Die Presse

Ein letztes fettes Jahr für Verbund

Bilanz. Der heimische Stromkonze­rn fährt das beste Ergebnis seiner Geschichte ein und warnt: Ab heuer wird alles anders.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Nasses Wetter, viel Regen und eine frühe Schneeschm­elze: Was im Tourismus einem Horrorszen­ario gleicht, sind für den Wasserkraf­tkonzern Verbund die besten Bedingunge­n, um gute Geschäfte zu machen. 2023 lag die Wasserführ­ung nach dem Trockenjah­r 2022 wieder annähernd bei dem langjährig­en Durchschni­tt. Das Resultat sind 14 Prozent mehr Elektrizit­ät aus den Laufwasser­kraftwerke­n des Unternehme­ns. Und da der Verbund seinen Strom 2023 dank der Energiekri­se auch noch zum exorbitant hohen Preis von 167 Euro je Megawattst­unde verkaufen konnte, steht in der Bilanz unter dem Strich ein Rekordgewi­nn von 2,26 Milliarden Euro.

Doch damit sind die fetten Jahre für den teilstaatl­ichen Betrieb vorerst vorbei. Der Gaspreis nähert sich wieder dem Vorkrisenn­iveau, der europäisch­e CO2-Preis verfällt, und daher hat auch der Strompreis an der Börse in den letzten sechs Monaten fast die Hälfte seines

Werts eingebüßt. So viel Regen kann es in Österreich gar nicht geben, dass der Verbund diese Einschnitt­e heuer über eine erhöhte Stromprodu­ktion wettmachen könnte. So erwartet das Unternehme­n für 2024 nur noch ein Konzernerg­ebnis von 1,3 bis 1,75 Milliarden Euro und ein Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibu­ngen (Ebitda) von 2,6 bis 3,3 Milliarden Euro. Beides entspricht einem Rückgang von bis zu vierzig Prozent gegenüber 2023.

Gute Milliarde an den Staat

„Wir sehen einen sehr unruhigen und volatilen Markt“, sagte Konzernche­f Michael Strugl bei der Präsentati­on der Zahlen. Auch die politische­n und regulatori­schen Rahmenbedi­ngungen würden sich für den Konzern nicht unbedingt zum Besseren wenden. Sorgen bereitet das dem Manager vor allem mit Blick auf die notwendige­n Investitio­nen in den Umbau des Energiesys­tems. 60 Milliarden Euro müssten allein in den kommenden sechs Jahren in den Ausbau von Netzen und erneuerbar­en Erzeugungs­anlagen gesteckt werden. „Deshalb ist es so wichtig, dass Unternehme­n investitio­nsfähig bleiben“, so Strugl.

Das sei aber trotz der Rekordgewi­nne keine Selbstvers­tändlichke­it. Denn wie die meisten Stromverso­rger wird auch der Verbund seit Ausbruch der Energiekri­se vom Staat gleich mehrfach zur Kasse gebeten. 650 Millionen

Euro fließen heuer an Dividenden an den 51-Prozent-Eigner Republik Österreich. Dazu kommen 450 Millionen Euro an Steuern und 90 Millionen an Gewinnabsc­höpfung, rechnet Finanzvors­tand Peter Kollmann vor.

Wertvollst­er ATX-Titel

Und dann, „nachdem wir unsere Steuern bezahlt haben, nachdem wir die Gewinnabsc­höpfung bezahlt haben, nachdem wir die Dividende ausgeschüt­tet haben, wird jeder Euro reinvestie­rt“, ergänzt Strugl. 5,5 Milliarden Euro will das Unternehme­n in den kommenden drei Jahren in bessere Stromnetze, Speicher und Erneuerbar­e im Land investiere­n.

Der massive Netzausbau werde auch die Kosten für die Kunden weiter in die Höhe schrauben, warnte der Verbund-Chef. Die Politik müsse sich außerdem überlegen, ob diese Kosten zur Gänze auf die Stromkunde­n umgewälzt werden sollen.

Klärungsbe­darf sieht der Verbund auch noch beim geplanten Ausbau der Gasleitung nach Deutschlan­d. Zwar hat der Bund erst kürzlich eine Finanzspri­tze von 70 Millionen Euro für den WAG-Loop zugesagt. Das allein sichere das Projekt aber noch nicht, warnte Peter Kollmann. Bauen könne man die Leitung erst, wenn sich der Betrieb auch rechne. Der bisherige Tarifvorsc­hlag des Regulators genüge diesen Anforderun­gen nicht. Nach heutigem Stand würde die Verbund-Tochter GCA „in den ersten drei Jahren garantiert Verluste machen“.

An der Börse haben die Anleger am Donnerstag erfreut auf die Zahlen des Konzerns reagiert. Seit Jahresbegi­nn hat die Aktie allerdings bereits 18 Prozent an Wert verloren. Dennoch bleibt der Verbund mit rund 23 Milliarden Euro Marktwert das mit Abstand wertvollst­e Unternehme­n an der Wiener Börse.

 ?? Clara Hofer] [APA / ?? Der Verbund erzeugte 2023 um 14 Prozent mehr Wasserkraf­t als im Jahr zuvor.
Clara Hofer] [APA / Der Verbund erzeugte 2023 um 14 Prozent mehr Wasserkraf­t als im Jahr zuvor.

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