Ein Liederabend, bei dem vieles auf der Strecke blieb
Bariton Matthias Goerne und Pianist Jewgeni Kissin waren im Musikverein leider keine Traumkombination.
Wie macht man einen Liederabend vom Liebhaberevent zum Kassenschlager? Man stelle dem Kunstsänger einen Pianistenstar zur Seite! Im Musikverein führte das zur Kombi Matthias Goerne und Jewgeni Kissin, im übervollen Goldenen Saal. Auf dem Papier klingt die Zusammenarbeit zweier veritabler Meister ihres Faches ja interessanter, als wenn dem Sänger bloß brav eine Klavierbegleitung folgt. Doch wie an diesem pausenlosen Abend mit Schumann und Brahms klar wurde, muss sie nicht immer aufgehen.
Kissin, über den Steinway gebeugt, als brauchte er eine neue Brille, gab den Ton an, als er zu „Abends am Strand“erfrischend breitpfotig in die Tasten haute. Doch was machte Goerne, dessen anpackende Vorträge dem Kunstlied über die Jahre die Verkopftheit ausgetrieben haben? Nach grollendem Beginn säuselte und nuschelte er sich nasal durch das Programm, wie man es noch nie gehört hat.
Dieser Eindruck verebbte nur selten. Im rasenden „Die Rose, die Lilie“aus der „Dichterliebe“etwa, oder im letzten der Brahms’schen Lieder und Gesänge Op. 32 („Wie bist du, meine Königin“), das vom Kontrast des glöckchenklaren Klaviers mit dem wiegenliedhaften Vortrag profitierte. Ansonsten? Manierismen, die beharrlich französische Formung von Vokalen – und der Eindruck eines verliebten Tanzbären.
Es half nicht, dass der Goldene Saal nicht für Liederabende gebaut wurde. Da blieb viel an Wort auf der Strecke. Was übrig blieb, war seltsam unpersönlich. Und – das kann man teils auch Brahms ankreiden – ein wenig spröde und ermüdend.