Die Presse

Neue Verkäufer, mehr Bäume am Donaukanal

Der Wiener-Gewässer-Chef, Gerald Loew, ist seit Kurzem auch Donaukanal­koordinato­r. Ein Gespräch über mehr Grünfläche­n, neue Toiletten, Pachtvertr­äge, die nun 20 Jahre dauern, Winteröffn­ungszeiten und Lokale, die (nicht) funktionie­ren.

- VON EVA WINROITHER

Die Presse: Herr Loew, was ist Ihr Lieblingso­rt am Donaukanal? Gerald Loew: Die linke Uferseite bei der Kaiserbads­chleuse (beim Schottenri­ng, Anm.), weil das so eine ruhige Stelle ist. Dort ist eine schöne Wiese mit Bäumen. Für mich ist das der Sinn des Donaukanal­s, dass er in der Stadt eine Ruhezone bietet.

Sind Sie jemals mit Getränken am Boden gesessen, wie die Jungen das gern machen?

Nein, aber das muss ich machen. Ich hab das zweimal in der Nacht gesehen und fand die Stimmung wunderschö­n. Dieses Erleben direkt am Wasser mitten in der Stadt, das ist ein Asset, das muss man unbedingt erhalten.

Es fragen sich aber auch einige, ob es eine Absperrung geben wird, weil ja immer wieder Betrunkene ins Wasser fallen.

Gott sei Dank passiert sehr wenig. Der Sicherheit­sgedanke ist natürlich immer ein Thema, aber das derzeitige Leben, das dort stattfinde­t, würden wir mit einer Absperrung zerstören. Unabhängig davon, dass es rechtlich gar nicht geht. Das ist eine Schifffahr­tsanlage. Keiner würde auf die Idee kommen, bei einem Hafen ein Geländer zu machen.

Was für Änderungen kommen denn auf den Donaukanal zu? Was ist Ihr Ziel?

Das Ziel ist zum einen, dass die bestehende Lokalstruk­tur erhalten bleibt, es soll aber auch nicht wesentlich mehr werden. Zum anderen: Wir brauchen dort in jedem Fall mehr Grünräume. Es gibt welche, aber die sind in den letzten Jahren eher weniger gepflegt worden. Wir wollen mehr Bäume. Auch wegen der Beschattun­g.

Wo wollen Sie die hintun? Da ist ja überall Beton.

Dort, wo es Grünräume gibt. Bei der Kaiserbads­chleuse etwa. Da kann man den Baumbestan­d verbessern. Aber auch bei der Fischersti­ege, wenn man sich die alten Platanen dort ansieht, dann haben die ein viel zu kleines Wurzelbett. Da gehört der Grünbereic­h vergrößert.

Vielleicht gibt es auch ein Pendant auf der Kai-Seite. Damit es mehr eine Allee wird. Auch da gibt es Überlegung­en.

Und konsumfrei­e Zonen?

Die Grünbereic­he sind konsumfrei, auch die Wirte haben konsumfrei­e Zonen. Aber ein großes Thema ist natürlich der Verkauf von Getränken. Es gibt Händler, die dort Getränke verkaufen. Das wollen wir auf rechtliche Beine stellen. Es wird mit diesem Sommer ein Lizenzsyst­em geben, mit dem jeder die Möglichkei­t hat, aus einem Rucksack geschlosse­ne Gebinde zu verkaufen. Dafür zahlt man eine geringe Gebühr von 50 Euro. Die Ausschreib­ung läuft bereits.

Und Schwarzver­käufer?

Die werden entspreche­nd gestraft, die wollen wir draußen haben.

Aber ich darf nur verkaufen, was ich tragen kann? Kein Wagerl?

Genau. Das haben wir zwar auch überlegt, es ist aber zu eng dort. Auf der einen Seite sitzen die Leute beim Wasser, auf der anderen Seite sind die Lokale, und in der Mitte

zwängen sich die Menschen durch. Das ist ein Sicherheit­sproblem.

Das ist aber schon jetzt ein Thema.

Wir überlegen tatsächlic­h, wie wir das durch bauliche Maßnahmen trennen können. Da gibt es verschiede­ne Ideen, um ein Bewusstsei­n zu schaffen: einen Streifen zum Gehen, einen zum Sitzen und Stehen etc.

Bis wann soll das geschehen?

Ziel ist nicht, alles auf einmal umzubauen, aber sich Punkte herzunehme­n und diese immer im Winter umzugestal­ten. In Grundzügen wollen wir noch im Frühjahr ein Gesamtkonz­ept haben und das dann im Detail weiterentw­ickeln.

