DAX springt erstmals über 18.000 Punkte
Die Hoffnung auf Zinssenkungen sorgt für Euphorie. Sind die Marktteilnehmer blind für Risiken?
Wien/Frankfurt. Der deutsche Leitindex DAX, der Ende 1987 mit 1000 Punkten gestartet war, übersprang am Mittwoch erstmals in seiner Geschichte die Hürde von 18.000 Punkten. Zuletzt war es rasant dahingegangen: Die Marke von 10.000 Punkten hatte der Index im Jahr 2014 erreicht, die 17.000er-Hürde war erst im vorigen Dezember gefallen, jetzt war der 18.000er an der Reihe.
Das ist insofern bemerkenswert, als es der deutschen Wirtschaft gar nicht so gut geht, sie befindet sich in einer Rezession. Diese Diskrepanz hat damit zu tun, dass die DAX-Firmen nur 40 Prozent ihrer Umsätze in der Eurozone erzielen, bei SAP oder Siemens sei dieser Anteil noch geringer, schreibt Benjardin Gärtner von Union Investment in einem Marktausblick.
Der DAX hat bewegte Zeiten hinter sich: Nach der für den deutschen Finanzmarkt blamablen Pleite des Indexneulings Wirecard im Jahr 2020 war der DAX neu strukturiert worden. Statt 30 sind nun 40 Werte im Leitindex enthalten, doch wurden die Kriterien verschärft, so darf es keine Verzögerung bei der Zahlenvorlage geben, wie das bei Wirecard der Fall war.
Gewinne sprudeln
Die Gründe für den jüngsten Höhenflug sind zahlreich: Die Unternehmensgewinne sprudeln, am Mittwoch konnten etwa der Onlinehändler Zalando und der Stromversorger E.On positiv überraschen. Am Donnerstag tat der Rüstungskonzern Rheinmetall kund, dass man zuversichtlich sei, einen Großauftrag aus den USA zu erhalten. Ein weiterer Grund ist die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen in den USA und in Europa. Diese sorgt nicht nur beim DAX für Euphorie: Sondern auch der Gold-, Bitcoin-, der amerikanische und der japanische Aktienmarkt konnten kürzlich mit Rekordhochs aufwarten.
Der DAX hat es aber leichter als die meisten anderen Indizes, einen Rekord nach dem anderen einzustellen. Er wird nämlich als Performanceindex berechnet: In ihn werden nicht nur die Kurse, sondern auch die Dividenden einberechnet. Die meisten anderen Indizes, etwa der österreichische ATX, der noch weit unter seinem Rekordhoch aus dem Jahr 2007 liegt, werden als reine Kursindizes berechnet.
Bestperformer Rheinmetall
Der DAX weist seit Jahresbeginn ein Plus von sieben Prozent auf. Die stärksten Zugewinne unter den 40 Titeln erfuhren der Rüstungskonzern Rheinmetall (plus 53 Prozent), der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck (35) und das Softwareunternehmen SAP (25 Prozent), das mit einem Börsenwert von 216 Milliarden Euro zugleich auch der größte DAXWert ist. Union-Investment-Experte Gärtner verweist darauf, dass es vor allem Schwergewichte sind, die den Index nach oben ziehen: SAP, Siemens (plus 20 Prozent) und Airbus (15 Prozent) seien für drei Viertel der DAX-Kursanstiege verantwortlich.
Verlierer gab es freilich auch, allen voran den Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer, der seit der Übernahme des US-Konkurrenten Monsanto unter eine Klagewelle leidet und zuletzt mit wenig ambitionierten Zukunftsplänen enttäuscht hatte. Die Aktie des vor etwa zehn Jahren größten DAX-Unternehmens ist seit Jahresbeginn um 22 Prozent gefallen, dabei ist das Papier auf ein Fünftel seines Rekordwerts aus dem Jahr 2015 zusammengeschrumpft.
Indes gibt es Stimmen, die vor zu viel Euphorie warnen: „Es scheint, als könne die Investoren nichts mehr aufhalten, auch nicht eine in den USA wieder leicht anziehende Inflation, die eine erste Zinssenkung weiter nach hinten schieben könnte“, sagte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robo Markets zu Reuters.