Die Presse

Der diskrete Charme der Luxus-Vans

Nobel ausgestatt­et und elektrisch: die neue Generation von V-Klasse und EQV als Alternativ­e zur Luxuslimou­sine.

- VON TIMO VÖLKER

Wer glaubt, dass Luxuslimou­sinen vom Schlag einer Mercedes S-Klasse oder eines BMW 7er das natürliche mobile Habitat der Reichen und Superreich­en dieser Welt sind, der übersieht die diskreten Alternativ­en, in denen die betuchte Klientel längst bevorzugt vorfährt. Was natürlich auch Sinn der Sache ist.

So könnte man die in aller Regel schwarz gehaltenen Vans für gepflegte Hotel-Shuttles oder gar Lieferwage­n mit Paketen und Paletten im Frachtraum halten. Kein Netzhaut-Muster alarmiert das Straßenpub­likum, dass hier Super-VIPs oder ein Konzerngrü­nder heranrausc­hen. In Zeiten, in denen Exponierth­eit und öffentlich­e Aufmerksam­keit zunehmend gescheut werden, ist das ein wesentlich­er Kaufgrund für Luxus-Vans, deren Hersteller auf Maßschneid­erei spezialisi­erte Nischenanb­ieter sind.

Rollender Business Jet

Das andere Verkaufsar­gument liefern die Platzverhä­ltnisse, die ein Van mit seiner Kastenform darstellen kann. Was Anbieter wie Klassen oder Brabus in Deutschlan­d, Senzati

in England und Ultimate Toys in den Vereinigte­n Staaten aus den geräumigen Interieurs zaubern, gleicht mehr Business Jets als rollenden Personentr­ansportern.

Luxuriöse Einzelsitz­e, große Flatscreen­s, Bad und WC mit Steinboden, Hochleistu­ngsklimati­sierung mit speziellen Schadstoff­filtern, Office-Ausstattun­g, komplette „Privacy“und gern auch Panzerung der Karosserie – ein „Geht nicht“bekommen die Auftraggeb­er in der Branche üblicherwe­ise nicht zu hören. Eine Playstatio­n gehört übrigens zum Standard-Equipment, was auch etwas über die Nutzung der Vans verrät: Mit Familienan­hang (oder Bodyguards) an Bord ist in klassische­n Limousinen nicht viel auszuricht­en.

Bevorzugte Basis sind Vans von Mercedes und Volkswagen. Die Arbeiten

sind dabei aber so tiefgreife­nd, dass Senzati in England nicht als Veredler, sondern als eigener Hersteller registrier­t ist, der ein umfangreic­hes Test- und Crashprogr­amm mit den umgebauten Fahrzeugen absolviere­n muss. Kostenpunk­t: je nach Basis, Aufwand und Ausstattun­g ab etwa 200.000 Euro bis weit über drei Millionen Euro.

Ein kleines, aber wachsendes und lukratives Business, das die Hersteller selbst auf den Plan gerufen hat. Die neue Generation der Mercedes V-Klasse und des elektrisch­en Pendants EQV sind ganz auf Hochwertig­keit getrimmt und strotzen vor Extras und Optionen, die externe Umbauten, so sie nicht zu exaltiert daherkomme­n, bereits weitgehend vorwegnehm­en.

Den Van-Begriff hat Mercedes, eine unlängst ausgerufen­e „Luxusstrat­egie“verfolgend, gleich zur Seite geschoben und spricht lieber von Großraumli­mousinen. Passend ist erstmals der „statuspräg­ende“Stern auf der Motorhaube der V-Klasse zu haben, auf Wunsch mit beleuchtet­er Kühlerverk­leidung. Alle Varianten haben nun (auf Wunsch elektrisch­e) Schiebetür­en auf beiden Seiten. Drei Längen bieten Platz für bis zu acht Personen. Während serienmäßi­g vier Einzelsitz­e im Fond auf Sitzreihen verteilt sind, bieten die optionalen „Luxussitze“eine voll klimatisie­rte Liegemögli­chkeit mit Massagefun­ktion. Sobald von Luxus die Rede ist, gehört auch auch ein Kühlschran­k zur Ausstattun­g, der Clou sind elegante Gläser mit metallisch­em Boden, die auf den vorgesehen­en Ablagen magnetisch fest haften. Zu den Zweiliter-Dieselmoto­ren in drei Leistungss­tufen (163 bis 237 PS) gesellt sich demnächst ein mild hybridisie­rter Benziner mit 231 PS.

Die Alternativ­e zu den Verbrenner­n ist der in zwei Längen angebotene EQV, der mit 60- und 90-kWhBatteri­epaket ausgeliefe­rt wird. Der fast lautlose, geschmeidi­ge Antrieb macht sich für die Zwecke zweifellos gut, allerdings sind Einschränk­ungen in Kauf zu nehmen. Neben der limitierte­n Reichweite ist das vor allem die auf 640 Kilogramm beschränkt­e Zuladung in der langen 90-kWh-Version. Bei voller Besetzung ist mit Gepäck das derzeit geltende 3500-kg-Limit für das Fahren mit B-Führersche­in schnell überschrit­ten.

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[Werk] Nah an der Kundschaft: Luxusversi­on des neuen Mercedes EQV. Auf Wunsch: Einzelsitz­e mit Liegefunkt­ion. Neu auch die V-Klasse als Verbrenner-Linie (r. u.).

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