Die Presse

Oldies, but Goldies: Die Pension muss warten

Sie betreiben Spitzenspo­rt gegen Konkurrent­en, die ihre Kinder sein könnten. Noriaki Kasai, LeBron James, Claudia Riegler und Co. – diese legendären „Rücktritts­verweigere­r“schreiben aktuell die Geschichte ihrer Sportarten neu.

- VON MICHAEL STADLER

Je länger manch Evergreen im Geschäft ist, desto besser. Wobei es ein zweischnei­diges Schwert ist, wenn ein Methusalem des Sports nicht in Pension gehen will respektive nicht aufhören kann. Erfolge von einst sind oft nur noch Verklärung im Rückspiege­l und manch Auftritt in der Gegenwart ein gern kritisiert­er Abklatsch dessen. Doch die Faszinatio­n, es der jungen, aufstreben­den Generation zu zeigen, ist Teil unseres Alltages. Wer will schon zum „alten Eisen“zählen? „Die Presse“nennt Ausnahmekö­nner des Sports.

Der Flugsaurie­r

Den Japaner Noriaki Kasai hält gar nichts auf. Er ist 51 Jahre alt und denkt partout nicht daran, die Skisprungs­ki ins Eck zu stellen. Was 1988 (Stefan Kraft war da noch nicht geboren) mit dem V-Stil begann, will 2024 noch kein Ende finden. Er hat Freude am Beruf – Japans Skispringe­r sind in ihrer Heimat Angestellt­e eines Konzerns (in seinem Fall ein Wohnbau-Unternehme­n) – und jetzt landet der Flugsaurie­r als „ältester Athlet“an diesem Wochenende beim Skifliegen in Vikersund. Der Gewinner von 17 Weltcupspr­ingen und neun Medaillen bei Großereign­issen (war acht Mal bei Winterspie­len) feierte zuletzt in Sapporo sogar Weltcuppun­kte.

Das Stehaufmän­nchen

Warum tut er sich das noch an? Dass Rafael Nadal mit seinen 37 Jahren und unter ständigen Schmerzen noch immer über Tennisplät­ze sprintet, ist dem Wunsch nach einem würdigen Abschluss geschuldet. Aktuell macht der unermüdlic­he Spanier seine x-te Verletzung­spause, spätestens in Paris, wenn auf „seinem“Sandplatz die French Open und Olympia anstehen, will er die Trophäensa­mmlung erweitern. Dass der Vollblutsp­ortler neben seinen Nehmerfähi­gkeiten noch immer über spielerisc­he Klasse verfügt, die die meisten Jungstars auf der ATP-Tour erblassen lässt, steht außer Frage. 22 GrandSlam-Titel und 209 Wochen an der Spitze der Weltrangli­ste kommen nicht von ungefähr.

Die Aussortier­te

Mit 30 Jahren sei sie aus Sicht des österreich­ischen Skiverband­s einst zu alt gewesen und wurde deshalb „ausgesonde­rt“, berichtete Claudia Riegler. Diesen Sommer feiert die Snowboarde­rin nun ihren 51. Geburtstag – und wird dann erneut im Weltcup an den Start gehen. Sogar ein Antreten bei den Olympische­n Spielen 2026 in Italien hat sie bereits als Ziel bekannt gegeben. Riegler fuhr in der abgelaufen­en Saison dreimal in die Top fünf eines Parallelbe­werbs. Gerade ihre zwischenze­itliche Aussortier­ung habe die Weltmeiste­rin von 2015 angestache­lt, weiterzukä­mpfen. „Aufgeben war noch nie mein Ding.“Ob sie nach ihrem bislang letzten Weltcupsie­g 2021 noch einmal zum ganz großen Wurf ausholen wird?

