Nachhaltiges Bauen sauber planen
Taxonomie. Um Kreislaufwirtschaft beim Bauen umzusetzen, müssen ausführende Baufirmen möglichst frühzeitig eingebunden werden. Solch grüne Allianzen lassen sich vertraglich forcieren.
Angesichts der infolge des Klimawandels entstandenen EU-Regularien ist Kreislaufwirtschaft beim Bau längst nicht mehr nur das Ziel von Klimaschützern. Eine solche Nachhaltigkeit ist vor allem auch ein wirtschaftliches Thema für den Immobiliensektor. „Kreislaufwirtschaft gehört zu den sechs Umweltzielen der Taxonomie-Verordnung. Wird es erreicht, ohne die anderen erheblich zu beeinträchtigen, ist der Bau taxonomiekonform“, erläutert Birgit Kraml, Partnerin in der Anwaltskanzlei Wolf Theiss und Österreich-Vorstand des Urban Land Institute, eines weltweiten Immobiliennetzwerks, das sich für Nachhaltigkeit einsetzt.
Und Taxonomie-Konformität lohnt sich, denn sie bringe Bauherrn und Eigentümern von Immobilien entscheidende Vorteile, weiß Marc Guido Höhne, Geschäftsführer beim Baudienstleister Delta. „Das beginnt bei besseren Konditionen für Kredite und geht bis zu einem höheren Wert der Immobilie.“Schon heute werde kaum ein institutioneller Investor ein nicht nachhaltiges Gebäude kaufen, sagt Höhne und schlussfolgert: „Unternehmen, die in der Immobilienwirtschaft tätig sind oder große Immobilienportfolios ihr Eigen nennen, müssen sich deshalb mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen, da es massive Auswirkung auf ihre Berichterstattung hat, die künftig wesentliche Grundlage für die Bewertung des Unternehmens ist.“
Rechtliche Anpassungen
Kreislaufwirtschaft beim Bau hat das Ziel, die eingesetzten Ressourcen nachhaltig zu nützen. Das Erreichen dieser Vorgaben ist aber nicht allein eine technische Frage, sondern erfordert in rechtlichen und organisatorischen Bereichen einen Paradigmenwechsel. Eine grundlegende Richtlinie für taxonomiekonformes Bauen stellen die Delegierten Verordnungen der EU dar. „Die Zertifizierungen passen sich heute an diese Verordnungen an“, berichtet Kraml, „und vor allem ziehen sie die Banken zur Bewertung heran.“Architekten und Planer, die mit dem Bau eines taxonomiekonformen Gebäudes beauftragt werden, sind verpflichtet, sich an diese Kriterien zu halten und sie vom Design bis zu den Materialien umzusetzen, meint die Anwältin. Für die Planer bestehe auch Warnpflicht, das heißt, sie müssen darauf aufmerksam machen, wenn vom Bauherrn gewünschte Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllt werden können.
Penible Dokumentation
„Gerade beim Thema Nachhaltigkeit kann die nicht regelkonforme Ausführung und damit die Gewährleistungspflicht jedoch mitunter eine schwierige Frage sein“, warnt Kraml. „Wichtig ist, dass das Projekt in allen Phasen und auch nach der Übernahme ins Facility-Management mitbegleitet wird“, betont Kraml. Der Bauherr müsse sicherstellen, dass er sämtliche Rechte an allen Dokumentationen habe. Eine Herausforderung werde es außerdem sein, rechtlich festzulegen, dass die Nachhaltigkeitskriterien während des gesamten Betriebs der Immobilie erfüllt werden.
Auch organisatorisch verlangt eine optimale Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele Veränderungen: „Man sollte in einer sehr frühen Phase die bauausführende Firma miteinbeziehen“, meint Eva Bacher, leitende Beraterin bei Delta. Ein wichtiges Thema für einen Bau, der den Kriterien der Kreislaufwirtschaft gerecht wird, sei neben recycelbaren Materialien eine flexible Konstruktion, um die Immobilie später veränderten Nutzerbedürfnissen anzupassen. „Hier gibt die Architektur die Möglichkeiten im flexiblen Design der Konstruktion vor; es gibt Baufirmen, die Erfahrung in diesem Bereich haben. Sie wissen, was baulich umgesetzt werden kann.“Es sei sinnvoll, diese Erfahrung in einer möglichst frühen Planungsphase zu nützen, betont Bacher. „Für eine erfolgreiche Umsetzung bedarf es der Zusammenarbeit aller Beteiligten.“
„Dass der Planer das ausführende Unternehmen mitdiskutieren lässt, ist zwar die beste und wirtschaftlichste Lösung, erfordert aber einen Paradigmenwechsel“, argumentiert Höhne. Derzeit werde das Projekt meist geplant und dann ausgeschrieben. Erst danach werden die bauausführenden Firmen involviert. Modelle, es anders zu machen, gibt es.
Verträge für Allianzen
Delta hat mit Anwälten von Heid & Partner beispielsweise sogenannte Allianzverträge für „Early Contractor Involvement“entwickelt. „Auf deren Basis ist selbst im öffentlichen Vergaberecht eine frühe Einbindung der ausführenden Unternehmen möglich“, sagt Höhne. Hierzulande sind solche Projektallianzen, bei denen alle Beteiligten von der ersten Phase an zusammenarbeiten noch unüblich.
Sinnvoll beim Umsetzen der Nachhaltigkeitsstrategie sei auch die Nutzung von Building Information Modeling (BIM) – ebenfalls noch nicht Alltag. Im Idealfall werde die digitale Erfassung von der Planung über die Ausschreibung und Ausführung bis zum Betrieb kontinuierlich weitergeschrieben, sagt Bacher: „Wenn das Gebäude an das Ende seines Lebenszyklus kommt, weiß ich genau vom Neubau über alle Umbauten, wo welche Materialien stecken, und kann diese im besten Fall zur Wiederverwendung anbieten.“