Oldies, but Goldies: Die Pension muss warten
Sie betreiben Spitzensport gegen Konkurrenten, die ihre Kinder sein könnten. Noriaki Kasai, LeBron James, Claudia Riegler und Co. – diese legendären „Rücktrittsverweigerer“schreiben aktuell die Geschichte ihrer Sportarten neu.
Je länger manch Evergreen im Geschäft ist, desto besser. Wobei es ein zweischneidiges Schwert ist, wenn ein Methusalem des Sports nicht in Pension gehen will respektive nicht aufhören kann. Erfolge von einst sind oft nur noch Verklärung im Rückspiegel und manch Auftritt in der Gegenwart ein gern kritisierter Abklatsch dessen. Doch die Faszination, es der jungen, aufstrebenden Generation zu zeigen, ist Teil unseres Alltages. Wer will schon zum „alten Eisen“zählen? „Die Presse“nennt Ausnahmekönner des Sports.
Der Flugsaurier
Den Japaner Noriaki Kasai hält gar nichts auf. Er ist 51 Jahre alt und denkt partout nicht daran, die Skisprungski ins Eck zu stellen. Was 1988 (Stefan Kraft war da noch nicht geboren) mit dem V-Stil begann, will 2024 noch kein Ende finden. Er hat Freude am Beruf – Japans Skispringer sind in ihrer Heimat Angestellte eines Konzerns (in seinem Fall ein Wohnbau-Unternehmen) – und jetzt landet der Flugsaurier als „ältester Athlet“an diesem Wochenende beim Skifliegen in Vikersund. Der Gewinner von 17 Weltcupspringen und neun Medaillen bei Großereignissen (war acht Mal bei Winterspielen) feierte zuletzt in Sapporo sogar Weltcuppunkte.
Das Stehaufmännchen
Warum tut er sich das noch an? Dass Rafael Nadal mit seinen 37 Jahren und unter ständigen Schmerzen noch immer über Tennisplätze sprintet, ist dem Wunsch nach einem würdigen Abschluss geschuldet. Aktuell macht der unermüdliche Spanier seine x-te Verletzungspause, spätestens in Paris, wenn auf „seinem“Sandplatz die French Open und Olympia anstehen, will er die Trophäensammlung erweitern. Dass der Vollblutsportler neben seinen Nehmerfähigkeiten noch immer über spielerische Klasse verfügt, die die meisten Jungstars auf der ATP-Tour erblassen lässt, steht außer Frage. 22 GrandSlam-Titel und 209 Wochen an der Spitze der Weltrangliste kommen nicht von ungefähr.
Die Aussortierte
Mit 30 Jahren sei sie aus Sicht des österreichischen Skiverbands einst zu alt gewesen und wurde deshalb „ausgesondert“, berichtete Claudia Riegler. Diesen Sommer feiert die Snowboarderin nun ihren 51. Geburtstag – und wird dann erneut im Weltcup an den Start gehen. Sogar ein Antreten bei den Olympischen Spielen 2026 in Italien hat sie bereits als Ziel bekannt gegeben. Riegler fuhr in der abgelaufenen Saison dreimal in die Top fünf eines Parallelbewerbs. Gerade ihre zwischenzeitliche Aussortierung habe die Weltmeisterin von 2015 angestachelt, weiterzukämpfen. „Aufgeben war noch nie mein Ding.“Ob sie nach ihrem bislang letzten Weltcupsieg 2021 noch einmal zum ganz großen Wurf ausholen wird?
Die Olympiaheldin
Claudia Pechstein will ihre Karriere mit 52 Jahren fortsetzen. In der vergangenen Saison hatte die Eisschnellläuferin bei den deutschen Meisterschaften ihren 43. nationalen Titel gewonnen, die fünffache Olympiasiegerin und sechsfache Weltmeisterin gilt nach wie vor als unverzichtbarer Teil des Teams. „Mir persönlich haben lang die Vorbilder gefehlt. Claudia ist die Einzige, von der man noch etwas mitnehmen kann“, sagt die 21jährige Anna Ostlender. Aktuell absolviert die „ewige Pechstein“(mit acht Olympiateilnahmen seit 1992 hält sie den Rekord bei den Frauen) auch ein Trainerstudium.
Der japanische König
Mit 57 Jahren schnürt Kazuyoshi Miura immer noch die Fußballschuhe und ist der älteste Profi seiner Zunft. Der Japaner spielt für den portugiesischen Zweitligisten Oliveirense
und kam in dieser Saison bisher auf fünf Kurzeinsätze. Klar ist, dass „King Kazu“in marketingtechnischer Hinsicht inzwischen deutlich mehr bewirkt als auf dem Platz. Dennoch gilt er als einer der besten Kicker seines Landes aller Zeiten. Er spielte etwa auch in Brasilien, Japan, Italien sowie Kroatien und erzielte 55 Tore für das Nationalteam. Miura hat auch in der Popkultur Spuren hinterlassen, seine Karriere gilt als Vorlage für die Mangaserie „Captain Tsubasa“.
Der Benzinbruder
Als „so fit wie noch nie zuvor“bezeichnet sich Fernando Alonso vor der Formel-1-Saison 2024. Das will bei seinen inzwischen 42 Jahren schon etwas heißen. Der Spanier, aktuell bei Aston Martin unter Vertrag und WMVierter des Vorjahres, träumt weiter von seinem dritten Titel nach 2005 und 2006 . Wie lang der 379-fache Grand-Prix-Starter (Rekord) überhaupt noch Gas geben will? „Wenn du motiviert bist und dich aufopferst, kannst du vielleicht bis 48, 49 oder sogar 50 fahren. Dafür musst du eben alles im Leben aufgeben!“
Der Korbjäger
Dass selbst in der besten Basketballliga der Welt auch mit 39 Jahren noch Weltklasseleistungen möglich sind, beweist LeBron James. Der Amerikaner im Dienste der Los Angeles Lakers avancierte vor rund zwei Wochen zum ersten Spieler, der mehr als 40.000 Punkte in der NBA sammeln konnte. „Ziemlich cool“, sagte der vierfache Meister, der in seinen mittlerweile 21 Profijahren besonders durch Konstanz besticht. Seit mehr als 1200 Partien hat er immer mindestens zehn Punkte erzielt, selbst Michael Jordan schaffte das nur 866 Spiele in Serie.
Der Publikumsliebling
Wer das Dress von 13 Vereinen übergestreift hat und von den Fans all dieser Teams geliebt wird, hat etwas richtig gemacht. Jaromír Jágr gilt als Legende des Eishockeysports – und steht mit 52 Jahren immer noch auf dem Eis. Seit 2018 spielt der Tscheche für seinen Heimatverein Kladno, bei dem er 1988 seine Profikarriere begonnen hat und dessen Eigentümer er inzwischen ist. Jágr war 1990 in die NHL zu den Pittsburgh Penguins gewechselt und gewann 1991 und 1992 den Stanley Cup. Mit 1921 Punkten ist er der zweiterfolgreichste Scorer der besten Eishockeyliga der Welt. Im Nationalteam wurde er Olympiasieger (1998) und Weltmeister (2005, 2010).