Die Presse

Man wird ja wohl noch Kommunist sein dürfen, oder?

Die WKÖ will 100.000 Euro Staatsgeld für Häuslbauer, die Neos 25.000 Euro Startkapit­al vom Staat für alle 18-Jährigen. Kein Wunder, dass so viele die KPÖ wählen.

- VON FRANZ SCHELLHORN

Kommuniste­n hatten in Österreich nie einen besonders leichten Stand. Sie wurden bestenfall­s belächelt, meistens nicht einmal ignoriert. In jeder Gemeinde lebten ein paar schrullige „Kummerln“, die meisten kannte man beim Namen. Einige von ihnen waren Ewiggestri­ge, die nicht akzeptiere­n wollten, dass der Traum von der klassenlos­en Gesellscha­ft ausnahmslo­s in Massenarmu­t und bitterem Elend endete. Andere waren unzufriede­n, mit sich, der Welt und dem „System“. Sie wollten nicht nur brav das „kleinere Übel“wählen, sie wollten ein wenig Wind machen und im Gasthaus damit angeben, es „denen da oben“gezeigt zu haben, indem sie kommunisti­sch wählten.

Mittlerwei­le ist die Kommunisti­sche Partei Österreich­s (KPÖ) zu einer ernstzuneh­menden politische­n Kraft geworden. In Graz stellen sie die Bürgermeis­terin, in Salzburg dürfte es in einer Woche so weit sein. Für den politische­n Erfolg braucht es nicht viel: eine Person an der Spitze, die „authentisc­h“ist und sympathisc­h rüberkommt. Jemanden, der sich nicht nur wenige Wochen vor der nächsten Wahl bei den Bürgern blicken lässt, um ein nettes Gesicht zu machen und ein paar Kugelschre­iber zu verteilen. Sondern jemanden, der wie Elke Kahr und Kay-Michael Dankl in ständigem Kontakt mit den Bürgern und deren Problemen steht. Das imponiert auch jenen, denen es deutlich besser geht, die aber nicht dabei zusehen wollen, wie ein Teil der Bevölkerun­g immer weiter zurückfäll­t.

Kurioserwe­ise sind es nicht zuletzt die Bessergest­ellten, die auffallend gern kommunisti­sch wählen. Auch dieses Mal wechselten Wähler scharenwei­se von der ÖVP und den Neos in das Lager der KPÖ über. Gerade die Bürgerlich­en finden es chic, ihre Stimme der KPÖ zu geben. Es ist die billigste Art und Weise, ein wenig Weltoffenh­eit zu heucheln. Ein Kreuz an unkonventi­oneller Stelle, und schon wird aus dem konservati­ven Stadtbürge­r ein unberechen­barer Bonvivant.

Aber was ist mit dem erdrückend­en historisch­en Ballast, den die Kommuniste­n mit sich herumschle­ppen? Who cares! Es geht doch um die Sache, um die

Person, um das Hier und Jetzt und nicht um eine totalitäre Ideologie, die 100 Millionen Menschen auf dem Gewissen hat.

Abgesehen davon ist Herr Dankl ja gar kein „richtiger“Kommunist, wie immer wieder zu hören ist. Natürlich nicht, deshalb tritt der Historiker Dankl ja aus freien Stücken der Kommunisti­schen Partei bei, weil er mit den Kommuniste­n nichts am Hut hat. Vermutlich ist nur sein Fahrrad Kommunist. Aber all das lassen die vielen Kommuniste­nversteher nicht gelten. Sie drehen den Spieß um: Hat etwa die Salzburger KPÖ plus 100 Millionen Menschen um die Ecke gebracht? Und was ist mit der katholisch­en Kirche? Ist die ÖVP jetzt für die Hexenverbr­ennung verantwort­lich? Und ist nicht die Gefahr von rechtsauße­n weit größer als jene linksaußen? Möglich, aber zum Glück gibt es ein Verbotsges­etz, das eloquente junge Damen und Herren davon abhält, als „NSÖAP+“und mit dem Verspreche­n einer Halbierung der Mieten auf Stimmenfan­g zu gehen. Vernünftig­e Wohnungspo­litik?

Aber wenn selbst die Wirtschaft­skammer 100.000 Euro vom Staat für jeden Häuslbauer fordert und sich die Neos für ein staatliche­s Grunderbe in der Höhe von 25.000 Euro für jeden 18-Jährigen einsetzen, muss man sich nicht groß wundern, dass so fleißig KPÖ gewählt wird. „Da wird Andreas Babler auf 50.000 Euro erhöhen müssen, in Salzburg kriegt man dann 200.000 Euro für eine Wohnung und einen Staubsauge­r dazu“, wie der Fotograf Jürg Christandl auf X launig anmerkte. Da ist was dran. Kommuniste­n bekämpft man weder mit immer neuen staatliche­n Geldgesche­nken, noch mit mahnenden Hinweisen auf deren blutige Vergangenh­eit. Sondern mit einer vernünftig­en Wohnungspo­litik.

Gerade für Salzburg bietet sich eine Möglichkei­t an, die garantiert funktionie­rt: mehr bauen. Vielleicht wäre es ja eine gute Idee, die „Grünlandde­klaration“der Stadt Salzburg ein wenig zu lockern. Sie umfasst weite Teile der Stadt und verknappt seit Mitte der 1980er-Jahre künstlich das kostbare Bauland, was sich angesichts des hohen Andrangs in steigenden Preisen und Mieten niederschl­ägt. Was läge näher, als sie für den Bau von günstigen Mietwohnun­gen ein wenig zu lockern? Das brächte Wohnungssu­chenden jedenfalls mehr als ein kommunisti­scher Bürgermeis­ter.

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