Meuterei unter Autoren
Erstmals getroffen haben sich die Männer bei einem Picknick. Sie kannten jeweils das Werk des anderen, die Sympathie war gleich da. Nie ganz geklärt wurde aber die Art ihrer Freundschaft – einst wurde sie als höchst platonische verstanden, die auf künstlerischer Übereinstimmung beruhte. Doch dass die Ehefrau des einen einige Seiten aus dessen Tagebuch gerissen hat, lässt die Spekulationen bis heute nicht verstummen.
Ein Urahn des älteren Mannes hatte eine Rolle in einer bedenklichen Unternehmung gespielt, das er in seinem Werk behandelte. Auch sein Vater hatte Anteil an einem besonderen Ereignis: Er befand sich auf dem Schiff, das den ersten Elefanten in die USA brachte. Weil der Sohn schon früh schriftstellerisches Talent zeigte, wurde er in eine Privatschule und auf die Uni geschickt, doch musste er danach beim Zoll und bei der Post arbeiten, um ein Auskommen zu finden. Nach seinem Durchbruch war er erst der dritte Mann im Land, der vom Schreiben leben konnte. Kurz machte er einen Selbstversuch in einer Kommune, die nicht lange Bestand hatte, und war Teil eines literarischen Zirkels. Zu Letzterem gehörte auch eine Frau, die aber nie in der Kommune lebte; ihr Hauptwerk verwies auf eins ihrer größten Anliegen.
Der jüngere Mann musste die Schule mit zwölf Jahren verlassen; er versuchte sich in einer Bank, als Hofgehilfe und Verkäufer. Weder als Lehrer noch als Matrosenjunge hatte er Glück, trotzdem heuerte er später wieder auf einem Schiff an – und desertierte gleich wegen der „unzumutbaren Bedingungen“auf der Insel, wo sie angelegt hatten. Er wurde von Einheimischen gefangen genommen, konnte aber fliehen. Auf dem nächsten Schiff wurde er wegen Meuterei angeklagt, verhaftet, entkam jedoch erneut. Er ließ sich häuslich nieder, fand aber nicht zur Ruhe: Noch öfter bestieg er Schiffe, um ferne Länder zu besuchen – und arbeitete beim Zollamt, da er mit seinen Büchern nicht genug verdiente.
Die Freundschaft der Männer war über die Jahre abgekühlt, nur noch ein Mal trafen sie einander in England. Dennoch hat der jüngere dem älteren eines seiner Bücher gewidmet. Wer traf wen? Die Kommune? Der Zirkel? Die Frau, ihr Hauptwerk?