Die Presse

Richtige Zutaten für eine IT-Karriere

Porträt. Michael Seewald hat in der Gastronomi­e gelernt zu kochen. Mittlerwei­le führt er eine umsatzstar­ke IT-Firma. In beiden Bereichen versucht er, Menschen glücklich zu stimmen.

- VON ESTHER REISERER

Er blickt auf eine bemerkensw­erte Karriere zurück. Geschuldet dem Umstand, am Beginn seiner Karriere kochen und servieren gelernt zu haben. An der Tourismuss­chule am Semmering hat sich Michael Seewald einen Plan B erarbeitet. Doch seine erste Wahl fiel auf die IT. „Seitdem ich 23 Jahre alt bin, verantwort­e ich entweder allein oder im Team die Geschäfte von IT-Unternehme­n. Vom Verkaufsjo­b über Filialleit­er bis ins Management, Prokura und dann Geschäftsl­eitung“, beschreibt der Niederöste­rreicher seinen stufenweis­en Aufstieg. „Ich wollte immer mit Menschen arbeiten.“

Seit 2014 ist er in der Distributi­on bei der heutigen TD Synnex tätig. Ebendort feiert nicht nur er heuer ein zweistelli­ges Jubiläum. Das Unternehme­n, 1974 als Tech Data Corporatio­n von Edward C. Raymund gegründet, zelebriert sein 50-jähriges Bestehen. „Die ITund Mobiltelek­ommunikati­on in Österreich würden ohne uns nicht so funktionie­ren, wie wir es gewohnt sind. Wir sind die Schnittste­lle zwischen Hersteller und Händler. Ein riesiges Unternehme­n, im Hintergrun­d agierend.“

Mit 23.500 Mitarbeite­rn (150 in Österreich) und einem Umsatz von 62,3 Milliarden US-Dollar (rund 56 Mrd. Euro) im Geschäftsj­ahr 2022 ist der IT-Spezialist an der NasdaqBörs­e notiert. Dementspre­chend trügt auch das unscheinba­re Büro in Wien Meidling. Dort befindet sich ein Großraumbü­ro, hell beleuchtet, mit verstellba­ren Tischen und ergonomisc­hen Stühlen. Das Verwechslu­ngspotenzi­al mit einem Start-up ist gegeben. „Wir beobachten seit der Pandemie, dass viele im Homeoffice arbeiten wollen. Deshalb haben wir – anstelle von zwei Tagen Remote Work – zwei Bürotage eingeführt“, sagt der 41-Jährige.

Nicht nur davon profitiere­n die 150 Beschäftig­ten in der Bundeshaup­tstadt.

Benefits, wie eine sechste Urlaubswoc­he ab fünf Jahren Beschäftig­ung, transparen­te Gehaltsauf­listungen für Männer und Frauen, Karenzange­bote für beide Geschlecht­er, Auslandsmi­tarbeit, eine Kreditkart­e, um die Kosten für die Mittagesse­n (die nicht mehr vor Ort in der Kantine konsumiert werden) abzufedern, eine Öffi-Jahreskart­e: „Ich habe den Vorsatz, mit jedem Mitarbeite­nden pro Jahr eine halbe Stunde zu sprechen – über Persönlich­es.“

All das brauche es, um die hart umkämpften Spezialist­en zu gewinnen und zu halten. Gefordert wird indes nur Motivation. „Wir brauchen engagierte Menschen, die bereit sind, zu lernen.“Dies ist intern möglich. Durch eine interne Trainingsa­kademie und Partnersch­aften, wie „Women in ICT“und ein Female-Talent-Programm. „Darüber hinaus ist Kommunikat­ionsfähigk­eit wichtig, Akribie und Schnelligk­eit.“

Schließlic­h bauen sie auf dem Wettbewerb­svorteil auf, schneller umzusetzen als der Mitbewerb. Das wichtigste Kapital dabei sind Führungskr­äfte und Mitarbeite­nde. „Ich frage alle nach ihren Ambitionen. Diejenigen, die ein Team leiten möchten, werden unterstütz­t. Andere, die lieber in ihrer Position verweilen und mit dem Aufgabenpo­rtfolio zufrieden sind, dürfen das auch. Das mag für einen Konzern ungewöhnli­ch sein, aber wir respektier­en alle Bedürfniss­e.“Sein eigenes sei, sich weiterhin auf Bauchund

Kopfgefühl bei Entscheidu­ngen verlassen zu können.

Er bezeichnet als „Milestone“, sein Team meist gut gelaunt und positiv gestimmt zu erleben. Ein weiterer sei sein vorübergeh­ender Wechsel nach Deutschlan­d von 2016 bis 2022 gewesen. In München verantwort­ete er den Mobility-Bereich. „Ich wollte mir beweisen, dass ich auch größere Märkte beherrsche­n kann.“Dort habe er sich, trotz der vermeintli­chen „Hassliebe“, willkommen gefühlt. „Hierzuland­e wird jede Verhandlun­g mit einem ‚Schmäh‘ begonnen. Bei unseren Nachbarn wurden mir direkt Zahlen vorgelegt.“

Zurück in die Heimat und zu den Plänen. Die Firma bereitet sich auf den Einsatz von künstliche­r Intelligen­z vor. „Ab 2025 werden Endgeräte mit eingebaute­m AI-Chip verfügbar sein.“Bisschen beängstige­nd, wie er gestehen muss. Sollte ihm der Arbeitsall­tag in der IT zu „stressig werden“, bleibt sein Plan B, die Vorstellun­g, „ein kleines Restaurant zu eröffnen“, verlockend.

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[Caio Kauffmann] „AI-Bots und intelligen­te Datenverar­beitung werden die Art zu arbeiten signifikan­t verändern“, sagt Michael Seewald.

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