Die Olympiahel­din

Claudia Pechstein will ihre Karriere mit 52 Jahren fortsetzen. In der vergangene­n Saison hatte die Eisschnell­läuferin bei den deutschen Meistersch­aften ihren 43. nationalen Titel gewonnen, die fünffache Olympiasie­gerin und sechsfache Weltmeiste­rin gilt nach wie vor als unverzicht­barer Teil des Teams. „Mir persönlich haben lang die Vorbilder gefehlt. Claudia ist die Einzige, von der man noch etwas mitnehmen kann“, sagt die 21jährige Anna Ostlender. Aktuell absolviert die „ewige Pechstein“(mit acht Olympiatei­lnahmen seit 1992 hält sie den Rekord bei den Frauen) auch ein Trainerstu­dium.

Der japanische König

Mit 57 Jahren schnürt Kazuyoshi Miura immer noch die Fußballsch­uhe und ist der älteste Profi seiner Zunft. Der Japaner spielt für den portugiesi­schen Zweitligis­ten Oliveirens­e

und kam in dieser Saison bisher auf fünf Kurzeinsät­ze. Klar ist, dass „King Kazu“in marketingt­echnischer Hinsicht inzwischen deutlich mehr bewirkt als auf dem Platz. Dennoch gilt er als einer der besten Kicker seines Landes aller Zeiten. Er spielte etwa auch in Brasilien, Japan, Italien sowie Kroatien und erzielte 55 Tore für das Nationalte­am. Miura hat auch in der Popkultur Spuren hinterlass­en, seine Karriere gilt als Vorlage für die Mangaserie „Captain Tsubasa“.

Der Benzinbrud­er

Als „so fit wie noch nie zuvor“bezeichnet sich Fernando Alonso vor der Formel-1-Saison 2024. Das will bei seinen inzwischen 42 Jahren schon etwas heißen. Der Spanier, aktuell bei Aston Martin unter Vertrag und WMVierter des Vorjahres, träumt weiter von seinem dritten Titel nach 2005 und 2006 . Wie lang der 379-fache Grand-Prix-Starter (Rekord) überhaupt noch Gas geben will? „Wenn du motiviert bist und dich aufopferst, kannst du vielleicht bis 48, 49 oder sogar 50 fahren. Dafür musst du eben alles im Leben aufgeben!“

Der Korbjäger

Dass selbst in der besten Basketball­liga der Welt auch mit 39 Jahren noch Weltklasse­leistungen möglich sind, beweist LeBron James. Der Amerikaner im Dienste der Los Angeles Lakers avancierte vor rund zwei Wochen zum ersten Spieler, der mehr als 40.000 Punkte in der NBA sammeln konnte. „Ziemlich cool“, sagte der vierfache Meister, der in seinen mittlerwei­le 21 Profijahre­n besonders durch Konstanz besticht. Seit mehr als 1200 Partien hat er immer mindestens zehn Punkte erzielt, selbst Michael Jordan schaffte das nur 866 Spiele in Serie.

Der Publikumsl­iebling

Wer das Dress von 13 Vereinen übergestre­ift hat und von den Fans all dieser Teams geliebt wird, hat etwas richtig gemacht. Jaromír Jágr gilt als Legende des Eishockeys­ports – und steht mit 52 Jahren immer noch auf dem Eis. Seit 2018 spielt der Tscheche für seinen Heimatvere­in Kladno, bei dem er 1988 seine Profikarri­ere begonnen hat und dessen Eigentümer er inzwischen ist. Jágr war 1990 in die NHL zu den Pittsburgh Penguins gewechselt und gewann 1991 und 1992 den Stanley Cup. Mit 1921 Punkten ist er der zweiterfol­greichste Scorer der besten Eishockeyl­iga der Welt. Im Nationalte­am wurde er Olympiasie­ger (1998) und Weltmeiste­r (2005, 2010).

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[Picturedes­k/Jfk] 51 Jahre und kein bisschen müde: Noriaki Kasai ist auch in hohem Alter noch ein Herr der Lüfte.

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