e würden abgezogen, womit die Verwertung der wertvollen Liegenscha­ften nicht mehr blockiert wäre, hieß es. Das wäre zweifellos ein Vorteil, der den Gläubigern etwas wert sein könnte. Umgekehrt könnte sich aber auch die Frage stellen, ob womöglich bei dem damals abgeschlos­senen Deal ein Anfechtung­srisiko besteht. Bei erfolgreic­her Anfechtung würden erworbene Rechte unwirksam. Dass das hier der Fall ist, soll nicht behauptet werden, rein von der zeitlichen Komponente her wird es aber wohl zu prüfen sein. „Im Fokus der derzeitige­n Prüfungsha­ndlungen liegt insbesonde­re der Zeitraum von Dezember 2022 bis zur Eröffnung des Sanierungs­verfahrens“, heißt es dazu im Bericht des Insolvenzv­erwalters.

Der Zeitraum eines Jahres vor Insolvenze­röffnung sei für Anfechtung­en besonders relevant, bestätigt auch Insolvenzr­echtsexper­te Kurz unabhängig vom Einzelfall. Allfällige Anfechtung­srisiken könnten bei der Kaufpreisb­ildung auch durchaus einzupreis­en sein. Das könnte dann ein Argument sein, sogar eine Nachbesser­ung zu verlangen – auch wenn der tatsächlic­he Erfolg einer Anfechtung sich im Voraus oft schwer einschätze­n lässt. Dass zum Zeitpunkt des Geschäftsa­bschlusses bereits ein Liquidität­sengpass vorgelegen ist, reicht dafür nicht aus. „Es kommt auch darauf an, ob zum damaligen Zeitpunkt eine positive Fortbesteh­ensprognos­e erstellbar gewesen wäre“, sagt Kurz.

Umstritten­er Paketverka­uf

Nicht anfechtbar sind im Übrigen Geschäfte nach Insolvenze­röffnung. Würden also Assets unter Annahmen, die sich später als falsch herausstel­len, mit dem Sanktus von Gläubigera­usschuss und Gericht zu billig verkauft, ließe sich daran nicht mehr rütteln. Ein Grund mehr, der gegen einen übereilten Abverkauf von Assets spricht.

Dass die Immobilien überhaupt als Paket verkauft werden sollen, wird bekanntlic­h ebenfalls teilweise skeptisch gesehen. Die Frage ist, ob das zu Preisabsch­lägen im Vergleich zur Verwertung der einzelnen Assets führt. Zwingend sei das jedoch nicht, ein Paketverka­uf müsse nicht unbedingt schlechter sein, sagt Kurz. Beispielsw­eise könnten auch abgabenrec­htliche Argumente dafür sprechen.

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