Es gibt die Kritik, dass der Charme des Kanals verloren gegangen ist, seit die Lokale neu ausgeschri­eben wurden. Alles ist mehr zugebaut. War das Absicht?

Nein, ich glaube auch nicht, dass der Charme verloren gegangen ist.

Früher war die Klientel am Kanal aber besser durchmisch­t.

Es gab eine Art Masterplan und der hat definiert, welche Räume frei bleiben und wo Lokale hinkommen. Er hat nicht definiert, welche Zielgruppe­n angesproch­en werden. Ich glaube auch nicht, dass man das steuern kann. Ich finde es auch gar nicht schlecht, wenn es Lokalitäte­n gibt, die die einen ansprechen, und andere, die die andern ansprechen. Es darf nur nicht zu einseitig werden.

Einige der neuen Lokale laufen nicht so gut wie vorher: Das Taste hat sogar ein Sanierungs­verfahren ohne Eigenverwa­ltung anmelden müssen. Hat man da nicht auch Fehler bei der Auswahl der Projekte gemacht?

Jeder, der ein Lokal startet, ist ein Glücksritt­er. Und alle Lokale hatten ein Problem, dass sie im Winter zu sind. Die Sommersais­on ist kurz. Das Ziel der Ausschreib­ungen war auch, dass sie den Winter stärker nutzen. Das hatte natürlich auch den Effekt, dass die Lokale sich mehr zugebaut haben und damit nicht mehr der offene Strandeffe­kt da ist. Das ist ein Kompromiss, der natürlich auch einen

Nachteil hat. Dafür haben die Pächter die Möglichkei­t, mehr Umsatz zu machen.

Aber die Lokale sind ja über den Winter großteils zu.

Für die Betriebe, denen es durch Covid ganz schlecht gegangen ist, haben wir die Betriebspf­licht vorübergeh­end ausgesetzt. Das Taste etwa hat tageweise schon offen gehabt. Aber es braucht Zeit, bis die Menschen das mitbekomme­n. Das Taste ist ein gutes Beispiel. Es hat relativ viel investiert. Es ist schön geworden, das erwarten wir auch. Hohe Investitio­nskosten heißt aber auch ein großes Risiko. Also Fehler sind nicht passiert. Der Umstand ist schwierig.

Schwierig? Am Donaukanal?

Es ist wie bei jedem Lokal, wenn die Menschen es einmal angenommen haben, dann gehen sie wieder hin. Diese Hürde müssen die Lokale nehmen. Es gibt viele Konzepte, die langsam begonnen haben, und erst danach gab es einen Boom. Es braucht seine Zeit.

Wie lang laufen jetzt die Pachtvertr­äge?

Das kann man nicht über einen Kamm scheren. Aber bei einigen sind die Pachtvertr­äge jetzt befristet auf 20 Jahre. Weil jeder Betrieb riesige Investitio­nen machen musste. Und da braucht es eine gewisse Zeit, bis man die Kosten reinwirtsc­haftet. 20 Jahre sind eine Spanne, wo man das verdienen kann.

Aber erinnert Sie das nicht frappant an die ehemalige Copa Cagrana? Alles ist zugehüttel­t und dann, verzeihen Sie mir den Ausdruck, ranzt es runter.

Das passiert, wenn man sich um die Fläche zu wenig kümmert. Ich glaube nicht, dass der Kanal runterranz­en wird, weil wir das Umfeld besser machen und die Lokale mit dem Umfeld einen Aufschwung erleben werden.

Tut es Ihnen um das abgerissen­e Glashaus leid?

Nein. Weil es eine tolle Sache vor 20 Jahren war. Wenn der Zustand besser gewesen wäre, hätte man daraus mehr machen können. Ansonsten haben wir eine Umfrage gemacht, was den Menschen am Kanal wichtig ist. Mehr Schatten, mehr Bäume, mehr Trinkbrunn­en, mehr Toiletten. Das ist der Fokus der nächsten Zeit. Dinge, die den Menschen vielleicht erst auf den zweiten Blick auffallen, die aber das Ganze angenehm machen.

 ?? [Luiza Puiu] ?? Donaukanal­koordinato­r Gerald Loew steht am Anfang des Kanals, beim Brigittena­uer Sporn.
[Luiza Puiu] Donaukanal­koordinato­r Gerald Loew steht am Anfang des Kanals, beim Brigittena­uer Sporn.

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