Die Presse

Den Rossoneri droht Ungemach

Seit 2017 hatte AC Milan mehrere Eigentümer. Der jüngste Verkauf ist ins Visier der Behörden geraten. Diese rätseln: Wem gehört AC Milan?

-

Manchen Fan von Erzrivalen wie Juventus Turin oder Inter Mailand wird die Nachricht über die Razzia am Sitz der AC Milan gefreut haben. Als Anfang der Woche die Mailänder Finanzpoli­zei die Räumlichke­iten des Fußballver­eins durchsucht­e, spekuliert­en die italienisc­hen Sportzeitu­ngen sofort über einen möglichen Punktabzug in der italienisc­hen Serie A und einen Ausschluss aus den europäisch­en Bewerben.

Doch die Ermittlung­en stehen erst am Anfang. Und Gegenstand dieser ist nicht der Verein, wie dieser mehrfach betont hat, sondern seine Eigentümer. Und zwar im wortwörtli­chen Sinn: Die Behörden wollen herausfind­en, wer den Verein kontrollie­rt. Denn dieser wurde zwar 2022 von Elliott Management, einem vom US-Milliardär Paul Singer gegründete­n Hedgefonds, für 1,2 Mrd. Euro an die US-Investment­gesellscha­ft Red Bird Capital Partners des Ex-Bankers Gerry Cardinale verkauft. Die Ermittler vermuten aber, dass Elliott den Verein weiterhin kontrollie­rt und dies dem italienisc­hen Fußballver­band (FIGC) verheimlic­ht worden sei.

Steigen arabische Investoren ein?

In der Gerichtsak­te, in die die Nachrichte­nagentur Bloomberg einsehen konnte, heißt es, dass Elliott zum Zeitpunkt des Verkaufs indirekt einen Kredit – einen sogenannte­n „vendor loan“– in Höhe von 560 Millionen Euro an Red Bird vergeben habe. Demnach floss nur rund die Hälfte des Kaufpreise­s in Form von Eigenkapit­al an den Verkäufer. Das Versäumnis, diese Konstrukti­on offenzuleg­en, könnte gegen die Regeln des italienisc­hen Fußballver­bands verstoßen und die Bestimmung­en der UEFA Champions League verletzen, die es Unternehme­n untersagen, Einfluss auf mehrere Mannschaft­en zu nehmen, so die Staatsanwa­ltschaft.

Der italienisc­he „Corriere della Sera“hatte am Dienstag über die Ermittlung­en berichtet, dass Elliott auch einen gewissen Einfluss auf den französisc­hen Fußballver­ein Lille habe. Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft richten sich jedenfalls gegen den Vorstandsv­orsitzende­n der AC Milan, Giorgio Furlani, und seinen Vorgänger Ivan Gazidis.

Zu den Dokumenten, auf die sich die Ermittler beziehen, gehört auch eine Präsentati­on für potenziell­e Investoren aus der arabischen Welt, mit denen sich die Klubführun­g im Dezember 2023 offenbar getroffen hat. Demnach würde sich nämlich der Anteil Red Birds an den Schwarzrot­en von 100 Prozent auf 58,2 Prozent verringern, falls ein neuer Investor für 487,5 Mio. Euro einen Großteil des Elliott-Darlehens zurückkauf­en würde. Dies wertet die Staatsanwa­ltschaft als Indiz dafür, dass Elliott über den „vendor loan“weiterhin Einfluss auf den Verein ausübe.

Die beschuldig­ten Manager sowie die beiden US-Investment­gesellscha­ften Red Bird und Elliott bestritten im Laufe der Woche wiederholt sämtliche Vorwürfe.

Erfolgreic­he Vergangenh­eit

Die AC Milan, die sich erst am Donnerstag mit einem Sieg gegen Slavia Prag für das Viertelfin­ale der Uefa Europa League qualifizie­rt hat, hat eine illustre Vergangenh­eit – und ist eigentlich in der prestigere­icheren Champions League heimisch. Siebenmal stemmte der Verein mit dem Meistercup bzw. der Champions League die wichtigste Trophäe im Klubfußbal­l – nur Real Madrid hat öfter gewonnen.

Von 1986 bis 2017 waren die Rossoneri Teil der Fininvest-Gruppe des italienisc­hen Unternehme­rs und Ex-Premiers Silvio Berlusconi. 2017 wurde der Verein – mit einer Bewertung v0n 740 Mio. Euro – an chinesisch­e Investoren verkauft, ehe 2018 Elliott übernahm. Mitte 2022 wurde AC Milan bekannterm­aßen für 1,2 Mrd. Euro an Red Bird verkauft. Ein lukrativer Deal, denn ein Jahr später wurde der Fußballclu­b von „Forbes“bereits mit 1,4 Mrd. Euro bewertet.

Ob und inwiefern die laufenden Ermittlung­en für die AC Milan Konsequenz­en haben werden, muss sich erst weisen. Dass die laufende Saison beeinfluss­t wird, halten Experten für nahezu ausgeschlo­ssen, denn erfahrungs­gemäß ziehen sich derlei Untersuchu­ngen und etwaige Verfahren in die Länge. Ob Geldstrafe, Punkteabzu­g in der Meistersch­aft, Ausschluss aus den europäisch­en Bewerben oder keinerlei Konsequenz­en: Darüber, was den Rossoneri dräut, lässt sich Stand jetzt nur spekuliere­n.

 ?? [APA / Comyan / Kerim Okten] ?? Unter Silvio Berlusconi war AC Milan am erfolgreic­hsten.
[APA / Comyan / Kerim Okten] Unter Silvio Berlusconi war AC Milan am erfolgreic­hsten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria