Der diskrete Charme der Luxus-Vans
Nobel ausgestattet und elektrisch: die neue Generation von V-Klasse und EQV als Alternative zur Luxuslimousine.
Wer glaubt, dass Luxuslimousinen vom Schlag einer Mercedes S-Klasse oder eines BMW 7er das natürliche mobile Habitat der Reichen und Superreichen dieser Welt sind, der übersieht die diskreten Alternativen, in denen die betuchte Klientel längst bevorzugt vorfährt. Was natürlich auch Sinn der Sache ist.
So könnte man die in aller Regel schwarz gehaltenen Vans für gepflegte Hotel-Shuttles oder gar Lieferwagen mit Paketen und Paletten im Frachtraum halten. Kein Netzhaut-Muster alarmiert das Straßenpublikum, dass hier Super-VIPs oder ein Konzerngründer heranrauschen. In Zeiten, in denen Exponiertheit und öffentliche Aufmerksamkeit zunehmend gescheut werden, ist das ein wesentlicher Kaufgrund für Luxus-Vans, deren Hersteller auf Maßschneiderei spezialisierte Nischenanbieter sind.
Rollender Business Jet
Das andere Verkaufsargument liefern die Platzverhältnisse, die ein Van mit seiner Kastenform darstellen kann. Was Anbieter wie Klassen oder Brabus in Deutschland, Senzati
in England und Ultimate Toys in den Vereinigten Staaten aus den geräumigen Interieurs zaubern, gleicht mehr Business Jets als rollenden Personentransportern.
Luxuriöse Einzelsitze, große Flatscreens, Bad und WC mit Steinboden, Hochleistungsklimatisierung mit speziellen Schadstofffiltern, Office-Ausstattung, komplette „Privacy“und gern auch Panzerung der Karosserie – ein „Geht nicht“bekommen die Auftraggeber in der Branche üblicherweise nicht zu hören. Eine Playstation gehört übrigens zum Standard-Equipment, was auch etwas über die Nutzung der Vans verrät: Mit Familienanhang (oder Bodyguards) an Bord ist in klassischen Limousinen nicht viel auszurichten.
Bevorzugte Basis sind Vans von Mercedes und Volkswagen. Die Arbeiten
sind dabei aber so tiefgreifend, dass Senzati in England nicht als Veredler, sondern als eigener Hersteller registriert ist, der ein umfangreiches Test- und Crashprogramm mit den umgebauten Fahrzeugen absolvieren muss. Kostenpunkt: je nach Basis, Aufwand und Ausstattung ab etwa 200.000 Euro bis weit über drei Millionen Euro.
Ein kleines, aber wachsendes und lukratives Business, das die Hersteller selbst auf den Plan gerufen hat. Die neue Generation der Mercedes V-Klasse und des elektrischen Pendants EQV sind ganz auf Hochwertigkeit getrimmt und strotzen vor Extras und Optionen, die externe Umbauten, so sie nicht zu exaltiert daherkommen, bereits weitgehend vorwegnehmen.
Den Van-Begriff hat Mercedes, eine unlängst ausgerufene „Luxusstrategie“verfolgend, gleich zur Seite geschoben und spricht lieber von Großraumlimousinen. Passend ist erstmals der „statusprägende“Stern auf der Motorhaube der V-Klasse zu haben, auf Wunsch mit beleuchteter Kühlerverkleidung. Alle Varianten haben nun (auf Wunsch elektrische) Schiebetüren auf beiden Seiten. Drei Längen bieten Platz für bis zu acht Personen. Während serienmäßig vier Einzelsitze im Fond auf Sitzreihen verteilt sind, bieten die optionalen „Luxussitze“eine voll klimatisierte Liegemöglichkeit mit Massagefunktion. Sobald von Luxus die Rede ist, gehört auch auch ein Kühlschrank zur Ausstattung, der Clou sind elegante Gläser mit metallischem Boden, die auf den vorgesehenen Ablagen magnetisch fest haften. Zu den Zweiliter-Dieselmotoren in drei Leistungsstufen (163 bis 237 PS) gesellt sich demnächst ein mild hybridisierter Benziner mit 231 PS.
Die Alternative zu den Verbrennern ist der in zwei Längen angebotene EQV, der mit 60- und 90-kWhBatteriepaket ausgeliefert wird. Der fast lautlose, geschmeidige Antrieb macht sich für die Zwecke zweifellos gut, allerdings sind Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Neben der limitierten Reichweite ist das vor allem die auf 640 Kilogramm beschränkte Zuladung in der langen 90-kWh-Version. Bei voller Besetzung ist mit Gepäck das derzeit geltende 3500-kg-Limit für das Fahren mit B-Führerschein schnell überschritten.