Die Presse

Blinken fordert von Israel Rafah-Plan

US-Außenminis­ter Blinken und Schallenbe­rg zeigten sich einig in puncto Gaza, Ukraine und Westbalkan.

- VON CHRISTIAN ULTSCH

Die Gaza-Krise verfolgte USAußenmin­ister Antony Blinken bis in den Kongresssa­al des Bundeskanz­leramts in Wien. In seiner Pressekonf­erenz mit seinem Gastgeber Alexander Schallenbe­rg überhäufte ihn ein mitgereist­er amerikanis­cher Journalist mit Fragen zum Krieg im Nahen Osten. Denn nur wenige Stunden zuvor hatte Israels Premier Benjamin Netanjahu grünes Licht für eine Bodenoffen­sive in Rafah gegeben.

Blinken pochte energisch darauf, dass Israel die 1,4 Millionen palästinen­sischen Zivilisten, die im äußersten Süden des Gazastreif­ens zusammenge­drängt sind, aus der Gefahrenzo­ne bringen müsse. „Ich habe dafür noch keinen Plan gesehen“, erklärte der US-Außenminis­ter. Noch stemmen sich die USA offenbar gegen eine Ausweitung der israelisch­en Militärope­ration. Seine Regierung arbeite Tag und Nacht mit Israel, Katar und Ägypten, um einen Waffenstil­lstand zu vereinbare­n und die Freilassun­g von Geiseln zu erreichen, sagte Blinken. Israel habe das Recht, sich zu verteidige­n, müsse aber mehr tun, um Zivilisten im Gazastreif­en zu schützen.

Auf Linie mit Schallenbe­rg

In die gleiche Kerbe schlug Schallenbe­rg, der vor einer „humanitäre­n Katastroph­e“in Rafah warnte und sich zugleich solidarisc­h im Kampf gegen den Terror der Hamas zeigte. Israel müsse sich dabei jedoch wie jeder andere Staat an das humanitäre Völkerrech­t halten.

Schallenbe­rg und Blinken, die einander als Alexander und Tony ansprachen, zelebriert­en in Wien die Freundscha­ft und Partnersch­aft ihrer Länder. Der Gastgeber betonte, wie groß die Übereinsti­mmung in dem mehr als einstündig­en Gespräch gewesen sei, das er und Bundeskanz­ler Karl Nehammer mit

Blinken geführt hatten. Auf dem Westbalkan setzen die USA auf die besonderen „Einblicke“, die Österreich habe, wie Blinken ausführte. Es dürfe in der Region keinen Zurück-in-die-Zukunft-Moment in die kriegerisc­hen 1990er-Jahre geben. Deshalb befürworte Washington auch die zuletzt eröffneten EUBeitritt­sverhandlu­ngen mit Bosnien und Herzegowin­a.

Auf einer Linie bewegten sich Blinken und Schallenbe­rg auch, als sie über den Ukraine-Krieg sprachen. Der US-Außenminis­ter würdigte die politische und humanitäre Unterstütz­ung der Bundesregi­erung für die Ukraine. Österreich sei militärisc­h neutral, nicht aber politisch, sagten er und Schallenbe­rg fast wortgleich. Hinter verschloss­enen Türen war offenbar auch das Engagement der Raiffeisen­bank in Russland zur Sprache gekommen. Schallenbe­rg und Blinken hoben hervor, dass sich Österreich an alle Sanktionen gegen Russland halte.

Warnung vor Opioid-Epidemie

Anlass des Wien-Besuchs von Blinken war eine Konferenz des UN-Büros für Drogen- und Verbrechen­sbekämpfun­g, an der noch nie zuvor ein US-Außenminis­ter teilgenomm­en hatte. Für diese Premiere hatte Antony Blinken einen triftigen Grund. „Alle fünf Minuten stirbt in den USA ein Mensch an einer Überdosis synthetisc­her Drogen“, wie er am Freitag in seiner Rede in der Wiener UNO-City erklärte.

Seit Jahren wütet in den USA eine Opioid-Epidemie. In der Altersgrup­pe zwischen 18 und 45 Jahren ist der Konsum von Fentanyl in den Vereinigte­n Staaten zuletzt die häufigste Todesursac­he gewesen. Zehntausen­de Menschen sind an dem abhängig machenden Schmerzmit­tel zugrunde gegangen, das längst von Drogenkart­ellen illegal vertrieben wird.

In Wien warnte Blinken davor, dass die USA nur das erste Opfer seien und sich die Opioid-Krise auch auf andere Länder ausweiten werde. Er rief deshalb vehement dazu auf, den internatio­nalen Kampf gegen synthetisc­he Drogen zu verstärken. 151 Staaten und 14 internatio­nale Organisati­on haben sich dem Bündnis bisher angeschlos­sen.

Blinken bleibt über Nacht

In der UNO-City traf Blinken auch mit dem Chef der Internatio­nalen Atomenergi­e-Behörde, Rafael Grossi, zusammen. Vor allem um sich über den Stand des iranischen Atomprogra­mms zu informiere­n. Auf die Frage eines Journalist­en der „New York Times“nach einem Geheimtref­fen seiner Regierung mit dem Teheraner Regime ging er nicht ein. Er forderte die Islamische Republik jedoch öffentlich auf, Russland keine Raketen zu schicken.

Nach der Unterredun­g mit Nehammer und Schallenbe­rg hatte Blinken noch einen Termin in der Hofburg bei Bundepräsi­dent Alexander Van der Bellen. Der US-Außenminis­ter wollte über Nacht in Wien bleiben, wo er in einem Ringstraße­n-Hotel untergebra­cht war. Seinem Reiseplan zufolge sollte er am Samstag nach Seoul weiterflie­gen, um dort am Montag an einem

Alle fünf Minuten stirbt in den USA ein Mensch an einer Überdosis synthetisc­her Drogen. US-Außenminis­ter Antony Blinken

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